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01 Arthur und die vergessenen Buecher

01 Arthur und die vergessenen Buecher

Titel: 01 Arthur und die vergessenen Buecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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Kloß im Hals. Es stimmte: Ich hatte mich damit abgefunden, wie meine Eltern waren – was sollte ich auch anderes machen. Trotzdem wünschte ich mir oft, sie würden mehr Zeit für mich aufbringen.
    »Andere Jungen würden sich über so viele Freiheiten freuen«, bemerkte Larissa.
    »Wahrscheinlich«, räumte ich ein. »Es ist nicht übel, wenn man nicht über jeden Schritt Rechenschaft ablegen muss. Aber es ist eben auch nicht schlecht, wenn sich deine Eltern etwas mehr für das interessieren, was du in der Schule machst oder was in deinem Kopf vorgeht.«
    Larissa schwieg einen Moment.
    »Das erklärt auch einiges«, sagte sie schließlich.
    »Einiges was?«
    »Deine Wutanfälle und dein Misstrauen meinem Opa und mir gegenüber.«
    »Das verstehe ich nicht.« Ich wusste wirklich nicht, wovon sie sprach.
    »Das ist doch sonnenklar! Du bist auf deine Eltern wütend, weil sie sich nicht wirklich für dich und das, was du machst, interessieren. Du fühlst dich von ihnen allein gelassen. Der Einzige, auf den du dich verlassen kannst, bist du. Das denkst du jedenfalls. Und deshalb traust du anderen nicht über den Weg und wirst immer so schnell wütend.«
    Ich musste ein paarmal schlucken, bevor ich meine Sprache wiederfand. Wie konnte sie sich so ein Urteil über mich erlauben? Sie kannte mich doch gar nicht! Gleichzeitig spürte ich einen Kloß im Hals. Vielleicht hatte sie ja nicht ganz unrecht. Aber im Augenblick wollte ich mich nicht damit auseinandersetzen.
    »Wie waren deine Eltern denn so?«, fragte ich stattdessen.
    »Meine Eltern sind schon seit acht Jahren tot«, sagte sie.
    Das wusste ich natürlich, aber ich hatte nie gewagt, sie danach zu fragen. Und, ehrlich gesagt, hatte es mich bisher auch nicht besonders interessiert.
    »Macht es dir was aus, darüber zu sprechen, woran sie gestorben sind?«, fragte ich vorsichtig.
    » Wie wäre die bessere Frage. Sie waren nicht krank und hatten auch keinen Unfall. Sie sind einfach von einer Reise nicht wieder zurückgekehrt.«
    »Du weißt also nicht, was mit ihnen passiert ist? Oder ob sie vielleicht doch noch leben?«
    Larissas Gesicht nahm einen entschlossenen Ausdruck an. » Sie sind tot «, betonte sie. »Eine Zeit lang habe ich gehofft, sie würden eines Tages wieder vor der Tür stehen. Und jeder Tag brachte eine neue Enttäuschung, weil sie nicht kamen.«
    Ich stellte mir vor, wie das sein musste. Ich hatte zwar mit meinen Eltern nicht viel zu tun, aber ich wusste, sie waren da. Ich konnte sie jederzeit anrufen. Wenn ich etwas brauchte, kümmerten sie sich darum. Das war vielleicht nicht optimal, aber es gab einem doch ein beruhigendes Gefühl.
    »Was hat dein Vater denn gemacht?«, fragte ich.
    »Er war Antiquar, genau wie Opa. Allerdings hatte er kein Geschäft. Üblicherweise erhielt er von einem Interessenten den Auftrag, ein bestimmtes Buch zu beschaffen, meistens sehr teure Exemplare. Manchmal waren es auch bekannte Auktionshäuser, die ihn beauftragten, die Herkunft eines Buches zu ermitteln, das dem Auktionshaus zur Versteigerung angeboten worden war.«
    »Also eine Art Bücherdetektiv?«
    »So etwa.« Sie nickte. »Aus diesem Grund war mein Vater viel unterwegs. Oft dauerten seine Reisen mehrere Wochen. Aber er rief immer einmal am Tag an, um mit mir oder Mama zu sprechen.«
    Sie blickte nach unten und stockte. Die Erinnerungen mussten schmerzlich für sie sein. Sie tat mir leid, weil sie plötzlich so traurig aussah. Ohne nachzudenken beugte ich mich vor und legte meine Hand auf ihre. Ganz leicht nur, und ganz kurz, bevor ich über mich selbst erschrak und die Hand wieder zurückzog.
    Larissa hob den Kopf und lächelte mich an. Dann holte sie tief Luft und fuhr mit ihrer Erzählung fort: »Mein Vater bereiste die ganze Welt und kam dabei oft auch in Gegenden, die man als Tourist nur selten besucht. Er schrieb alle seine Erlebnisse in Tagebüchern auf, und wenn er wieder zurück war, dann las er uns daraus vor und erzählte uns von seinen Eindrücken und den Menschen, die er getroffen hatte. Meine Mutter hat immer davon geträumt, einmal mit ihm zu fahren. Aber wenn mein Vater auch gut bezahlt wurde, so reichte das Geld doch meistens nicht, um meine Mutter mitzunehmen. Doch dann ...«
    Sie hielt wieder inne, erholte sich diesmal aber schneller als vorhin.
    »Dann kam dieser Auftrag. Ich kann mich noch genau daran erinnern. Es war nachmittags. Der Tag war grau und herbstlich, und es hatte seit den frühen Morgenstunden nur geregnet. Ich saß an meinem

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