0094 - Schreie im Schreckenshaus
die Hand nicht vor Augen sehen.
Sekundenlang standen sie still, ohne sich überhaupt zu rühren. Jane spürte Lindas Atem an ihrem Ohr. Das Girl hatte sich auf die Zehenspitzen gestellt.
»Was sollen wir jetzt tun?«
»Erst einmal müssen wir Licht haben. Sie kennen sich doch hier unten aus. Wo befindet sich der Schalter?«
»Das weiß ich nicht. Ich durfte nie in den Keller. Die Lady hat es verboten.«
»Hm, das ist schlecht.«
»Meinen Sie… meinen Sie, daß wir es schaffen, Jane?«
»Noch leben wir«, erwiderte die Detektivin.
»Sie sind wohl sehr mutig, wie?«
Jane lachte leise. »Ich habe es gelernt, nie aufzugeben. Das ist es. Du kanntet übrigens das Sie weglassen. Wir sind schließlich Leidensgenossinnen.«
»Danke, Jane.«
»Trotzdem brauchen wir Licht. Da beißt keine Maus den Faden ab. Ich werde einen Schalter suchen.«
»Laß mich mitgehen.«
»Okay.«
Die beiden Frauen setzten sich in Bewegung. Sie gingen nach rechts, streckten die Arme vor und kamen nur im Schneckentempo voran. Dann stießen sie gegen eine Wand.
»Halt«, sagte Jane. Flach legte sie die Handteller gegen das Gestein. Danach führte sie die Hände kreisförmig in die Runde, wobei sie die Kreise immer größer zog.
Nichts. Nur das rauhe Gestein, aber kein Lichtschalter.
Linda verlor schon die Hoffnung. »Hier unten wird es wohl keinen geben«, vermutete sie.
»Dann bleibt uns noch die Möglichkeit, die Treppe wieder hinaufzugehen, denn oben an der Tür finden wir sicherlich einen Schalter. Wenn wir wieder Licht haben sieht alles ganz anders aus.«
»Deinen Mut möchte ich haben.«
»Alles halb so schlimm.« Jane stieß Linda leicht an. »Geh mal etwas zur Seite, ich möchte die linke Hälfte der Wand absuchen.«
Linda trat zurück.
Wieder fuhren die Hände der Detektivin über das rauhe Gestein. Sie ertastete Fugen, Spalten und kleinere Risse, aber keinen Schalter. Zusätzlich machte ihnen die Kälte zu schaffen. Der Keller war nicht beheizt, und der Frost drang durch alle Löcher. Sie froren entsetzlich und hatten sogar Schwierigkeiten, die Finger zu bewegen.
Jane Collins ging immer weiter nach links. Dort ertasteten ihre Finger eine Mauerkante.
»Hier ist die Mauer zu Ende«, teilte sie ihre Entdeckung Linda flüsternd mit.
»Und?«
»Warte ab.« Jane fühlte weiter. Um die Kante griff sie herum, machte die Finger lang und spürte plötzlich unter den Kuppen eine rauhe Holzkante.
»Hier ist eine Tür«, sagte sie.
Die Detektivin forschte weiter. Sie ertastete weitere Latten und wußte nun Bescheid.
»Wahrscheinlich sind wir in einem Gang, von dem mehrere Türen abzweigen«, erklärte sie. »Wir…«
Plötzlich stockte Jane.
Jemand hatte ihre Hand berührt.
Aber es waren nicht die Finger des Mädchens, sondern es war die eiskalte Klaue eines Monsters…
***
Wir liefen rasch durch den Vorgarten.
Ich war tief in Gedanken versunken, denn die letzten Ereignisse gingen mir nicht aus dem Kopf. Zudem machte ich mir große Sorgen um Jane Collins. Vielleicht achtete ich deshalb nicht so sehr auf die Umgebung, wurde aber aufmerksam, als Suko mich anstieß.
Ich blieb stehen. »Was ist denn?«
»Schau mal auf die Straße.«
Ich sah meinen Bentley. Und knapp dahinter parkte ein dunkelblauer Rover.
Drei Männer saßen darin.
»Kennst du die?« fragte Suko leise.
»Verdammt, das sind doch…«
»Genau. Die Typen aus dem Holzlager.«
Innerhalb weniger Augenblicke wurde die Lage kritisch. Was sollten wir tun? Hinlaufen und die Gangster zu verhaften versuchen? Es würde eine Schießerei geben, und die mußte ich unbedingt vermeiden. Es hatten schon einmal Unschuldige sterben müssen.
»Haben sie uns schon gesehen?«
Suko hob die Schultern. »Keine Ahnung. Ich nehme es aber an.«
Ich entschied mich sofort. Wir wollten es nicht auf eine Auseinandersetzung ankommen lassen. Das heißt, wir allein griffen die Typen nicht an. Um sie zu fassen, brauchten wir Verstärkung.
»Los, in den Bentley«, sagte ich zu Suko.
»Und dann?«
»Alarmiere ich die Kollegen. Sie müssen die Killer fangen.«
Suko hatte seine Zweifel. »Hoffentlich geht das gut.«
»Hast du einen besseren Vorschlag?« Meine Stimme klang gereizt.
»Reg dich nicht auf, John.«
»Sorry.«
Wir verließen das Grundstück. Auf dem Bentley lag bereits eine dünne Eisschicht. Sie glitzerte an einer Seite, als fahle Sonnenstrahlen sie traf.
Wir wurden beobachtet. Und es stand außer Zweifel, daß auch die Killer in dem Rover wußten, wen sie da vor
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