0085 - Tigerfrauen greifen an!
Augen hinter den Brillengläsern auf. »Also doch, sie wieder«, sagte er mit knurriger Stimme.
Ich lächelte. »War ja nicht anders zu erwarten.«
»Eine Spur haben Sie nicht?«
»Nein. Wir müssen jedoch davon ausgehen, daß nicht nur ein Mädchen verwandelt worden ist, sondern deren zehn. Wir haben es also mit zehn dämonischen Tieren zu tun, die London unsicher machen, und müssen damit rechnen, daß sie jederzeit und an jedem x-beliebigen Ort zuschlagen können.«
»Womit die Gefahr für die Bevölkerung wächst«, murmelte Powell und nahm einen Schluck von seinem Magenwasser. »Sie wissen auch nicht, John, wo die Tigerinnen auftreten können? Haben Sie eine Verdacht?«
»Nur eine Spur. Sie führt ins Chinesenviertel.«
»Da wird Ihnen Suko ja helfen können.«
»Bestimmt.«
Ich schlug die Beine übereinander und schaute auf das Fenster, hinter dessen Scheibe sich ein trüber Morgen breitmachte. Es war einer jener Tage, an denen es überhaupt nicht hell wurde. »Dämonen sind wir normale Verbrecher«, murmelte ich. »Sie schlagen nur in den seltensten Fällen unkontrolliert zu. Das heißt, auch sie haben ein Motiv. Ich glaube nicht, daß die Tigerinnen kurzerhand durch London rennen werden, um Angst und Panik zu verbreiten. Wir müssen davon ausgehen, daß sie konzentriert an einem Punkt zuschlagen. Und diesen Ort zu lokalisieren, wird schwer genug sein.«
»Den Zeitpunkt wissen wir ebenfalls nicht«, sagte Superintendent Powell.
»Leider nicht.«
»Es wird ein Wettlauf, John. Versuchen Sie alles und halten Sie mich auf dem laufenden. Sie werden jede Unterstützung von mir erhalten.«
»Das weiß ich, Sir.« Ich erhob mich, nickte meinem Chef noch einmal zu und verließ sein Büro, um in mein eigenes zu gehen.
Dort schaute mich Glenda Perkins, meine gutgewachsene Sekretärin, aus großen Augen erstaunt an. »Ich dachte, Sie wären noch gar nicht da und im Bett geblieben, John. Bei diesem Wetter sogar verständlich.«
Ich lächelte. »Das ist nicht drin. Schließlich muß ich ja etwas für die Beamtenehre tun.«
»Auch wieder wahr.«
Natürlich zog schon der Kaffeeduft durch den Raum. Glenda kochte wirklich einen phantastischen Kaffee. An diesem Morgen trug sie etwas Neues.
Einen weißen, weit geschnittenen, flauschigen Pullover und einen jetzt modernen Schottenrock, an dem eine übergroße Sicherheitsnadel golden glänzte.
Ich hätte noch gern ein paar persönliche Worte mit ihr gewechselt, doch dazu fehlte mir einfach die Zeit. Der Fall hatte Vorrang. In meinem Büro verschanzte ich mich hinter dem Schreibtisch und griff zum Telefon.
Mein Anruf galt der Stadtverwaltung. Von einer freundlichen Telefonistin ließ ich mich mit dem Grundbuchamt verbinden. Dort meldete sich mit brummiger Stimme ein nicht gerade begeistert bei der Arbeit sitzender Beamte, dessen Laune noch mehr sank, als ich ihm meinen Wunsch vortrug und zur Eile drängte.
»Rufen Sie morgen noch mal an!«
Da platzte mir die Hutschnur. Ich versprach ihm, mit einem Polizeiaufgebot anzurücken, damit wir uns die Informationen selbst heraussuchten, wenn er weiterhin auf stur schaltete.
Plötzlich wurde er freundlicher, bestand jedoch darauf, zurückzurufen.
Dagegen konnte ich nichts sagen, weil es nun einmal den Vorschriften entsprach.
Eine halbe Minute später klingelte bei mir das Telefon. Glenda stellte mir gerade mit einem freundlichen Lächeln den Kaffee auf den Schreibtisch.
Der Mann vom Amt war dran. Noch freundlicher als zuvor. »Wenn Sie so lange warten möchten, Sir?«
»Natürlich.«
Ich zündete mir meine Morgenzigarette an, lehnte mich zurück, legte die Beine auf den Schreibtisch, klemmte den Telefonhörer zwischen Schulter und Wange, nahm hin und wieder einen Schluck Kaffee oder rauchte ein paar Züge.
Die Tasse war leer, und die Zigarette hatte ich ausgedrückt, als ich meine Information erhielt.
Zuerst hörte ich ein Räuspern, dann das Rascheln von Papier. Danach ein Stöhnen. »Nur gut, daß wir einen Computer haben«, sagte der Mann. »Das Haus gehört einem gewissen Ernesto Tse.«
»Seltsamer Name«, murmelte ich. »Welchen Beruf übt er denn aus?«
»Kaufmann und Agent, steht hier«, bekam ich zur Antwort.
Ich mußte lachen. »Das sind Begriffe wie Kaugummi. So sehr kann man sie dehnen. Egal, auf jeden Fall danke ich Ihnen für die Auskunft.«
»Gern geschehen, Sir.«
Ich nahm die Beine wieder vom Schreibtisch und legte auf.
Glenda stand kopfschüttelnd auf der Türschwelle.
»Was ist?« fragte
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