0098 - Der Joker des Teufels
wenigen Augenblicken ändern.
Zwei Stufen…
Ich merkte, wie ich ruhiger wurde. Der Streß, der auf mich einwirkte, wurde von einer Automatik absorbiert, die schon oft von selbst eingesetzt hatte, wenn eine Situation mich überfordern wollte.
Eine Stufe…
Und dann passierte es!
Fauchen, Zischen, Knurren!
Ich sah einen großen Monsterschädel mit blitzenden Augen. Das Ungeheuer hatte sich uns aus der Dunkelheit entgegenkatapultiert und griff uns augenblicklich an.
***
Audrey stammte aus gutem Haus. Sie war die Tochter eines angesehenen Londoner Rechtsanwalts, dessen Klienten der britischen High Society angehörten.
Das rothaarige Mädchen war äußerst wohlbehütet aufgewachsen. Erzogen worden war sie von einer Lady aus vornehmem Haus. Mutterliebe jedoch hatte es für sie niemals gegeben, denn die Frau, die sie geboren hatte, war schon eine Woche nach ihrer Geburt zu Grabe getragen worden.
Eine Infektion im Kindbett. Man sagt, daß so etwas heutzutage kaum noch vorkommt, doch das Wörtchen »kaum« schließt nicht ganz aus, daß es hin und wieder doch noch passiert.
Audreys Vater verwendete sehr viel Geld für die Erziehung seiner einzigen Tochter, aber das Mädchen dankte es ihm nicht.
Audrey fühlte sich von frühester Jugend an zu allem Bösen hingezogen und einer ihrer Lehrer verstieg sich einmal sogar zu der Behauptung, sie müsse vom Bösen besessen sein.
Audrey erschreckte das nicht. Im Gegenteil. Sie war sogar stolz darauf, daß der Lehrer so etwas über sie gesagt hatte.
In Wanda und Carrie fand Audrey Gesinnungsgenossinnen. Sie suchte mit ihnen Schwarze Messen auf und huldigte dem Teufel.
Sehr bald schon hatte sie den unbändigen Wunsch verspürt, eine Tochter des Bösen zu werden, und Wanda fand eine Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen. Es war Wanda gewesen, die den ersten Kontakt zu Surab Tinatin hergestellt hatte.
Und Wanda hatte alles in die Wege geleitet, um vom Joker des Teufels den Mächten der Finsternis zugeführt zu werden.
Sally hatte niemals richtig zu ihnen gehört. Sie war lediglich eine Mitläuferin gewesen, über die sich Audrey, Carrie und Wanda lustig gemacht hatten.
Sally! dachte Audrey, und ihr hübsches Gesicht verzog sich zu einem boshaften Lächeln.
Sally gab es nicht mehr, und niemand würde jemals herausfinden, wohin das Mädchen gekommen war.
Audrey blieb stehen. Wut wallte in ihr auf. Sie ärgerte sich, weil es ihr nicht gelungen war, Barry Blondells Flucht zu verhindern.
Es war ihm geglückt, den Friedhof, zu verlassen. Er war die Brompton Road entlanggestürmt und hatte sich auf dem Gelände der Großbaustelle versteckt, wo Audrey ihn zwar hartnäckig gesucht, aber nicht entdeckt hatte.
»Mistkerl!« stieß Audrey zornig hervor.
Sie überlegte, welche Folgen Blondells Flucht haben würde. Würde sich der Junge an die Polizei wenden? Oder würde er froh sein, mit dem Leben davongekommen zu sein, und sich zu Hause verkriechen?
Wenn er die Polizei einschaltete, würde es auf dem nächtlichen Friedhof demnächst vor Beamten wimmeln.
Man würde die Gruft belagern, in der Eric Kibbee gefangen gehalten wurde. Konnte mehr geschehen? Eigentlich nicht.
Erstens hatten Audrey, Carrie und Wanda die Polizistenkugeln nicht zu fürchten, weil der Keim des Bösen, der in ihnen aufgegangen war, sie davor schützte.
Und zweitens mußte die Polizei Rücksicht auf die Geisel nehmen.
Audrey faßte den Entschluß, zum Friedhof zurückzukehren. Lieber wäre es ihr selbstverständlich gewesen, Barry Blondell aufzustöbern und fertigzumachen, doch da sie sich diesen Wunsch nicht erfüllen konnte, brach sie die Suche nach dem Jungen haßerfüllt ab.
»Wenn ich den zu fassen gekriegt hätte…«, knurrte das Mädchen aggressiv, und beinahe hätte sich Audrey wieder verwandelt.
Keine Chance hätte sie Barry Blondell gelassen. Der Junge wußte nicht, wieviel unverschämtes Glück er gehabt hatte.
Audrey machte sich auf den Rückweg. Sie rechnete damit, daß Wanda sich inzwischen mit Sinclair und Ballard in Verbindung gesetzt hatte, um den Geisterjägern ihre knallharten Bedingungen zu diktieren.
Audrey grinste gemein.
Der Edelmut von John Sinclair und Tony Ballard würde es nicht zulassen, daß die beiden Dämonenfeinde Eric Kibbee seinem Schicksal überließen.
Sie würden auf Wandas Forderungen eingehen und letztlich doch noch auf Surab Tinatins Altar des Grauens ihr Leben verlieren.
Mit schnellen Schritten eilte Audrey durch das Schneetreiben.
Wenige Minuten später
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