0082 - Die Falle im Todesschloß
Berge, deren Gipfel mit ewigem Schnee bedeckt waren, in die Höhe. Es gab grasbedeckte Almen und dichte Wälder. Es war eine nahe, ideale Urlaubsgegend.
Die Bewohner waren durchwegs Bauern, die sich ihr kärgliches Brot mit der Viehzucht verdienten. Vorwiegend wurden Rinder gezüchtet, die sich auf den Almen durchaus wohlfühlten.
Das Charakteristischte, das sich dem Besucher dieses Tales bot, war wohl ein langgezogener, dicht bewaldeter Hügel, der sich hinter der Ortschaft erstreckte und merklich von den schroffen Bergformen abhob.
Gekrönt wurde jener Hügel von den Überresten einer alten Burg, die hoch über Tousanne thronte und sicher einmal ein Besitz gewesen war, auf den jeder Ritter stolz gewesen sein mußte.
Der Mann, der am späten Vormittag die gepflasterte, holprige Straße, die durch den Ort führte, beschritt, blieb weitgehend unbeobachtet.
Er war von hünenhafter Gestalt. Ein schlohweißer, langer Bart bedeckte seine untere Gesichtshälfte. Er hatte einen Spaten über die Schulter gelegt und schlug, nachdem er Tousanne durchquert hatte, den Weg zur Ruine ein. Dieser bestand aus einem langen Anmarschpfad quer durch ein Feld, um sich dann in Serpentinen den Hügel hochzuschlängeln.
Keiner der Bewohner ahnte, wer der Mann in den schäbigen Lumpen war. Nur wenige Menschen sahen ihn, die sich aber überhaupt nichts dabei dachten, oder ihn für einen Landarbeiter hielten.
Niemand erkannte in ihm Louis Creux wieder, der einst für sein Heimatdorf das Leben riskiert hatte, und dem jeder aus Tousanne zu tiefem Dank verpflichtet war.
Doch nun kehrte Creux nicht als Mensch zurück, sondern als grausame Bestie, die in der nächsten Nacht einen entsetzlichen Bestandteil ihres Fluches zu erfüllen hatte.
Denn in der Nacht würde er zu seiner vollen Stärke und Macht gelangen!
Denn es war Vollmond!
***
Professor Zamorra machte Nicole Duval Vorwürfe.
»Du hättest mich früher wecken müssen! Du weißt doch, daß wir heute etwas Wichtiges vorhaben!« schimpfte er, nachdem er einen Blick auf die Wanduhr geworfen hatte.
Es ging auf zehn Uhr Vormittag und er hatte noch nicht einmal geduscht.
»Du hast den Schlaf dringend gebraucht, ich konnte dich nicht einfach wachrütteln! Du solltest dich überhaupt vielmehr schonen!« versuchte ihn Nicole zu beruhigen, die es doch nur gut mit ihm gemeint hatte.
»Trotzdem…«
»Ich habe schon alles für die Fahrt vorbereitet! Dein Frühstück steht im Wohnraum auf dem Tisch!« unterbrach ihn das hübsche Mädchen, dem Zamorra nicht länger böse sein konnte.
Nachdem er sich geduscht und gegessen hatte, legte er die Schulterhalfter an, und steckte die Magnum hinein. Zusätzlich nahm er für alle Fälle noch eine Schachtel Silbergeschosse mit, sowie Ersatzbatterien für seine Stablampe, die sich immer im Wagen befand.
Kurz vor elf fuhren sie los.
Das Wetter hatte sich etwas gebessert. Es hatte aufgeklart, was auf Kosten der Temperatur vor sich gegangen war.
Manchmal blinzelte sogar die Sonne durch die dichten Wolken, brachte die ersehnte Helle, die in diesen späten Herbsttagen so spärlich geworden war.
Der lange Schlaf hatte Zamorra gutgetan. Seine Kopfschmerzen hatten sich merklich gebessert, nur der dumpfe Druck auf dem gesamten Schädel war geblieben.
Nicole Duval hatte inzwischen die Landkarte aus dem Handschuhfach gefischt und aufgeschlagen.
Sie erklärte ihrem Chef kurz und prägnant, welche Route er zu nehmen hatte, während der Parapsychologe den Citroën durch die engen Kurven der Bergstraße, die zu Château de Montagne hochführten, manövrierte.
Nicole hatte ein Band mit Roger Whittaker-Songs in den Kassettenrecorder gelegt und lauschte der Stimme des Sängers.
Zamorras Gedanken waren ganz woanders. Sein Gehirn versuchte noch immer, das Geheimnis, das Louis Creux umgab, zu lösen.
Er hoffte durch den Besuch von Tousanne dem Rätsel auf die Schliche zu kommen.
Nicole Duval versuchte ihn durch belanglose Gespräche aus dem Grübeln zu reißen, mit dem Erfolg, daß auch sie wieder auf Creux und die Ereignisse der letzten beiden Tage zu sprechen kam.
»Nicole, sieh doch mal auf dem Kalender nach!« bat der Professor das Mädchen.
Der Kalender lag im Handschuhfach.
»Was soll denn heute Bestimmtes sein?« fragte sie. »Ich kann nichts Außergewöhnliches finden. Heute ist der 23. November!«
»Demnach müßte Vollmond sein«, erwiderte Zamorra.
»Tatsächlich! Vollmond!« flüsterte das Mädchen.
Zamorra nickte nur. Und diese Kopfbewegung
Weitere Kostenlose Bücher