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0095 - Am Mittag vor dem großen Coup

0095 - Am Mittag vor dem großen Coup

Titel: 0095 - Am Mittag vor dem großen Coup Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Mittag vor dem großen Coup
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Himmels willen, was will man denn mit der Brieftasche eines G-man? Dienstgeheimnisse dürfen nicht drin sein, viel Geld kann kaum drin sein — und was soll sonst interessant an der Brieftasche sein?« Neville knallte die geballte Faust in die linke Handfläche.
    »Das ist’s ja, woraus Roy nicht klug wird. Wenn es ein junger Beamter gewesen wäre, der im Außendienst steht und jeden zweiten Monat einen oder ein paar Leute vor den Richter bringt mit den notwendigen Beweisen, dann hätte man einen Racheakt annehmen können. Aber bei Billy? Der hat doch seit fünfzehn Jahren keiner Fliege mehr etwas zuleide getan. Geschweige denn einem Gangster!«
    »Wenn Sie was Neues von der Sache hören, Neville«, bat ich, »dann geben Sie uns gleich Bescheid. Und sagen Sie Roy, daß wir beide in unserer Freizeit jederzeit zur Verfügung stehen, wenn Roy etwa noch Leute braucht.«
    »Ich werde dran denken. — Manchmal möchte man am liebsten alles kurz und klein schlagen!« knurrte Neville und ging weiter. Wir fuhren zu unserem Office.
    »Hat Billy eigentlich Kinder?« fragte ich in meinem Office.
    »Ja«, nickte Phil. »Drei. Alle drei schon fast erwachsen. Aber zwei sind noch in der Ausbildung. Der Älteste studiert nämlich, genau wie der zweite. Hoffentlich werden sie jetzt ihr Studium fortsetzen können…«
    Wir setzten uns, zündeten uns Zigaretten an und dachten an Billy Chester, den gefallenen Kameraden.
    ***
    Vor vierzig Jahren war Walter Gordon einmal bare fünfzehntausend Dollar wert gewesen. Das war damals, als er vom FBI und von Interpol in der ganzen Welt gesucht wurde. Er hatte die besten Druckplatten für Zwanzigdollarnoten hergestellt, die je einem Falschmünzer gelungen waren.
    Aber diese Zeiten waren längst vorbei. Man hatte ihn schließlich in einem kleinen Nest in Deutschland aufgetrieben, verhaftet, an die Staaten ausgeliefert und dort verurteilt. Gordon hatte seine Strafe verbüßt und sich hinterher bescheiden als Hilfsarbeiter in einer Druckerei durchgeschlagen. Er hatte noch neun Jahre gearbeitet, fleißig gespart und lebte jetzt ärmlich, aber von ehrlich verdientem Geld in der 144. Straße.
    Den größten Teil seiner Zeit verbrachte der zweiundsechzigjährige Mann mit dem Lesen von alten Kriminalromanen, die er sich billig bei einem Zeitschriftenhändler besorgte.
    An diesem Nachmittag lag Gordon in seiner Bude wie üblich auf der alten Couch und las. Er wußte nicht, daß gerade vorn am Haus zwei Männer vorübergingen.
    »Weitergehen!« zischte der eine. »Der Zeitungsverkäufer dort drüben könnte uns sehen, wenn wir ins Haus gehen.«
    »Okay«, nickte der andere einsilbig. Die beiden mochten an die dreißig Jahre alt sein, der eine vielleicht ein oder zwei Jahre jünger. Sie trugen in den Schultern weitgeschnittene Jacketts, die dem Kundigen gleich verrieten, warum der Schneider in der linken Schulterhöhle hatte soviel Platz lassen müssen.
    Sie gingen vier Blocks weiter, bogen nach rechts in die Querstraße ein, bogen nach einem Block wieder nach rechts ab und standen nach einer Dreiviertelstunde wieder vor dem gleichen Haus.
    Der Zeitungsverkäufer auf der gegenüberliegenden Straßenseite war verschwunden. Auch sonst war im Augenblick kein Passant so nahe, daß er die beiden Männer genauer hätte sehen können.
    »Komm!« zischte der Jüngere und verschwand schnell im Hauseingang.
    Sie stiegen die Treppe hinauf, bis ins sechste Stockwerk. Dort gab es mehrere Mansarden nebeneinander. Die beiden klopften an die vierte Tür auf der rechten Seite.
    »Come in!« rief eine zittrige Stimme. Sie traten ein.
    Walter Gordon hatte sich aufgerichtet und den abgegriffenen Kriminalroman beiseite gelegt. Durch die Gläser seiner randlosen Brille sah er den beiden Männern fragend entgegen.
    »Sie sind Gordon, nicht wahr?« erkundigte sich der Jüngere. »Walter Gordon?«
    Der Alte nickte und erhob sich umständlich.
    »Ja, allerdings. Was verschafft mir denn die Ehre?«
    »Wir kommen von Buck Blackface«, sagte der Jüngere leise. »Erinnern Sie sich?«
    »Blackface? Buck Blackface?« wiederholte der Alte fragend.
    »Ja!«
    Der Alte schüttelte den Kopf.
    »Ich kenne keinen Buck Blackface.«
    »Natürlich kennen Sie ihn! Er saß doch vier Jahre lang mit Ihnen in der gleichen Zelle!«
    »Oh!« murmelte der Alte. Diese Erinnerung schien ihn peinlich zu berühren.
    Der Jüngere war mit einem raschen Schritt wieder bei der Tür und drehte den Schlüssel von innen zweimal um. Er zog ihn ab und steckte ihn

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