0082 - Die Falle im Todesschloß
Pranke auf die Schulter. »Es ist alles schon so lange her und es aufzurühren wäre nicht gut. Die Zeit hat alles mit Staub überdeckt und die Wunden geheilt. Es gibt genügend andere übersinnliche Dinge, mit denen Sie sich beschäftigen können. Sie sollten ihre Hand aus dem Spiel lassen. Ich meine es nur gut mit Ihnen. Louis Creux ist sicher schon lange tot…«
An dieser Stelle unterbrach ihn Zamorra schneidend.
»Ja, er ist tot und dennoch lebt und mordet er! Als Werwolf!«
Der Bürgermeister konnte es nicht verhindern, daß seine Kinnlade nach unten klappte und er die Augen weit aufriß.
»Werwolf?« echote er monoton.
»Ja, ganz richtig. Er hat in Gestalt eines Wolfmenschen bereits zwei Menschen getötet und einige andere, darunter mich, schwer verletzt!«
»Ihr Kopfverband…« stammelte Dexon.
»Genau! Platzwunden und eine Gehirnerschütterung!«
»Sie haben mit Creux, ich meine, mit dem Werwolf, gekämpft?« formulierte der Bürgermeister mühsam seine Frage.
»Ja!«
»Creux ein Werwolf? Das kann ich nicht glauben! Natürlich würde es das Verschwinden einiger Personen erklären, aber ich verstehe nicht, warum ihm Tousanne dann zum Dank verpflichtet gewesen wäre!« sagte der Bauer nach einigen Minuten, bis sich seine Gedanken wieder einigermaßen gesammelt haben.
»Sie müssen Ihre Großmutter zum Reden bringen, um Himmels willen!« forderte ihn der Dämonenkiller eindringlich auf.
»Ich werde es versuchen!«
***
Die alte Frau schwieg wie ein Grab. Kein Wort über Creux kam über ihre Lippen. Ihr Gehabe Zamorra und Nicole gegenüber war abweisend und furchtsam gleichzeitig.
»Sie haben nichts zu befürchten, Madame! Nicht das geringste! Sie würden uns sehr viel helfen! Creux hat einst etwas für Sie und Tousanne getan, bitte tun Sie jetzt etwas für ihn! Wir müssen ihn erlösen, bevor er noch einige weitere Menschen umbringt!« versuchte nun die hübsche Französin ihr Glück.
Sie dachte, daß die alte Dame zu ihr mehr Vertrauen als zu Zamorra haben würde, doch sie irrte.
Unverrichteter Dinge horchte sich Zamorra noch in dem einzigen Gasthof des Ortes um, nachdem es ihm auch nicht gelungen war, dem greisen Schmied das Geheimnis zu entlocken.
»Tousanne ist bald ein totes Dorf!« hatte er zu Zamorra gesagt. »Die meisten Einwohner sind alt und sterben weg. Die Jungen gehen in die Stadt, nach St. Etienne, um dort ihr Glück zu machen. Wir haben zeitlebens geschwiegen, obwohl es nicht immer leicht war, jetzt werden wir auch nicht reden!«
Professor Zamorra erfuhr schließlich vom Wirt, der ebenfalls das Geschehen zu jener Zeit noch nicht erlebt haben konnte, daß das Schloß von einem Adeligen, einem Grafen, bewohnt gewesen sei, der bei dem Brand ums Leben gekommen war.
»Komm, Nicole, wir sehen uns auf der Ruine um. Die Fragerei ist bei diesen Dickschädeln reine Zeitverschwendung!«
***
Louis Creux verharrte witternd. Mißtrauisch blickte er sich um.
Ruhig und verlassen lag die Ruine vor ihm.
Bizarr ragten die rauchgeschwärzten Mauern gegen den Himmel. Aus der Nähe konnte man genau feststellen, daß aus dem einst so prächtigen Schloß nicht durch Verwitterung und Verfall eine Ruine geworden war.
Gewaltige Explosionen und das dadurch ausbrechende Feuer hatten es zerstört.
Louis Creux dachte für einige Minuten an die Vergangenheit zurück, die nun schon fast ein ganzes Menschenleben hinter ihm lag.
Ein Schauder durchlief den hünenhaften Körper.
Hastig trat er durch den Torbogen.
Geröll, Schutt, abgebröckelte Mauerstücke lagen überall herum, dazwischen wucherte wildes, hohes Gras, Gebüsche und Nadelbäume, die sich mit ihren handförmigen, klauenartigen Wurzeln zwischen dem Gestein festklammerten.
Der Alte machte einen Rundgang durch das gesamte Schloß, um sich zu überzeugen, daß sich außer ihm niemand hier befand, der ihn beobachten könnte.
Schließlich begann er im Schloßhof an einer bestimmten Stelle, die durch einen quaderförmigen, umgesunkenen Stein gekennzeichnet war, zu graben.
Jetzt und hier würde sich ein Hauptbestandteil des fürchterlichen Fluches, der ihn vor so langer Zeit getroffen hatte, erfüllen.
Kraftvoll stieß er den Spaten in die Erde, trat mit dem Fußabsatz auf die obere Kante.
Spielend leicht drang die Schaufel in das weiche Erdreich ein.
Louis Creux begann, wie besessen zu graben.
Er schien gar nicht zu bemerken, wie sich dicke Schwielen und Blasen auf seinen derben Händen zu bilden begannen.
Nur einmal hielt er kurz inne,
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