0088 - Die weißen Teufel von New York
New York rollen. Ich vermied die großen Straßen mit den Nachtlokalen, Revuetheatern und Amüsierbuden, wo jetzt Hochbetrieb herrschen mußte, und benutzte mehr die stillen Straßen, wo ich weniger um meinen Jaguar bangen mußte.
Der Bursche war keineswegs ein schlechter Fahrer, aber ich fühlte mich trotzdem nicht wohl. Auf meinen Jaguar bin ich eifersüchtig wie andere auf Frauen. Endlich hatten wir das Distriktsgebäude erreicht.
»Zur Einfahrt hinein!« sagte ich. »Linke Parkreihe!«
Er gehorchte und rangierte den Wagen ziemlich geschickt neben die Dienstfahrzeuge. Wir stiegen aus und betraten das Haus durch die Hoftür. Mit einem der Lifts fuhren wir hinauf. Ich schritt sofort auf ein Vernehmungszimmer zu. Er mußte sich vor den Schreibtisch setzen, ich ließ mich dahinter in den Drehstuhl fallen.
Er betrachtete mich mit gerunzelter Stirn.
»Was krieg ich wegen unerlaubten Waffenbesitzes? Vier Wochen?«
Ich steckte mir eine Zigarette an und zuckte die Achseln.
»Der unerlaubte Waffenbesitz interessiert mich überhaupt nicht.«
Ich nahm den Hörer vom Telefon und rief unsere Zentrale an.
»Cotton. Wenn Phil nach mir fragt, ich sitze im Vernehmungsraum vier.«
»Vernehmungsraum vier, okay. Melden Sie sich ab, wenn Sie den Raum verlassen?«
»Ja, sicher.«
Ich legte den Hörer auf und lehnte mich gemütlich in meinem Stuhl zurück. Langsam ließ ich meinen Blick über mein Äußeres gleiten. Eigentlich war es ein Wunder, daß man mich nicht wegen Landstreicherei festgenommen hatte. Im Knie des linken Hosenbeins klaffte ein schönes Dreieck, das Jackett war schmutzverschmiert und hatte einen Riß unterhalb des rechten Ärmels.
Ich sah auf die Uhr. Es ging auf zehn. Wenn ich heute noch unterwegs bleiben wollte, mußte ich erst nach Hause und mich umziehen. Sonst nahm mich tatsächlich noch ein biederer Cop fest.
Der Gangster sah mich immer noch an. Er fühlte sich gar nicht mehr wohl in seiner Haut, denn er wurde zusehends nervöser. Daß mich die Waffengeschichte nicht interessierte, brachte ihn um seine Sicherheit.
»Officer?« fragte er nach einer Weile. Ich blies den Rauch meiner Zigarette aus und brummte:
»Ja?«
»Was liegt denn eigentlich gegen mich vor?«
Er versuchte, mich so treuherzig anzusehen, als könne er kein Wässerlein trüben. Ich machte ein grimmiges Gesicht und knurrte:
»Darüber versuche ich mir gerade klarzuwerden.«
»Aber ich habe doch keinem Menschen etwas getan!« behauptete er entrüstet. Nur klang seine Stimme nicht ganz echt.
Ich lehnte mich vor und erzählte ihm leise, was anlag:
»Beteiligung am Bandenverbrechen. Schwerer Überfall und Mordversuch an einem G-man. Schwerer Überfall in Tateinheit mit Mordversuch an der Frau des ermordeten Rechtsanwaltes Vanderloom. Für diese Beweise ist ein Zeuge vorhanden — nämlich der G-man, den ihr abknallen wolltet, weil er euch hinderte, ins Haus des Anwaltes zu kommen. Und dieser G-man bin zufällig mal ich. So.«
Er ließ seinen Unterkiefer herabsinken, daß seine gelben Zähne sichtbar wurden. Erst nach einer Weile hatte er sich von seinem Schock erholt.
»Verflucht!« brummte er und kratzte sich hinter den Ohren.
Ich nickte. »Tja. Du sitzt ganz schön in der Tinte. Was glaubst du, was dir das Gericht aufbrummt, wenn ich aussage, daß du mich umlegen wolltest? Zwanzig Jahre bis lebenslänglich — ’ne nette Sache, was?«
Er strich sich übers Kinn, wo der bläuliche Schimmer nachwachsenden Barthaares war.
»Ich könnte natürlich auch aussagen, daß ich niemals gesehen habe, daß du auf mich geschossen hast«, sagte ich freundlich. »Dann kämst du wahrscheinlich mit fünf bis acht Jahren wegen der Beteiligung an der ganzen Sache davon.« In seinen Augen glomm ein Hoffnungsschimmer auf.
»Aber ich habe kein Interesse an dieser Aussage«, dämpfte ich sofort.
Dann schwieg ich erst mal eine Weile. Ich wollte ihm Zeit lassen, meine Worte zu verdauen. Je länger er darüber nachdachte, desto ungemütlicher fühlte er sich. Langsam brach ihm der Schweiß aus.
»Das heißt«, murmelte ich, als wenn mir der Gedanke gerade erst gekommen wäre, »vielleicht sage ich doch zu deinen Gunsten aus — natürlich nur gegen Barzahlung deinerseits.«
Er schoß vom Stuhl hoch, wie von einer Tarantel gestochen.
»Officer«, stieß er hastig hervor, »ich habe sechshundert Bucks bei mir und noch neunhundert auf der Kasse! Macht zusammen fünfzehnhundert Dollar!«
»Behalt dein Geld! Es dürfte ohnehin dreckig sein. Meine
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