0097 - Das Höllentor
führte ein Stück durch die Wüste, dann wieder durch das Gebirgsvorland.
»Von hier sind es etwa zwanzig Kilometer zur Oase«, erklärte er. »Wir müssen uns auf die andere Seite des Gebirges schlagen. Vielleicht finden wir einen Weg, der uns in die Nähe von Oase und Tempel bringt. Am günstigsten wäre die Mitte zwischen Oase und Tempel.«
Sie fanden einen Gebirgsweg, der einigermaßen zu befahren war. Nun waren sie im Rücken der Hauptstraßen und Nebenwege. Hier würden sie kaum einem menschlichen Lebewesen begegnen.
Ein kleiner Flecken mit spärlichen Zedern diente als Parkplatz. Der Jeep wurde abgestellt. Zamorra und Nicole Duval gingen zu Fuß weiter.
Nach einer halben Stunde war der Gipfel dieses ersten Bergrückens erreicht. Er war nicht sehr hoch, aber doch mühsam zu besteigen.
Sie sahen beide, daß sich die Mühe gelohnt hatte. Sie wußten, daß eine Portion Glück zu ihrer Entdeckung beigetragen hatte.
Aber im Grunde erkannten sie, wie richtig Zamorra kombiniert hatte.
***
Sie waren so verblüfft, daß sie nichts sagen konnten.
Aber was war es, das ihnen so viel Freude und Genugtuung, ja fast Entzücken bereitete?
Im Grunde nur ein paar Äste. Dicke Äste von Zedern.
Es war die Anlage dieser Äste, die sofort auffiel. Schnurgerade zog sich die Linie dieser Äste hin. So konnten sie niemals gewachsen sein! Nicht so, in Reih und Glied aufgerichtet, mitten auf einem kahlen Bergkamm!
Diese Äste waren künstlich so angebracht! Sie waren in die Erde gesteckt worden, um die entsprechenden Öffnungen im Gestein nicht erkennen zu lassen!
»Luftschächte«, sagte Nicole nur.
Zamorra nickte.
»Unsere Theorie ist bestätigt, Nicole. Was unter diesem Bergkamm verläuft, ist der künstliche Wasserschacht im Berge. Durch die Schächte werden die Arbeiter und Arbeiterinnen mit Sauerstoff versorgt. Einfach, aber genial. Und da sich kaum eine Menschenseele in dieses Gebiet verirrt, kann Ben Jussuf damit rechnen, daß diese Anlage nicht entdeckt wird. Aber überzeugen wir uns von der Richtigkeit. Komm, Nicole.«
Er ging voran, und das Mädchen folgte ihm.
Schon war der erste Ast erreicht.
Zamorra hob ihn an, zog ihn aus dem Gestein. Eine armdicke Röhre führte senkrecht nach unten.
»Das ist der Beweis«, sagte Nicole. »Wir haben den Schacht gefunden.«
»Aber wir wissen nicht, wie wir hineingelangen können«, gab der Professor zu bedenken.
»Vielleicht ist irgendwo ein Einstieg«, meinte Nicole. »Eine Luke mit einem breiteren Schacht, der nach unten führt.«
»Ich glaube es kaum«, gab Zamorra zurück. »Aber wir werden alle Luftschächte untersuchen.«
Die Äste ragten in Abständen von etwa dreißig Metern aus der Felsmasse heraus. Nicole und Zamorra machten sich daran, alle Luftkanäle zu untersuchen. Sie gingen von Ast zu Ast, prüften die Röhren, steckten die entfernten Äste wieder in die schmalen Höhlungen.
Die Öffnungen waren fast alle gleich. Armdicke Röhren, die nach unten führten.
»Da ist kein Durchkommen«, meinte Zamorra, als sie die letzte Röhre gefunden hatten. »Ein Mensch kann sich unmöglich hier durchzwängen. Und nirgends sind Kerben oder Einschnitte zu sehen, die Stufen andeuten. Wir haben nur den Teil unserer Lösung, Nicole. Ich vermute, daß der Zugang zu dem unterirdischen Schacht nur vom Tempel her möglich ist. Und wie ich ihn erreichen soll, ist mir ein Rätsel.«
Sie wollten sich schon auf den Rückweg machen, als Nicole eine seltsame Feststellung machte. Sie beobachtete, wie in hundert Meter Entfernung sich ein Stück des Bergrückens zu lösen schien.
»Runter!« rief sie aufgeregt. »Auf den Bauch, Zamorra!«
Der Professor stand ihr gegenüber, mit dem Rücken zu dem seltsamen Vorgang dort hinten.
Er sah nur, wie das Mädchen sich flach auf den Boden preßte. Er wußte, daß Nicole einen Grund für dieses Verhalten hatte. Also warf er sich sofort neben ihr auf den harten Felsboden.
Sie hatten kaum Deckung. Wenn jetzt jemand in ihre Richtung kommen würde, würde man sie sofort entdecken.
»Was ist geschehen?« fragte Zamorra.
»Dort drüben hat sich der Bergrücken gehoben. Ich vermute, daß dort ein Eingang ist.«
»Kannst du etwas sehen?« fragte er weiter.
Nicole hob vorsichtig den Kopf.
»Der Berg öffnet sich noch mehr«, sagte sie. »Es ist wie ein riesiges Tor, das horizontal in den Berg eingelassen ist. Jetzt hebt es sich immer mehr.«
Gespannt sah Zamorra Nicoles Gesichtsausdruck. Ihre Züge wurden immer erregter. Langsam drehte
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