0076 - Oase der Verfluchten
fragte das Mädchen.
Zamorra wollte nicht lange erklären, was ein Parapsychologe war. Er nickte.
»Ich bin ein Anhänger der Weißen Magie und bekämpfe die Schwarze«, erklärte er. »Erzählen Sie uns alles von Anfang an.«
Das Mädchen berichtete. Es war Amal, die Tochter des ermordeten Scheichs Suleiman. Sie erzählte und ließ nichts aus. Nachdem sie Anwari mit der Vase niedergeschlagen hatte, war Amal in die Wüste geflüchtet. Sie hatte versucht, die Oase der Ben Nafud, von deren Lage sie nur sehr ungenaue Vorstellungen hatte, zu Fuß zu erreichen.
Ein Unternehmen, zu dem die nackte Verzweiflung sie getrieben hatte. Die Erfolgschancen waren gleich Null. Amal hatte vor Durst und Hitze die Orientierung verloren und war umhergeirrt, im Kreis gelaufen und wieder auf ihre eigenen Spuren gestoßen. Sie hatte die Nacht überstanden und sich am Morgen noch einmal aufgerafft.
Ein paar Kilometer hatte sie noch zurücklegen können, dann versagten ihre Kräfte endgültig. Zamorra und seine beiden Begleiter waren im letzten Moment gekommen.
Bill schob die Ghutra zur Seite und kratzte sich am Kopf.
»Ich weiß nicht, was in Sakaka vorgeht, aber eine ganz große Schweinerei ist auf jeden Fall im Gang. Da wird es Zeit, daß wir gehörig dazwischenfunken. Nicole und Amal bleiben in der Nähe der Stadt zurück, und wir beide sehen dort mal nach dem Rechten.«
»Genau das wollte ich auch vorschlagen, Bill«, sagte Zamorra. »Glaubst du jetzt immer noch, daß die reitenden Mumien verkleidete Beduinen sind?«
»Ich glaube, das werde ich rasch feststellen, wenn ich einen von den Mumienburschen vor mir habe.« Bill klopfte auf die Pistolentasche. »Wenn es eine Maskerade ist, wird mein Freund vom Kaliber 45 den Kerlen die Lust daran vergehen lassen.«
»Ich lasse euch nicht allein nach Sakaka gehen«, sagte Nicole. »Selbstverständlich werde ich mit von der Partie sein.«
Zamorra und Bill Fleming überzeugten Nicole, daß jemand bei Amal bleiben mußte. Sie war noch zu schwach, um alleingelassen zu werden. Zamorra nahm Amal vor sich in den Sattel, und sie ritten weiter in Richtung Sakaka.
Noch am gleichen Nachmittag wollten Zamorra und Bill die Stadt aufsuchen, die von schrecklichen Wesen aus dem Jenseits terrorisiert wurde.
***
Nicole und Amal waren in einem Palmenhain zurückgeblieben, einen Kilometer vor der Stadt. In und bei Sakaka gab es Brunnen und Wasserlöcher, sonst hätten nicht soviele Menschen auf einem Fleck existieren können. Ein kunstvolles Bewässerungssystem war angelegt worden.
Auf Feldern bei der Stadt wuchsen Getreide, Gemüse, Melonen, Pfirsiche, Apfelsinen und vieles andere. Zamorra und Bill Fleming staunten darüber, was hier alles gedieh und in welcher Pracht, wenn Wasser da war.
Es war mitten am Nachmittag. Zamorra und Bill hatten sich überlegt, daß sie am besten offen in die Stadt einritten. Wenn sie ihre Gesichter zur Hälfte verhüllten, mochten sie als Beduinen durchgehen, als Männer des Stammes der Ben Nafud.
Zamorra hatte von Amal gehört, daß Anwari eine Ausgangssperre ab Einbruch der Dunkelheit verhängt hatte. Der Professor rechnete damit, daß die Ausgangssperre auch jetzt noch bestand, ob Anwari nun lebte oder wirklich tot war, wie Amal fest glaubte. Zamorra hatte da seine eigenen Ansichten.
Anwari stand mit übernatürlichen Mächten zumindest im Bund. Und solche Männer, sofern sie überhaupt noch Menschen waren, konnten so leicht nicht getötet werden. Jedenfalls nicht durch einen Schlag mit einer Bodenvase.
Bei Nacht wären Zamorra und Bill Fleming eher aufgefallen als bei Tag. Sie ritten gemächlich auf die Stadt Sakaka zu, in ihre Burnusse gekleidet, die Gesichter zur Hälfte vermummt. Amal hatte eine Menge Dinge erzählt.
Bill Fleming war vielleicht anderer Ansicht und versuchte wieder einmal, mit Gewalt alles rational zu erklären. Zamorra aber wußte, daß ein skrupelloser und böser Mensch mit Hilfe von bösen Geistern und übernatürlichen Kräften die Macht an sich gerissen hatte.
Anwari al Dschabir und der Schwarze Fakir waren nicht ein und diesselbe Person. Also vermutete Zamorra, daß Anwari mit dem Schwarzen Fakir einen Pakt geschlossen hatte. Der Schwarze Fakir hatte versucht, Zamorra und seine beiden Begleiter daran zu hindern, Sakaka zu erreichen und dort seinem Verbündeten ins Handwerk zu pfuschen.
Weshalb der Schwarze Fakir später nichts mehr unternommen hatte, um Zamorra, Bill und Nicole aufzuhalten, wußte der Professor noch nicht. Daß der
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