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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Tagebüchern unterm Arm, öffnete Kincaid die Fenstertür zum Garten und setzte sich auf die oberste Treppenstufe. An das Geländer gelehnt, in der gleichen Haltung, in der Jasmine so oft auf der Treppe gesessen hatte, begann er zu lesen.
      »22. September 1957
      Es ist kalt hier. Die ganze Zeit ist es kalt, obwohl Tante May behauptet, es sei ein >schöner Herbst<. Hände und Füße tun mir weh vor Kälte, und diese blöden Wollsachen kratzen alle. Überall habe ich rote Pickel auf der Haut. Wenigstens werde ich niemals so bleich sein wie diese Engländer. Ihre Haut hat die Farbe von rohen Kartoffeln, und ihre Gesichter sind so zu wie Fenster mit geschlossenen Läden.
      May hat mich oben in der Mansarde einquartiert. Theo hat das Gästezimmer bekommen. Sie behauptet, weil er der Kleine sei, aber in Wirklichkeit zieht sie ihn vor. Mich hat sie vom ersten Moment an nicht gemocht.
      Abends liege ich oben in meinem Bett und lausche dem Wind in den Dachbalken und stelle mir vor, wie ich barfuß im Staub gehe, und denke an kühle Baumwollkleider und Kokosmilch und Granatäpfel und Passionsfrüchte und wie das Sonnenlicht in unserem Haus in der Mohur Street durch die grünen Bambusjalousien fiel, so daß mein Zimmer aussah, als wäre es unter Wasser.
      Sie sagt, ich muß zur Schule gehen bis ich sechzehn bin. Das ist hier gesetzliche Vorschrift. Die Mädchen reden überhaupt nicht mit mir, außer wenn sie gemeine Bemerkungen machen. Und die Jungen starren mich nur an.
      Theo kommt besser zurecht. Er trifft sich nach der Schule mit ein paar von den Jungen. Er fängt sogar schon an, so wie sie zu reden.
      Ich würde ja hier gleich an meinem sechzehnten Geburtstag abhauen, aber ich kann Theo nicht allein in Mays Klauen zurücklassen. Sie hat alles schon für ihn geplant, macht sich bereits Gedanken wegen seiner Noten und redet dauernd von der Universität.
      Wir sind ohne sie prima zurechtgekommen, Theo und ich, und das wird auch wieder so, das schwöre ich.«
     
     

8
     
    Der Montag zog kalt und windig herauf und setzte dem milden Wetter, das Jasmines Tod begleitet hatte, ein Ende. Mit einem Gefühl der Erleichterung, in das sich Erwartung mischte, band Kincaid seinen Schlips und schlüpfte in ein Wollsakko. Er musterte sich im Badezimmerspiegel, als wollte er in seinem Gesicht irgendeine sichtbare Spur des schleppenden Verlaufs des Wochenendes entdecken, doch die blauen Augen, die ihn anblickten, sahen aus wie immer, höchstens noch ein wenig schlaftrunken. Mit einem letzten Bürstenstrich über sein Haar ließ er es gut sein. Er steckte Schlüssel und Brieftasche ein, kippte den Kaffee, den er nicht ausgetrunken hatte, ins Spülbecken und ging.
      Er fuhr mit der U-Bahn bis St. James Park. Ein paar Minuten zu Fuß, dann stand er im kalten Schatten des Stahl- und Betonturms, in dem New Scotland Yard untergebracht war. Die Bürgersteige waren verlassen bis auf die uniformierten Wachbeamten, die vor den Glastüren Posten standen. Der Wind blies weggeworfene Papiere den Rinnstein entlang. Nicht gerade ein tröstlicher Anblick, das Yard, aber, dachte Kincaid, das war wohl auch nicht das Anliegen der Architekten gewesen. Er nickte dem Wachposten zu und betrat das Gebäude.
      Er hatte den kurzen Fußmarsch genutzt, um seine Argumente zurechtzulegen, und ging jetzt direkt zum Büro seines Chief Superintendent. Denis Childs’ Sekretärin, eine rundliche, dunkelhaarige junge Frau, sah von ihrer Schreibmaschine auf und strahlte ihn an.
      »Morgen, Mr. Kincaid. Was kann ich für Sie tun?«
      Der Chief Superintendent hatte eine Begabung dafür, sich Mitarbeiter zu wählen, die sowohl gutmütig als auch tüchtig waren.
      »Ist er da, Holly?« Kincaid wies mit dem Kopf zur geschlossenen Tür des anschließenden Büros.
      »Ja, wahrscheinlich liest er gerade seine Berichte. Es liegt nichts Dringendes vor heute morgen. Klopfen Sie einfach.« Noch ehe sie fertig gesprochen hatte, wandte sie sich wieder ihrer Schreibmaschine zu.
      Der Chief Superintendent hatte sein Büro im modernen skandinavischen Stil eingerichtet: helles Holz, Rohr und Grünpflanzen. Kincaid hatte den Verdacht, daß das Motiv weniger eine besondere Vorliebe war als Protest gegen die Konvention.
      Denis Childs lag bequem im Sessel hinter seinem Schreibtisch, auf den gekreuzten Knien einen Bericht, im Aschenbecher am Rand des Schreibtischs eine schwelende Zigarette. Sein massiger Körper ließ das Mobilar beinahe

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