0089 - Die Werwolf-Insel
richtigen Augenblick los, so daß er auf meinen Kopf zuraste.
Ich sprang hastig zurück und prallte gegen die beiden übereinandergestellten Betten. Die Konstruktion wackelte, so heftig war ich dagegengeknallt.
Der Stuhl aber wischte an mir vorbei und traf dicht neben dem Fenster die Wand. Fast hätte er die Scheibe noch aus der Verankerung gerissen.
Hiller gebärdete sich wie ein Tollwütiger. Er wollte mich erledigen, denn ich hatte ihn enttarnt.
Mit den Fäusten konnte ich mich auf die Dauer nicht verteidigen, doch ich hatte mein Kreuz.
Und das hielt ich Hiller entgegen.
Der Werwolf stoppte. Wütend fauchte er auf und riß seinen Arm hoch.
Aber auch die beiden anderen Soldaten reagierten ähnlich. Sie wichen zurück, und das machte mich stutzig. Also waren auch sie von dem Keim des Bösen bereits infiziert.
Nur Rapp stand noch da.
Er hatte die Maschinenpistole.
Der Sergeant beobachtete seine Kreaturen, wie sie sich in der Nahe der Tür zusammendrängten. Er hob die Mündung der Uzi ein wenig an. »Bleib nur stehen!« brüllte er.
Ich hob die Arme, denn seine Augen sagten mir, daß er schießen würde. Ich ahnte den Willen zu töten, und mir lief eine Gänsehaut über den Körper.
»Wirf das Kreuz weg!« befahl er.
Ich zuckte zusammen. Das silberne Kreuz war meine kostbarste Waffe. Wenn es in die Hand meiner Gegner geriet, war ich verloren.
Deshalb zögerte ich.
»Ich schieße, Sinclair!«
Die letzten drei Worte gaben den Ausschlag. Ich warf das Kreuz weg. Es fiel auf das Bett.
Sergeant Rapp nickte. »Fantastisch, Sinclair!« spottete er und kam langsam näher.
Ich spannte mich.
Einen Schritt vor mir blieb er stehen. Wir schauten uns an. In Rapps Augen war kein Funken Menschlichkeit.
Dann trickste er mich aus.
Ich sah nicht, wie er die Maschinenpistole hochriß. Der Lauf kam von unten nach oben. Er traf genau.
Etwas unheimlich Hartes detonierte an meiner Kinnspitze. Ich sah für einen Augenblick Sterne, die aber sofort wieder verloschen und mich in die Dunkelheit rissen.
Vor meinem Spind brach ich zusammen.
Auf dem Bett aber lag einsam und verlassen mein geweihtes Silberkreuz.
Als wäre es nur ein Stück Blech, so lässig nahm Rapp es an sich und steckte es in die Hosentasche…
***
Bill Conolly stand am Fenster seines Zimmers und schaute hinab in die Kasernenanlage. Längst war es dunkel geworden. Die Neonleuchten gaben ein kaltes, weißes Licht. Ein Punktstrahler leuchtete die Fahne an, doch zwischen den einzelnen Kasernenbauten nistete die Dunkelheit.
Hin und wieder glühte Bill Conollys Zigarette auf. Der Reporter war nervös. Er macht sich Sorgen. Nicht so sehr um seine eigene Person, sondern um mich, John Sinclair.
Das Auftauchen der Wölfe war nicht von ungefähr gekommen. Diese Insel mußte ein Hort der Dämonen sein. Für Bill gab es keine andere Erklärung. Was diesen Hort jedoch so gefährlich machte, war die Verbindung mit dem Militär. In diesem Camp wurden Waffen gelagert, das wußte Bill. Vielleicht sogar Raketen, aber zumindest Geschütze und leichte MGs, die reichten aus. Es wäre nicht der erste Fall gewesen, so sich Dämonen die Unterstützung der Menschen holten, um sie für ihre Zwecke zu mißbrauchen. Eine Mischung aus fehlgeleiteten Soldaten und den Mächten der Finsternis war eine besonders brisante Konstellation. Deshalb Bills Angst vor der Zukunft.
Er fragte sich auch, ob das Eingreifen nicht zu spät gekommen war. Denn die Zeichen standen auf Sturm. Die andere Seite würde zuschlagen. Und das sehr bald.
Bill Conolly trat vom Fenster zurück, nachdem er die Zigarette ausgedrückt hatte. Er setzte sich aufs Bett. Er schaute zu der Kugellampe hoch und dachte darüber nach, ob er in seinem Raum sitzenbleiben oder sich mit Susan Howard oder mit mir in Verbindung setzen sollte. Da gab es jedoch noch eine dritte Möglichkeit, die Bill nicht vergessen hatte.
Commander Stafford hatte ihn gebeten, sich zur Verfügung zu halten. Er wollte noch mit Bill reden. Und dieses Gespräch empfand der Reporter als äußerst wichtig. Es mußte ihm gelingen, den Commander von der Existenz der Werwölfe zu überzeugen. Allein konnte Bill in diesem Camp nicht viel ausrichten, er brauchte starke Rückendeckung, die ihm nur der Commander geben konnte.
Daß Stafford selbst zu den Werwölfen gehörte, daran glaubte der Reporter nicht. Der Commander war nicht der Typ dafür. Er gehörte zu der Sorte der Kommißköpfe, die nur ihren stur eingeschlagenen Weg sahen und denen das Wohl der
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