01_Der Fall Jane Eyre
Spur. Wenn er noch
existiert, dann dürfte auch das Manuskript noch existieren.«
Ich starrte ihn ausdruckslos an und fragte mich, worauf er
hinauswollte.
»Vielleicht hat er es einem Komplizen übergeben.«
»Schon möglich. Auf dem Schwarzmarkt bringt es an die fünf
Millionen, Miss Next. Eine hübsche Stange Geld, finden Sie nicht
auch?«
»Was wollen Sie damit andeuten?« fragte ich.
»Gar nichts; aber Ihre Aussage und Hades’ Leiche passen irgendwie
nicht ganz zusammen, oder? Sie haben behauptet, Sie hätten auf ihn
geschossen, nachdem er den jungen Beamten getötet hatte?«
»Er hieß Snood«, sagte ich spitz.
»Wie auch immer. Aber der verbrannte Leichnam wies trotz der
zahlreichen Schüsse, die Sie auf ihn abgegeben haben, keinerlei
Schußverletzungen auf.«
Ich starrte ihn an. Schitt fuhr fort.
»Ich habe die plattgedrückten Projektile gesehen. Sie hätten dieselbe
Wirkung erzielt, wenn Sie damit auf Beton gefeuert hätten.«
»Wenn Sie mir etwas zu sagen haben, warum sagen Sie es mir dann
nicht einfach?«
Schitt drehte den Deckel einer Thermosflasche ab und hielt sie mir
hin. Ich lehnte ab; er goß sich etwas zu trinken ein und fuhr fort: »Ich
glaube, Sie wissen mehr, als Sie uns verraten. Was die Ereignisse
jener Nacht angeht, müssen wir uns auf Ihre Aussage verlassen. Sagen
Sie, Miss Next, was hatte Hades mit dem Manuskript vor?«
»Das habe ich Ihnen doch schon gesagt: Ich habe keine Ahnung.«
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»Und warum fangen Sie dann bei den Swindoner LitAgs an?«
»Weil ich nichts Besseres gefunden habe.«
»Unsinn. Ihre Arbeit wurde durchgehend als überdurchschnittlich
bewertet, und laut Ihrer Personalakte sind Sie seit zehn Jahren nicht in
Swindon gewesen, obwohl Sie dort Verwandte haben. Eine Notiz in
Ihrer Akte verweist auf romantische Verwicklungen . Liebeskummer in
Swindon?«
»Das geht Sie nichts an.«
»Ich habe festgestellt, daß mich in meinem Beruf fast alles etwas
angeht. Einer Frau mit Ihren Fähigkeiten stehen sämtliche Türen
offen, und da wollen Sie ausgerechnet nach Swindon? Ich habe das
dunkle Gefühl, daß ein anderes Motiv dahintersteckt.«
»Und das steht wirklich alles in meiner Akte?«
»Aber ja.«
»Was für eine Augenfarbe habe ich?«
Schitt ignorierte meine Frage und trank einen Schluck Kaffee.
»Kolumbianischer. Der beste, den es gibt. Sie glauben, daß Hades
noch am Leben ist, Next. Ich glaube, Sie haben eine Ahnung, wo er
steckt. Gehe ich recht in der Annahme, daß er in Swindon ist und Sie
deswegen dorthin wollen?«
Ich sah ihm direkt in die Augen. »Nein. Ich will nach Hause, um mit
mir selbst ins reine zu kommen.«
Jack Schitt ließ sich nicht überzeugen. »Für mich gibt es keinen
Streß. Bloß schwache Menschen und starke Menschen. Und nur starke
Menschen überleben Männer wie Hades. Sie sind eine sehr starke
Frau.«
Er schwieg einen Augenblick.
»Falls Sie es sich anders überlegen, rufen Sie mich an. Aber seien
Sie gewarnt. Ich behalte Sie im Auge.«
»Wie Sie wollen, Mr. Schitt, trotzdem würde ich Sie gern etwas
fragen.«
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»Ja?«
»Was interessiert Sie eigentlich so sehr an Hades?«
Wieder lächelte Jack Schitt. »Ich fürchte, das unterliegt der
Geheimhaltung, Miss Next. Guten Tag.«
Er tippte sich an den Hut, stand auf und ging. Ein schwarzer Ford
mit getönten Scheiben hielt vor dem Friedhof, Schitt stieg ein, und der
Wagen brauste davon.
Ich blieb sitzen und dachte nach. Als ich dem Polizeipsychiater
erklärt hatte, ich könne wieder arbeiten, hatte ich gelogen; als ich Jack
Schitt das genaue Gegenteil versichert hatte, auch. Daß Goliath sich
für Hades und das Chuzzlewit -Manuskript interessierte, konnte
eigentlich nur finanzielle Gründe haben. Wenn die Goliath
Corporation gemeinnützig und selbstlos war, dann war Dschingis
Khan ein Polsterstuhl. Den Goliath-Leuten ging’s einzig und allein um
Kohle, und niemand traute ihnen auch nur eine Handbreit über den
Weg. Zwar hatten sie England nach dem Zweiten Weltkrieg
wiederaufgebaut und der Wirtschaft neues Leben eingehaucht. Doch
früher oder später mußte die gesundete Nation auf eigenen Füßen
stehen, und Goliath wurde längst nicht mehr als großzügiger Onkel,
sondern nur noch als despotischer Stiefvater betrachtet.
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8.
Luftschiff nach Swindon
… Es ist schlicht sinnlos, gutes Geld für den Bau eines
Flugzeugmotors ohne Propeller auszugeben. Was spricht
eigentlich gegen Luftschiffe? Sie tragen die
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