01_Der Fall Jane Eyre
roter Glut zerplatzte, als die
Treppe unter uns nachgab. Dann wurde mir schwarz vor Augen.
- 361 -
34.
Ihr Buch geht zu Ende
Wir warteten umsonst auf Thursdays Codewort. Ich las
das Buch zum x-ten Mal und suchte nach einem Hinweis
darauf, was ihr zugestoßen war. Ich hatte vermutet, daß
Thursday beschlossen haben könnte, im Roman zu
bleiben, weil es ihr nicht gelungen war, Hades zu fassen.
Der Schluß der Geschichte rückte näher; wenn Jane nach
Indien ging, war das Buch zu Ende. In diesem Fall
konnten wir die Maschine abschalten. Denn dann waren
Thursday und Polly für immer verloren.
BOWDEN CABLES
- Tagebuch eines LitAg
Ich schlug die Augen auf und sah mich um. Ich befand mich in
einem kleinen, aber geschmackvoll möblierten Zimmer, gleich unter
einem halboffenen Fenster. Jenseits einer Wiese wiegten sich hohe
Pappeln im Wind, doch die Aussicht war mir fremd; in Thornfield sah
es anders aus. Da ging die Tür auf, und Mary trat ein.
»Miss Next!« sagte sie freundlich. »Sie haben uns einen
fürchterlichen Schrecken eingejagt!«
»War ich lange bewußtlos?«
»Drei Tage. Eine schwere Gehirnerschütterung, hat Dr. Carter
gesagt.«
»Wo …?«
»Sie sind in Ferndean, Miss Next«, antwortete Mary
beschwichtigend, »einem von Mr. Rochesters anderen Gütern. Sie
werden schwach sein; ich bringe Ihnen etwas Brühe.«
Ich ergriff ihren Arm. »Und Mr. Rochester?«
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Sie hielt inne, tätschelte mir lächelnd die Hand und sagte, sie werde
jetzt die Brühe holen. Ich sank in die Kissen zurück und dachte an die
Nacht, in der Thornfield gebrannt hatte und Acheron starb. Die arme
Bertha Rochester. Ob ihr bewußt gewesen war, daß sie uns durch ihre
zufällige Wahl der Waffen das Leben gerettet hatte? Vielleicht hatte
sie in ihrer geistigen Umnachtung eine besondere Antenne für den
Schwachpunkt des Scheusals gehabt? Ich würde es nie erfahren, war
ihr aber dennoch dankbar.
Nach einer Woche konnte ich wieder aufstehen und gehen, obwohl
ich nach wie vor unter starken Schwindelgefühlen litt. Man erzählte
mir, daß ich beim Einsturz des Dienstbotenaufgangs einen Schlag auf
den Kopf erhalten und das Bewußtsein verloren hatte. Rochester hatte
mich in einen Vorhang gewickelt und aus dem brennenden Haus
geschleppt. Dabei war er von einem herabstürzenden Balken getroffen
worden und hatte das Augenlicht verloren; die Hand, die Acherons
Kugel zerschmettert hatte, war am Morgen nach dem Feuer amputiert
worden. Wir trafen uns im dunklen Speisezimmer.
»Haben Sie große Schmerzen, Sir?« fragte ich beim Anblick seiner
erbarmungswürdigen Gestalt; seine Augen waren verbunden.
»Zum Glück nicht«, log er, obwohl er bei der leisesten Bewegung
das Gesicht verzog.
»Ich danke Ihnen; Sie haben mir ein zweites Mal das Leben
gerettet.«
Er lächelte matt. »Sie haben mir meine Jane zurückgebracht. Für
jene Monate des Glücks würde ich diese Wunden mit Freuden doppelt
und dreifach erleiden. Aber sprechen wir nicht über meinen
jämmerlichen Zustand. Geht es Ihnen gut?«
»Dank Ihnen.«
»Ja, ja, aber wie wollen Sie in Ihre Welt zurückkehren? Jane und
dieser feigherzige Hanswurst Rivers sind vermutlich längst in Indien;
und mit ihnen die Handlung. Wie könnten Ihre Freunde Sie da
retten?«
»Mir wird schon was einfallen«, sagte ich und tätschelte ihm den
Arm. »Man kann nie wissen, was die Zukunft bringt.«
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Für meine Kollegen von Spec-Ops war der nächste Tag angebrochen.
Die Monate, die ich in dem berühmten Buch zugebracht hatte, waren
für sie so rasch vergangen wie die Zeit, die man braucht, um davon zu
lesen. Angesichts der kriminellen Umtriebe vor seiner Haustür hatte
das walisische Politbüro Victor, Finisterre und einem Mitglied der
Brontë-Gesellschaft freies Geleit ins Hotel Penderyn zugesichert, wo
die drei jetzt mit Bowden, Mycroft und einem zunehmend nervöser
werdenden Jack Schitt zusammensaßen. Der Vertreter der BrontëGesellschaft las den Text, der auf den vergilbten Seiten erschien, laut
mit. Von ein paar kleinen Änderungen abgesehen, nahm der Roman
den üblichen Verlauf; seit zwei Stunden folgte der Wortlaut exakt dem
Original: Jane erhielt einen Heiratsantrag von St. John Rivers, der sie
als seine rechtmäßige Ehefrau nach Indien mitnehmen wollte, und sie
bat um Bedenkzeit.
Mycroft trommelte mit den Fingern auf den Schreibtisch und ließ
den Blick über die zuckenden Nadeln und Skalen an seiner Maschine
schweifen; er
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