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0094 - Das Grauen lauert in Soho

0094 - Das Grauen lauert in Soho

Titel: 0094 - Das Grauen lauert in Soho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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umsonst. Er konnte den Wagen, der mit heulenden Pneus auf den Dudan Square losraste, nicht mehr erreichen. Und wie der Satan es haben wollte — die Sackstraße war mit einem Male belebt. Zamorra konnte keinen Schuß mehr riskieren. So eine Parabellum konnte einen furchtbaren Schaden anrichten.
    Dem Dämonenjäger blieb nichts anderes übrig, als hinter dem Flüchtigen herzufluchen. Das verschaffte zumindest seinem Groll Erleichterung, auch wenn es nichts mehr half.
    Die Chance, einen wichtigen Mann, vielleicht sogar den Drahtzieher eines eventuellen Geheimbundes zu entlarven, war vertan.
    Auf dem Rückweg begegnete er Jake Brabham. An Zamorras Gesichtsausdruck las er unschwer ab, daß ihnen Kurulu vorerst entwischt war. Ein Achselzucken war sein, einziger Kommentar.
    Zusammen stiegen sie zum Souterrainladen hinunter. Nicole verzichtete ebenso wie Norna de Brainville auf überflüssige Fragen. Der Unordnung nach, die die beiden Frauen inzwischen gestiftet hatten, waren sie schon dabei, Kurulus seltsame Apotheke auf den Kopf zu stellen.
    »Habt ihr irgendetwas von Bedeutung gefunden?« wollte Zamorra wissen. Die Frauen schüttelten einhellig ihre Mähnen. Auch der Dämonenjäger glaubte nicht mehr, daß sie auf irgend etwas Interessantes stoßen würden. Kurulu hätte sonst kaum so bereitwillig das Feld geräumt.
    Seine Vermutung bestätigte sich. Im Licht der grellen Deckenlampen sah nicht einmal der Laden mehr geheimnisvoll aus. Nichts als wertloser Plunder war in den Regalen und Stellagen gestapelt. Wertvoll waren all diese Pülverchen und Salben, die getrockneten Kröten und die Baskoswurzeln allenfalls für gläubige Chinesen, die sich von diesen Mittelchen die Heilung ihrer Zipperlein versprachen und fest daran glaubten.
    Die Durchsuchung der hinteren Kammer ergab genauso wenig. Nur — Zamorra behielt mit seiner Vermutung recht — die Einrichtung konnte den asiatisch geprägten Geschmack seines Bewohners nicht verleugnen.
    Professor Zamorra wurde erst stutzig, als er in einer Ecke der winzigen Kammer einen Hausaltar entdeckte. Blüten verwelkten vor einer handlangen Statuette. Der Geruch von Räucherstäbchen hing noch in der Luft.
    Der Dämonenjäger nahm die kleine Figur von ihrem Sockel. Es bestand kein Zweifel an ihrer Echtheit.
    Die Statuette war aus Jade geschnitzt und trotz ihres ungeheueren Alters prächtig erhalten. Die Zeiten hatten ihr nichts anhaben können. Jene Zeiten, die die Figur vermutlich vergessen in irgendeiner vergessenen Tempelruine im Dschungel von Kochichina verdämmert hatte, bis eine frevelnde Menschenhand sie ans Licht des Tages holte.
    »Was ist damit, Professor?« fragte Jake Brabham und schaute Zamorra neugierig über die Schulter. »Irgend so ein Götze aus der Heimat von diesem Kerl?«
    »So kann man’s auch sagen«, knurrte Professor Zamorra gereizt und verstaute die Figur in seiner Jackentasche. Er hatte keine Lust für lange Erklärungen und wandte sich zum. Gehen.
    Vielleicht war er doch noch auf eine Spur gestoßen, die ihn zu Kurulu führte. Und damit geradewegs in die Hölle. In die Hände der Diener Satans.
    ***
    Kurulu war zeit seines Lebens ein Abenteurer gewesen. Als gebürtigen Javaner hatte es ihn nicht lange auf der hoffnungslos übervölkerten Insel gehalten. Er war kein reinrassiger Javaner. In seinen Adern kreiste auch malaiisches und indisches Blut. Die indischen Vorfahren, angeblich aus einer berühmten Kriegerfamilie aus der Gruppe der Sikhs, hatten ihm ihren hohen Wuchs und seine Lust am Ungewöhnlichen vererbt. Gepaart mit der Schlitzohrigkeit der Inselbevölkerung hatte er alles mitbekommen, was ein Mann brauchte, um aus seiner gewohnten Umgebung auszubrechen und in einer neuen Umwelt zu bestehen.
    Es hatte ihn nach Vietnam verschlagen, als in Saigon noch Geld zu holen war. Dann überrollten die Vietkongs das Land und Kurulu schaffte den rechtzeitigen Absprung nicht. Er floh in die undurchdringlichen Regenwälder von Laos und Kambodscha. Dort machte er auch jene Entdeckung, die sein weiteres Leben noch mehr und endgültig richtungsweisend verändern sollte.
    Doch jetzt steuerte er den unscheinbaren, etwas schäbigen Austin zur Themse hinunter. In eine Gegend, die in Londons bunten Fremdenverkehrsprospekten konsequent unterschlagen wird, denn es war kein Staat mit ihr zu machen.
    Hier war alles grau in grau. Und selbst an den hellsten und sonnigsten Sommertagen wirkten die Docks mit unbenutzten und halbverfallenen Baracken noch trist und düster.

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