0099 - Gangster, Erben und Verwandte
Ehemann oder dem Vater eines verführten Mädchens krankenhausreif geschlagen wurde«, sagte Masters.
»In solchen Fällen passiert das selten«; meinte Phil. »Die Mädchen und Frauen stammen ja alle aus Kreisen, wo um jeden Preis ein Skandal vermieden werden muß.«
»Ach, ja richtig!« nickte Masters. »Die Moral mit dem doppelten Boden.«
Sie rauchten ihre Zigaretten schweigend zu Ende.
»Na los, machen wir weiter«, sagte Phil nach einer Weile und drückte seine Zigarette in einem schweren Kristallaschenbecher aus. »Ich nehme die Tür dort, Sie die andere. Okay?«
Er deutete auf zwei nebeneinanderliegende Türen.
»Okay«, nickte Masters.
Sie durchquerten das Zimmer und zogen jeder eine Tür auf. Phil wollte über die Schwelle treten, stockte aber und sagte plötzlich mit rauher Stimme: »Falsch gedacht, Masters.«
»Was?« rief der aus dem Schlafzimmer.
»Hier war einem der Skandal egal.« Masters kam neugierig und blickte über Phils Schulter.
Broad lag direkt vor der Badewanne. Sein Hinterkopf war voller Blut. Der Geruch war fürchterlich, denn Broad war bereits seit einigen Tagen tot…
***
Erst als ich bereits unterwegs war, um an den Hudson zu kommen, fiel mir ein, daß mir Robby keine genauen Angaben gemacht hatte, wo man Black nun eigentlich gesehen hatte. Der Küstenstreifen, der am Hudson liegt, ist lang, und Getreidespeicher gibt es dort eine ganze Menge.
Ich stoppte also in einer unbelebten Seitenstraße und klemmte mir den Hörer des Sprechfunkgerätes ans Ohr.
»Hallo, Leitstelle!« sagte ich, nachdem sich meine Kollegen gemeldet hatten.
»Ich brauche eine Verbindung mit der Fahndungsabteilung. Man soll mir Robby an den Apparat geben.«
»Sofort! Wir verbinden.«
Ich wartete geduldig, bis ich ihn an der Spritze hatte. Dann sagte ich: »Robby, was muß man einem G-man zuerst sagen, wenn er einen verhaften soll?«
»Na, den Namen natürlich! Er muß doch wissen, wen er kassieren soll! Aber was sollen diese albernen Fragen eigentlich, Jerry?«
»Einen Augenblick Geduld! Und was muß der besagte G-man als zweites erfahren?«
»Als zweites? Meine Güte! Den Ort natürlich, wo er seinen Mann greifen kann.«
»Eben«, sagte ich. »Das dachte ich auch. Deswegen rufe ich an.«
»Ich verstehe überhaupt nichts.«
»Soll ich Black abholen oder nicht?«
»Natürlich sollst du! Was hat das — hm,, habe ich vergessen, dir zu sagen, wo du ihn finden müßtest?«
»Genau!«
»O wei! Man wird älter! Also paß auf! Am Miller Highway, in der Nähe der Stelle, wo die Fähre nach Jersey, City anlegt, muß es sein.«
»Damit kann man schon eher etwas anfangen. Ich denke, daß ich in zehn Minuten dort sein kann. Hoffentlich ist Black dann noch da.«
»Ja, hoffentlich.«
Er wünschte mir noch einmal Haisund Beinbruch, ich legte den Hörer auf und fuhr weiter.
Um Zeit zu gewinnen, verwendete ich meine Polizeisirene, bis ich der genannten Gegend so nahe gekommen war, daß es ratsam war, den Rest ohne Sirene zu machen. Man brauchte ja Black nicht unbedingt vorher davon zu unterrichten, daß man kam.
Der Speicher mit seiner charakteristischen Form war leicht zu finden, um so mehr, als er ein Koloß war von der Höhe eines sechsgeschossigen Hauses.
Ich parkte den Jaguar zwei Piers weiter, stieg aus und schlug die Tür zu. Vorsichtshalber schloß ich ihn ab.
Zu Fuß machte ich mich auf den Weg.
Es war der übliche Hafenlärm, der hier herrschte. Kräne ratterten, Niethämmer vollführten ihren ungeheuren Lärm, Lastwagen hupten, Feldbahnen pfiffen gellend, und aus aufgehängten Lautsprechern kamen Kommandos für die Schauerleute.
Obgleich ein reger Betrieb herrschte, kümmerte sich doch niemand um mich. Ich schob mir den Hut ein wenig ins Genick, denn mir war warm geworden. Es herrschte jene drückende Schwüle, die einem Gewitter vorauszugehen pflegt Die Luft stand schwül, drückend und unbewegt über New York.
Der Speicher ragte wie ein klobiger Turm in den Himmel. An der linken Seitenwand führte eine schmale Eisentreppe hinan. Alle dreißig Stufen ungefähr kam eine kleine Plattform, von der aus die nächste Treppe weiterführte. Außerdem gab es auf jeder Plattform eine Metalltür, die ins Innere des Speichers führte.
Ich stieg langsam die Treppen hinan. Mehr als einmal verhielt ich, sah hinunter und hinauf, entdeckte aber nirgends eine Spur des gesuchten Gangsters.
Ich hatte ungefähr die Hälfte der Treppen erklommen, als ich auf einer Plattform eine Tür fand, die einen
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