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0088 - Der Guru aus dem Totenreich

0088 - Der Guru aus dem Totenreich

Titel: 0088 - Der Guru aus dem Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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war ein gläubiger Hindu.
    »Ich bin alt und gebrechlich«, antwortete Sadhu Shandri mit seiner hohlen, kratzenden Greisenstimme, die dem Angestellten der Fluglinie ein Frösteln über den Rücken jagte. »Die Götter sind mit mir.«
    Der Hindu verbeugte sich und stellte die beiden Tickets aus, während Rayanagu unbeholfen ein Paket Scheine auf den abgewetzten Tresen legte. Der Delhi Airport war zwar erst gut zehn Jahre alt, aber keineswegs gut erhalten. Seit seiner Errichtung hatte niemand es mehr für nötig gehalten, beispielsweise die Wände frisch zu streichen.
    Sadhu Shandris Blicke schweiften über die ungewohnte Umgebung. Doch er hatte keine Angst. Rudrasvin hatte ihm gelobt, er würde seine Hand schützend über sie halten, bis sie das »Grab des Himmels« erreichten.
    Bei den Menschen von Chhinwara war das Grabmal auch bekannt. Freilich unter einem anderen Namen.
    Sie nannten es das Satansgrab…
    Die Maschine nach Nagbur, der nächstgrößeren Stadt, startete kurz nach acht. Mekal Riklah war im Krankenhaus verstorben, und Zamorra war unterwegs zu einem unbekannten Brahmanen.
    ***
    Raleb Singh führte sie durch ein Gewirr von Gassen. Zamorra hatte einen vorzüglichen Orientierungssinn. Hier versagte er. Er hätte sich schon am Stand der Sonne orientieren müssen, wenn er aus diesem Labyrinth jemals alleine hätte herausfinden wollen. Der Sikh hingegen schien sich gut auszukennen. Einige andere Turbanträger grüßten ihn. Es waren Händler.
    »Wir sind gleich da«, sagte der Taxifahrer. »Würden Sie hier auf mich warten? Wen soll ich melden?«
    »Professor Zamorra«, antwortete der Dämonenjäger knapp. Sein Name, der sonst in aller Welt die Ohren gebildeter Kreise aufhorchen ließ, hier war er nicht viel wert.
    Dachte Professor Zamorra.
    Raleb Singh kam nach etwas mehr als fünf Minuten wieder. Sein Blick war voller Respekt.
    »Würden Sie mir bitte folgen, Professor Zamorra? Ihre Begleiterin darf übrigens mitkommen.«
    Zamorra wunderte sich. Er deutete den Blick des Sikhs richtig.
    »Ja, ja«, sagte der Inder. »Meister Brahmavadru schien Ihr Name bereits geläufig zu sein. Selbstverständlich brauchen Sie für die Fahrt nichts zu bezahlen.«
    Das war nun der Gipfel an Wertschätzung, den Raleb Singh einem Fremden gegenüber überhaupt aufbringen konnte. Dazu war es durchaus nicht selbstverständlich, daß er als stolzer Sikh einem Hindu-Mönch offensichtlich so viel Achtung entgegenbrachte, daß sogar dessen willkommene Gäste für ihn so an Bedeutung gewannen.
    Dieser Brahmavadru mußte ein ganz besonderer Mann sein. Professor Zamorras Spannung stieg. Seine üble Laune war schlagartig verflogen. Nie hatte er damit gerechnet, hier überhaupt bekannt zu sein. Die Änderung seiner Stimmungslage hatte absolut nichts mit Eitelkeit zu tun. Doch seine Neugierde war ins Unermeßliche gestiegen.
    Haleb Singh führte sie durch eine dunkle Höhlung in einer Wand, deren Verputz schon vor Urzeiten abgeblättert war.
    »Vorsicht, Stufe!« rief er noch zurück. Zamorra konnte die stolpernde Nicole gerade noch vor einem Sturz bewahren. Die Steinstufen waren ausgetreten wie der Eingang zur Hagia Sophia in Istanbul. Nach drei tastenden Schritten befanden sie sich in einem modrig-feuchten Gang, der leicht aufwärts stieg. Manchmal waren die Steinplatten zu ihren Füßen herausgebrochen, und sie traten auf bloßes Erdreich.
    Doch schon Sekunden später wurde es wieder heller im Flur. Das Licht kam von oben. Sie mußten einem Kind ausweiehen, das sich hart an die Wand drückte, als wolle es mit ihnen nicht in Berührung kommen. Aus einer offenen Tür griff eine schmale Frauenhand, die das Kind an sich zog.
    Raleb Singh kletterte eine Leiter hoch. Sie führte in ein azurblaues Quadrat über ihnen. Von ihm war auch das Licht in den engen Gang gefallen.
    »Schaffst du’s, Nicole?« fragte Professor Zamorra. Ihr enger Rock war nicht für das Erklimmen von Hühnerleitern geschneidert.
    »Natürlich«, sagte sie und zog den Saum hoch bis zu den duftigen Dessous. Zamorra wurde nur für Sekundenbruchteile auf andere Gedanken gebracht. Dann hatte die Gegenwart ihn wieder. Er hatte die offene Luke im Dach erreicht.
    Die Szene war grotesk.
    Der Bau, in den ihr Taxifahrer sie gebracht hatte, war eine Ruine. Der hochaufragenden Brandmauer nach mußte das Gebäude einst dreistöckig gewesen sein. Jetzt hörte es schon nach dem ersten Geschoß auf. Unrat lag herum, und es wuchs Gras. Zamorra machte sogar noch einen Strauch aus.
    Doch

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