0083 - Der Spinnen-Dämon
fürchteten, sich durch ›Enten‹ lächerlich zu machen. Außerdem hatte es kaum Zeugen der Flutwelle oder der anderen Erscheinungen gegeben, und die Polizei beschränkte sich auf die knappe Mitteilung, man sollte unbedingt Fahrten durch das Moor vermeiden. Über die Gründe schwieg man sich aus.
Viele Jugendliche wußten daher nichts von den schrecklichen Ereignissen, aber sogar die Informierten verzichteten nicht auf die abendliche Fahrt ins MANHATTAN. David Achtrom und Herb Rost gehörten zu diesen Unbelehrbaren. Sie wohnten in Inverness und nahmen sogar einen großen Umweg in Kauf, da die Straße über den Damm gesperrt war. Als sie um zehn Uhr abends das MANHATTAN betraten, herrschte bereits Hochbetrieb. Sie gingen erst einmal an die Bar, um sich Getränke zu holen und die Lage zu sondieren.
»Da drüben, die Blonde, die mit dem langen Kerl tanzt!« rief der dreiundzwanzigjährige David seinem drei Jahre älteren Freund Herb ins Ohr. »Die wäre genau meine Kragenweite!«
»Kannst es ja versuchen«, erwiderte Herb grinsend. »Der Kerl tanzt erbärmlich! Die ist bestimmt froh, wenn sie die Holzlatte los wird!«
David warf noch einen Blick in die Runde, stieß sich ab und steuerte die Blonde an. Es war nicht ungewöhnlich, wenn in der Disco einer für sich allein tanzte, und genau das tat David. Dabei schob er sich immer näher an das Mädchen heran und versuchte, ihren Partner abzudrängen. Doch der spielte nicht mit. Er tippte David grinsend auf die Schulter.
»Mach ‘ne Fliege, Freund!«
David blieb stehen und richtete sich zu voller Größe auf. Trotzdem reichte er dem anderen nur bis zum Kinn.
»Hör mal!« brüllte er, um die Musik zu übertönen, »ich…!«
Irritiert drehte er sich um, weil ihm auch das blonde Mädchen lachend auf die Schulter tippte. »Gib dir keine Mühe!« rief sie »Wir sind verheiratet!«
David Achtrom brauchte ein paar Sekunden, bis er das verarbeitet hatte. Er merkte, daß er sich blamiert hatte, und stürmte wütend aus der Disco. Herb, der nicht wußte, was vorgefallen war, folgte ihm, konnte ihn jedoch nicht einholen.
David rannte zu seinem Wagen, mit dem sie gekommen waren. Er riß die Seitentür auf und wollte einsteigen als es passierte.
Herb Rost erreichte in diesem Moment das Freie. Er blieb wie angewurzelt stehen, als das Grauenhafte passierte.
Der Parkplatz war schlecht beleuchtet, das meiste Licht kam von der mannshohen Reklame über dem Eingang. Daher sah Herb Rost die Gestalt in Davids Auto nur schemenhaft. Eben als David einsteigen wollte, richtete sie der Unbekannte auf. Seine Arme schnellten aus dem Wagen heraus und umschlangen den jungen Mann. Mit einem gewaltigen Ruck zog er David an sich.
»He, was soll das?« schrie Herb und rannte los.
Er hatte noch nicht die halbe Strecke zurückgelegt, als sich der Unbekannte aus dem Auto schob. Er drehte sich zu Herb um und entblößte seine Zähne in einem wölfischen Grinsen.
Herb Rost prallte zurück, als wäre er gegen eine unsichtbare Mauer gelaufen. Er schrie entsetzt auf wegen der brennenden Augen, die tief in den Höhlen lagen, wegen der pergamentartigen Haut und vor allem wegen des haßerfüllten Ausdrucks der Fratze, die ihm entgegenstarrte.
Herb schrie auch noch, als jemand an ihm vorbei auf den Fremden zulief, der David in seinem festen Griff hielt. Der junge Mann konnte sich kaum wehren.
Sergeant Bill Steedman war von seinem Vorgesetzten in die Disco geschickt worden, weil er in diesem Lokal weniger auffiel als der Inspektor. Steedman hatte die Schreie auf dem Parkplatz gehört und griff ein. Doch jetzt sah er das Gesicht des Fremden aus der Nähe. Erschrocken zögerte er. Das war kein Mensch! Der Sergeant dachte an die Warnungen des Oberinspektors aus London.
Der Moordämon!
Trotzdem mußte er dem jungen Mann helfen. Er zog die Waffe, die ihm der Inspektor für diesen Einsatz erlaubt hatte, und trat auf den hageren Mann zu, der ein heiseres Fauchen ausstieß und die gekrümmte Hand hob.
»Lassen Sie sofort diesen Mann…«, begann Steedman.
Der Hagere schlug zu. Seine Hand traf den Sergeanten an der Schulter und schleuderte ihn ein paar Schritte weit durch die Luft. Er fiel schwer auf den Asphalt, rollte sich ab und kam wieder hoch.
Der Unheimliche griff an. Er zerrte den erschlafften David hinter sich her. Die Beine des jungen Mannes schleiften durch den Schneematsch. Seine Lider waren halb geschlossen, seine Augen verdreht. Eine Ohnmacht hatte ihn vorläufig von den Schrecken
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