01_Der Fall Jane Eyre
einer
abgegriffenen Chuzzlewit -Ausgabe auf. Seit Acherons Flucht lasen
Bailey, Herr Beicht und er den Roman im Vierundzwanzig-StundenSchichtdienst. Bislang hatte sich verblüffenderweise gar nichts
verändert. Die Forty-Brüder verfolgten die einzige Information, die
wir SO-5 und Goliath voraushatten. Kurz vor seinem Ableben hatte
Sturmey Archer einen gewissen Dr. Müller erwähnt, und danach
wurden die Datenbanken von Polizei und SpecOps jetzt durchkämmt
– unter größter Geheimhaltung und Diskretion allerdings, was die
Suche so zeitraubend machte.
»Gibt’s was Neues, Jeff?« fragte Victor und krempelte sich die
Hemdsärmel auf.
Jeff hustete. »In England sind keine Dr. Müllers registriert, weder
med. noch phil. …«
»Dann ist es also ein falscher Name.«
»… die noch am Leben wären.« Jeff lächelte. »Aber 1972 saß ein
gewisser Dr. Müller im Gefängnis in Parkhurst.«
»Ich bin ganz Ohr.«
»Zur selben Zeit, als Delamare wegen Betrugs in den Knast ging.«
»Das wird ja immer besser.«
»Und Delamare teilte sich die Zelle mit einem gewissen Felix
Tabularasa.«
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»Da bekommt die Sache doch gleich ein ganz anderes Gesicht«,
murmelte Bowden.
»Wohl wahr. Gegen Dr. Müller wurde bereits wegen des Handels
mit Spendernieren ermittelt. Er beging ’74 kurz vor der Verhandlung
Selbstmord. Er schwamm aufs Meer hinaus, nicht ohne vorher einen
Abschiedsbrief zu hinterlassen. Seine Leiche wurde nie gefunden.«
Victor rieb sich triumphierend die Hände.
»Klingt nach vorgetäuschtem Exitus. Nur wie, bitte schön, sollen
wir einen Toten jagen?«
Jeff hielt ein Fax in die Höhe. »Ich mußte bei der Ärztekammer
klafterweise Süßholz raspeln; die geben normalerweise keine
Personalakten heraus, egal ob der Betreffende lebendig ist oder tot,
aber hier ist sie.«
Victor riß ihm das Fax aus der Hand und las die entscheidenden
Absätze laut vor.
»Theodore Müller. Studierte zunächst Physik, bevor er auf Medizin
umsattelte. ’74 wurde ihm wegen grob standeswidrigen Verhaltens die
Approbation entzogen. Er spielte in Cambridge den Hamlet, und das
nicht einmal schlecht, war ein hervorragender Tenor, Angehöriger des
Ehrwürdigen Wombat-Ordens, begeisterter Eisenbahn-Späher und
Gründungsmitglied der Erdkreuzer.«
»Hmm«, machte ich. »Wahrscheinlich frönt er seinen alten Hobbys
heute noch und benutzt bloß einen falschen Namen.«
»Was schlagen Sie vor?« fragte Victor. »Sollen wir auf die nächste
Lokomotivenschau warten? Wenn mich nicht alles täuscht, verteidigt
die Mallard nächsten Monat ihren Geschwindigkeitsrekord.«
»Zu spät.«
»Die Wombats geben die Namen ihrer Mitglieder nie preis«,
bemerkte Bowden.
Victor nickte. »Das war’s dann wohl.«
»Nicht unbedingt«, sagte ich langsam.
»Was schlagen Sie vor?«
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»Ich dachte, es könnte jemand das nächste Erdkreuzertreffen zu
infiltrieren versuchen.«
»Die Erdkreuzer?« sagte Victor. »Da läuft nichts, Thursday.
Komische Heilige, die auf entlegenen Hügeln heimlich sonderbare
Rituale praktizieren? Haben Sie eine Ahnung, was man über sich
ergehen lassen muß, um in diesen exklusiven Verein aufgenommen zu
werden?«
Ich lächelte und warf meinem Chef einen prüfenden Blick zu. »Die
Mitglieder sind hauptsächlich namhafte und angesehene Akademiker
reiferen Alters.«
Victor sah von mir zu Bowden. »Dieser Blick gefällt mir nicht, Frau
Kollegin«, sagte er pointiert.
Aber Bowden hatte schon hektisch in der aktuellen Ausgabe des
Almanachs der Astronomen zu blättern begonnen. »Na, wer sagt’s
denn? Hier steht, sie treffen sich übermorgen um 14 Uhr auf dem
Liddington Hill. Uns bleiben also fünfundfünfzig Stunden
Vorbereitungszeit.«
»Auf keinen Fall«, protestierte Victor empört. »Und wenn Sie sich
auf den Kopf stellen, ich werde mich auf keinen Fall, ich wiederhole,
auf gar keinen Fall als Erdkreuzer ausgeben. Ich weigere mich, den
verdeckten Ermittler zu machen.«
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26.
Die Erdkreuzer
Ein Asteroid kann klein sein wie eine Männerfaust oder
groß wie ein Berg. Asteroiden sind der Schutt des
Sonnensystems, die Trümmer, die zurückbleiben, wenn
die galaktischen Sprengmeister ihre Arbeit verrichtet
haben. Die meisten Asteroiden findet man zwischen Mars
und Jupiter. Obwohl ihre Zahl in die Millionen geht,
bringen sie es zusammengenommen doch nur auf einen
Bruchteil der Masse der Erde. Hin und wieder schneidet
ein Asteroid die Umlaufbahn unseres
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