0095 - Die Höllenkutsche
Sie sich um, mein Herr. Sehen Sie nicht die beiden Rüstungen?«
Die waren mir tatsächlich bei meinem Eintritt nicht aufgefallen. Vielleicht weil sie an einer schattigen Stelle neben der Tür standen. Nun aber sah ich sie.
Diese Rüstungen hielten keinen Vergleich zu den rostigen Dingern stand, die ich bei meinem Herkommen gesehen hatte. Sie wirkten wie frisch geölt.
Und in ihnen steckte jemand!
Plötzlich glaubte ich auch, Modergeruch wahrzunehmen, den die Rüstungen ausströmten.
Hielten sich vielleicht die Ghouls darin verborgen?
Dem Gestank nach zu urteilen, ja. Nur – darüber brauchte ich mir erst einmal keine Gedanken zu machen, denn die beiden Gebilde kamen auf mich zu.
Und jede lebende Rüstung hielt ein scharf geschliffenes Schwert in der rechten eisernen Faust!
***
Der Unheimliche hörte Sukos Stimme und reagierte nicht. Jedenfalls war ihm nichts anzumerken.
Steif blieb er stehen.
Suko trat noch einen Schritt näher. Die Peitsche hielt er schlagbereit. Er würde es diesem Dämon schon zeigen.
»Dreh dich um!« befahl er.
Der Kutscher gehorchte. Für ihn war Willard vergessen, jetzt zählte nur noch der andere Gegner.
Er und Suko starrten sich an.
Der Chinese war über den Anblick nicht sehr entsetzt, er hatte schon schlimmeres gesehen, dieser Typ machte eigentlich eine eher lächerliche Figur mit seinem steifen Zylinder auf dem knöchernden Schädel.
Suko hätte ihn am liebsten sofort zum Teufel geschickt, doch erst sollte ihm der Kutscher einige brennende Fragen beantworten.
»Wo kommst du her, Freund?«
»Halte mich nicht auf, Chinese, denn ich habe eine wichtige Aufgabe zu erfüllen.«
»Gar nichts hast du«, erwiderte Suko kalt. »Du sollst nur meine Fragen beantworten, das ist alles!«
»Das große, dämonische Spiel ist in Gang gesetzt worden«, sagte der unheimliche Kutscher, »und niemand wird uns aufhalten. Hast du verstanden? Niemand, Chinese. Noch hast du die Chance. Verschwinde, wenn dir dein Leben lieb ist! Kümmere dich nicht um Sachen, die den Horizont des weltlichen sprengen. Du würdest es bitterlich bereuen.«
»Das laß nur meine Sorge sein«, erwiderte Suko kalt. »Ich will wissen, woher du kommst und welche Aufgabe du zu erfüllen hast. Wer hat dich geschickt?«
Der Kutscher dachte nach. Sekunden vergingen, während Ken Willard atemlos das Geschehen verfolgte.
»Nun gut«, sagte der Unheimliche schließlich. »Deine Neugierde soll befriedigt werden. Man nennt mich den Sammler, den Dämonensammler. Ich habe die Aufgabe, all die Wesen einzusammeln, die für sie wichtig sind.«
»Und wer ist sie?«
»Unsere Herrscherin. Die Frau, die bald das Diesseits und das Jenseits regieren wird.«
Er schwieg, doch Suko ahnte, von wem er sprach. Die Gedanken wirbelten in seinem Kopf. Erst das Auftauchen von Grimes, dem Ghoul, dann die Ankunft der Höllenkutsche, die diesen Ghoul wahrscheinlich abholen sollte. Und wegen einer Kutsche waren auch John Sinclair und sein Freund Bill Conolly unterwegs. Sollte es da Parallelen geben?
Ja, Suko glaubte fest daran.
»Ich weiß, wer deine Herrin und Herrscherin ist«, sagte er in die Stille hinein.
»Nun? Wer?«
»Sie heißt Asmodina!«
Der Dämonensammler war überrascht. Damit hatte er nicht gerechnet.
»Stimmt es?« hakte Suko nach.
»Ja, du hast recht. Du weißt sehr viel, Chinese. Zuviel, wie ich festgestellt habe.«
»Nein, leider noch zu wenig, denn ich will von dir erfahren, welches Spiel Asmodina treibt?«
»Das kann und will ich dir nicht sagen!«
»Dann töte ich dich!«
Der Kutscher lachte. »Womit denn?«
»Mit dieser Peitsche, die ich hier in der Hand halte. Es ist die Dämonenpeitsche, die wir Myxin, dem Magier, abgenommen haben. Ihrer vernichtenden Kraft hast du nichts entgegenzusetzen.«
Der Kutscher lachte. »Damit hast du recht, Chinese. Doch es gibt andere, die ihr etwas entgegenzusetzen haben. Zum Beispiel Grimes, der Ghoul.«
»Er ist nicht da!«
»O doch, er ist da! Du brauchst dich nur umzudrehen!«
Suko hatte in diesem Augenblick das Gefühl, eine eiskalte Hand würde über seinen Rücken streifen. Jetzt nahm er auch den widerlichen Geruch wahr, der durch die offene Tür in den kleinen Raum wehte.
Suko drehte sich um.
Allerdings nur soweit, daß er auch den Kutscher noch im Auge behalten konnte.
Der hatte nicht geblufft.
Im Gang stand tatsächlich Grimes, der Ghoul. Doch er war nicht allein. Die vor Angst erstarrte Shao hing in seinen starken Armen, und in der rechten Faust hielt Grimes
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