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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Wagen war bis obenhin mit astronomischer
    Fachliteratur vollgestopft; wir konnten nur hoffen, daß die beiden
    keine allzu ausgefallenen Fragen stellten.

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    »Zwanzig Stunden«, flüsterte Bowden ins Mikrofon.
    »Etwa zwanzig Stunden«, sagte Victor zu den Wachmännern.
    »Umlaufgeschwindigkeit des Merkur?«
    »Im Aphelium oder im Perihelium?«
    »Jetzt werden Sie mal nicht frech, junger Mann. Der Durchschnitt
    genügt.«
    »Moment. Ich muß die beiden addieren und – ach, du liebe Zeit, ist
    das etwa ein Buchfink?«
    Die beiden Männer drehten sich nicht um.
    »Und?«
    »Ähm, hundertsechstausend Meilen pro Stunde.«
    »Die Uranusmonde?«
    »Die Uranusmonde?« echote Victor, um Zeit zu schinden. »Wußten
    Sie, daß das Uran nur deshalb nach dem Uranus heißt, weil es im
    selben Jahrzehnt entdeckt wurde?«
    »Die Monde, Sir.«
    »Natürlich. Oberon, Titania, Umb-«
    »Halt! Ein echter Erdkreuzer hätte mit dem innersten angefangen!«
    »Cordelia, Ophelia, Bianca, Cressida, Desdemona, Juliet, Portia,
    Rosalind, Belinda, Puck, Miranda, Ariel, Umbriel, Titania und
    Oberon.«
    Die beiden Männer sahen Victor an, nickten und traten dann zurück,
    um ihn vorbeizulassen; mit einem Mal waren sie äußerst höflich, ja
    beinahe zuvorkommend.
    »Danke, Sir. Sie müssen entschuldigen, aber wie Sie sicher wissen,
    haben wir viele Gegner, die uns liebend gern ins Handwerk pfuschen
    würden. Ich bin sicher, Sie haben Verständnis für unsere
    Vorsichtsmaßnahmen.«
    »Natürlich! Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Sorgfalt, Gentlemen. Guten
    Tag.«

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    Aber als Victor vorbei wollte, hielten sie ihn erneut zurück. »Haben
    Sie nicht etwas vergessen, Sir?«
    Victor drehte sich um. Ich hatte von Anfang an befürchtet, daß es so
    etwas wie eine Parole gab, und wenn sie die jetzt hören wollten, waren
    wir geliefert. Victor beschloß, den beiden die Initiative zu überlassen.
    »Haben Sie ihn vielleicht im Wagen vergessen?« fragte der erste
    Mann schließlich. »Hier, nehmen Sie solange meinen.«
    Der Wachmann griff in sein Jackett und holte nicht etwa eine Waffe,
    wie Victor gefürchtet hatte, sondern einen gewaltigen
    Baseballhandschuh daraus hervor. Er überreichte ihn Victor mit einem
    herzlichen Lächeln. »Ich werde es heute vermutlich sowieso nicht auf
    den Berg schaffen.«
    Victor schlug sich mit der Hand an die Stirn. »Ein Gedächtnis wie
    ein Sieb. Ich muß ihn zu Hause liegengelassen haben. Stellen Sie sich
    vor, da fahre ich zu einem Erdkreuzertreffen und vergesse meinen
    Baseballhandschuh!«
    Die beiden Wachtposten lachten artig mit; dann sagte der erste:
    »Viel Vergnügen, Sir. Der Einschlag findet um 14 Uhr 32 statt.
    Vielleicht haben Sie Glück!«
    Er dankte den beiden und sprang in den wartenden Land Rover,
    bevor sie es sich anders überlegten. Mißtrauisch betrachtete er den
    Handschuh. Was, um Himmels willen, ging dort oben vor?
    Der Land Rover setzte ihn am Osteingang der Hügelfestung ab, wo
    etwa fünfzig stahlbehelmte Männer und Frauen durcheinanderliefen.
    In der Festungsmitte stand ein großes Zelt mit zahllosen Antennen und
    einer gigantischen Satellitenschüssel auf dem Dach. Ein Stück den
    Hügel hinauf drehte sich langsam eine Radarantenne. Er hatte ein
    riesiges Teleskop oder so etwas erwartet, doch nichts dergleichen war
    zu sehen.
    »Name?«
    Victor fuhr herum; vor ihm stand ein kleiner Mann und starrte ihn
    an. Er hatte ein Klemmbrett in der Hand, einen Stahlhelm auf dem

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    Kopf und schien seine begrenzte Autorität über die Maßen zu
    genießen.
    Victor versuchte es mit einem Bluff. »Das da bin ich«, sagte er und
    zeigte auf einen Namen am Ende der Liste.
    »Dann sind Sie also Mr. Bitte Wenden?«
    »Darüber«, entgegnete Victor eilig.
    »Mrs. Trotswell?«
    »Hmm, äh, nein. Ceres. Augustus Ceres.«
    Der kleine Mann sah in seiner Liste nach und ging die Namen der
    Reihe nach mit seinem stählernen Kugelschreiber durch.
    »Hier gibt es niemanden dieses Namens«, sagte er langsam und
    beäugte Victor mißtrauisch.
    »Ich bin aus Berwick-upon-Tweed«, erklärte Victor. »Nachzügler.
    Hat Ihnen denn niemand Bescheid gesagt? Dr. Müller meinte, ich
    könne jederzeit vorbeikommen.«
    Der kleine Mann erschrak. »Müller? Wir haben hier niemanden
    dieses Namens. Sie meinen vermutlich Dr. Cassiopeia.« Er zwinkerte
    ihm grinsend zu. »So weit, so gut«, setzte er hinzu, sah erst auf seine
    Liste und blickte sich dann in der Festung um, »die Außenposten sind
    schwach besetzt.

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