0078 - Der Todeszug
Nacht brannte im Gutshaus das Licht. Es hieß, daß Aldo Frascati sich mit Schwarzer Magie beschäftigte, nur um der Eisenbahn zu schaden.«
»Und dann?« fragte ich gespannt.
»Er beging Selbstmord. In einem Anfall geistiger Verwirrung, wurde gesagt. Aldo Frascati warf sich im Jahre 1920 in einer stürmischen Oktobernacht vor einen Zug. Er war sofort tot.«
Wir schwiegen. Konnte es sein, daß Aldo Frascatis übermäßiger Haß fortwirkte? Daß er einen Pakt mit Asmodis geschlossen hatte und jenen Teil der staatlichen italienischen Eisenbahn vernichten wollte, der in diesem Gebiet durch die Abruzzen führte?
Empfand Aldo Frascatis Seele Reue, warnte uns deshalb sein Geist?
Die alte Dame sprach flüsternd. Auch der Carabiniere redete leise.
»Da ist noch etwas«, sagte er. »Aldo Frascatis Körper wurde schrecklich verstümmelt, als der Zug ihn erfaßte. Die Räder trennten auch seine rechte Hand ab. Sie wurde niemals gefunden.«
***
Aldo Frascatis einziger noch lebender Sohn hatte den kläglichen Rest des Familienbesitzes verkauft und war nach Turin gegangen. Man hatte nie wieder von ihm gehört. Aldo Frascati, seine Frau und sein in den Bergen verunglückter Sohn lagen bei ihren Vorfahren in der Familiengruft der Frascatis auf dem Friedhof von Celano begraben.
Wir wußten genug. Wir bedankten uns bei der alten Dame und wollten uns höflich verabschieden.
»Sie glauben doch nicht, daß Aldo Frascatis Geist diesen Höllenspuk verursacht?« ließ sie uns fragen. »Das ist gewiß nicht so. Ich kannte ihn, und ich habe von meiner Mutter viel über ihn gehört. Aldo Frascati war ein Starrkopf und zum Schluß sehr verbittert, aber im Grunde genommen kein böser Mensch.«
Wir gingen, und im Streifenwagen fragte Suko: »Was unternehmen wir jetzt?«
»Aldo Frascati ist fast 59 Jahre tot«, erwiderte ich. »Es gibt keinen Grund, weshalb er gerade jetzt mit einem Höllenspuk anfangen sollte. Da muß ein anderes auslösendes Moment sein. Asmodis hat nach 59 Jahren eine Möglichkeit gefunden, die Höllenhand auf die Erde auszustrecken. Diese Höllenhand ist ohne Zweifel die damals abgefahrene Hand des Aldo Frascati, die spurlos verschwand. Asmodis hat sie auf teuflische Weise verwandelt und bedient sich ihrer.«
Auf der Polizeistation sprachen wir mit dem Leutnant. Er hatte sich inzwischen erkundigt und wußte sofort über das alte Frascati-Gutshaus Bescheid.
»Es wurde im letzten Jahr von einer Comtessa aus Rom erworben«, sagte er. »Sie bewohnt es aber nicht. Der große alte Kasten steht zur Zeit leer, und niemand weiß, was die Comtessa damit will.«
»War die Comtessa denn einmal hier in Celano?« fragte ich. »Sie wird doch sicher ihren Besitz besichtigt haben?«
»Den Kauf hat ein Makler getätigt. Den Leuten, die dort wohnten, war das Haus zu groß und zu alt. Die Comtessa übernahm es und legte besonders auf das alte Inventar Wert. Sie war, als der Kaufabschluß stattfand, ein paar Tage da und wohnte später noch kurze Zeit in dem Haus. In sehr unkomfortablen Verhältnissen. Seither ist sie nie mehr hergekommen.«
Weil keine Veranlassung mehr dazu bestand. Ein paar alte Möbelstücke, Bilder und Papiere hatte die Comtessa mitgenommen oder abtransportieren lassen, wie der Leutnant erwähnte.
»Wie heißt diese Comtessa?« ließ ich fragen.
»Ich habe es in Erfahrung gebracht«, antwortete der Leutnant. »Ihr Name ist Comtessa Lucrezia di Morro. Ihre genaue Adresse kenne ich allerdings noch nicht.«
»Die wird sich herausfinden lassen.«
In einem Nebenzimmer, in dem wir allein waren, besprach ich mich mit Suko. Wir würden uns das alte Frascati-Gutshaus und auch die Familiengruft ansehen, um keine mögliche Spur außer Acht zu lassen.
Viel versprach ich mir nicht davon.
»Der Geist, der uns zweimal warnte, ist der Geist des Aldo Frascati, Suko«, sagte ich. »Wenn wir mit ihm Verbindung aufnehmen könnten, würde uns das enorm weiterhelfen. Die nächste Station ist bei der Comtessa di Morro in Rom. Es würde uns aber sehr nutzen, wenn wir bis dahin schon die Informationen des Frascati-Geistes hätten.«
»Die einzigen Wege, die ich kenne, um mit Verstorbenen Verbindung aufzunehmen, sind die Totenbeschwörung und die Seance«, antwortete mein hünenhafter chinesischer Freund.
»Du sagst es. Eine Seance ist die Lösung. Wir brauchen nur jemanden, der so eine Geisterbeschwörung durchführen kann. Ein Medium oder einen erfahrenen Spiritisten.«
Ich wußte zwar einiges über Weiße und Schwarze Magie
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