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01 Columbus war ein Engländer: Geschichte einer Jugend

01 Columbus war ein Engländer: Geschichte einer Jugend

Titel: 01 Columbus war ein Engländer: Geschichte einer Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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stolpert unterdessen als rührseliger Clown der Ewigkeit entgegen.
    Es kommt einen bisweilen hart an, sein eigenes, einzigartiges Heldenleben so gnadenlos an die Wand gespießt zu sehen. Zuweilen kann davon aber auch eine aufbauende, bestätigende und erlösende Wirkung ausgehen. Doch während ich als rührseliger Clown der Ewigkeit entgegenstolpere, mit meinen Problemen von Entfremdung und Gemeinschaft, Aufrichtigkeit und Verstellung sowie Ehrgeiz und Bescheidenheit ringe, finde ich keine Antwort auf die Frage, ob ichnun überhaupt etwas zähle oder ob nichts anderes außer mir zählt. Als Entschuldigung dafür, mich ständig auf andere zu berufen, sei mir ein letztes Zitat von Montaigne gestattet:
    Ich zitiere andere nur, um meine eigenen Gedanken klarer auszudrücken.
    Sollte der Eindruck entstanden sein, ich hätte seit meinem dreizehnten Lebensjahr von früh bis spät in Bibliotheken gesessen und meine Nase in Bücher von Cyril Connolly, Michel de Montaigne (die wohlfeile Ausgabe des Übersetzers mit dem wohlfeilen Namen M. A. Screech gab es damals noch nicht), E. M. Forster, Ronald Firbank und Ihab Hassan gesteckt, so muß ich erklärend hinzufügen, daß ich hier einen längeren Entwicklungsabschnitt zeitlich komprimiert wiedergegeben habe.
    Sämtliche Lektüre, genau wie das Hineinwachsen und Sichidentifizieren mit Büchern und Biografien anderer, fand nach dem großen Ereignis statt – meiner ersten großen Liebe. Davor hatte ich bergeweise Sherlock Holmes und P. G. Wodehouse, Talbot Baines Reed und G. Henty, Alastair Maclean und Agatha Christie, Biggles und Buchan, Hammond Innes und Len Deighton, Dornford Yates und Dorothy Sayers verschlungen. Und das schönste ist, bis heute hat sich daran nichts geändert.

2.
    Ich glaube, Stouts Hill wollte mich so schnell wie möglich loswerden. Ich hatte an der Stipendiatsprüfung für meinen Jahrgang in Uppingham teilgenommen, war aber abgelehnt worden. Immerhin war ich nahe genug an ein Stipendium herangekommen, daß Uppingham mir empfahl, die Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt zu wiederholen. Ich vermute jedoch, Stouts Hill hatte die Nase gestrichen voll. Die Vorstellung, ich könnte ein weiteres halbes Jahr an der Schuleherumhängen, gefiel Cromie ganz und gar nicht, so daß man übereinkam, ich solle so schnell wie möglich nach Uppingham wechseln und dort die Stipendiatsprüfung wiederholen. Als Zwölfjähriger nahm ich also meinen Abschied von Stouts Hill, ohne je Präfekt gewesen zu sein, in irgendeiner Mannschaft mitgespielt zu haben oder mich irgendwelcher Verdienste rühmen zu können, einmal abgesehen vom Rekord an Stockschlägen und einer Handvoll Unterrichtsauszeichnungen.
    Aber was sage ich da? Immerhin hatte ich den dritten Preis (eine eindrucksvolle Urkunde und einen Buchgutschein über zwei Pfund) beim nationalen Kunstwettbewerb der Independent Association of Preparatory Schools für mein Porträt Ein unvergeßliches Gesicht eingeheimst. Ich hatte im Kunstsaal irrtümlich einen Topf mit Lack anstatt Lösungsmittel erwischt und beim Versuch, die Augenpartie meines verunglückten Porträts auszubessern, dessen Züge so sehr verunstaltet, daß das Werk seinem Titel mehr als gerecht wurde. Vermutlich hat die Jury bis heute nicht den leuchtend glänzenden Blick und die bösartig schimmernden Brauen, Bart und Brille meines Porträts vergessen, das sie in ihren Alpträumen anfunkelt wie ein lackierter Rolf Harris.
    Da fällt mir ein, es gab in Stouts Hill auch noch »Unterpräfekten«, deren Aufgaben allerdings nirgends festgelegt und schon gar nicht mit irgendwelchen Privilegien verbunden waren. Sosehr dies auch nach Casablanca klingt – »Ein Ausreisevisum kann gegen die übliche Gebühr im Büro des Unter-Präfekten beantragt werden« –, wurde der Posten nach meinem Dafürhalten nur deshalb eingerichtet, damit auch hoffnungslose Fälle wie ich im späteren Leben etwas vorzuweisen hatten. Ich glaube, ich hatte mir außerdem noch den Titel des 3. XI-Scorer erworben, eine Funktion, die ich ein- oder zweimal bekleiden durfte, allerdings nur bei Spielen innerhalb der Schule – Stouts Hill hätte es nie gewagt, mich auch nur eine Minute gegen eine andere Schule loszulassen.
    Mehr oder weniger von der Schule geflogen, verbrachte ich die Sommerferien zu Hause, wurde mittendrin dreizehn und ging im September 1970 nach Uppingham. Roger war bereits seit einem Jahr dort und sah dem erneuten Nachrücken seines mißratenen kleinen Bruders mit dem ihm eigenen

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