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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Narzissen, verstehen Sie?«
    Polly blickte zu den leuchtendgelben Blumen hinüber, die sich im
    warmen Hauch des Windes wiegten.
    »Hätte ich doch nur ein besseres Gedächtnis«, murmelte sie.
    Die Gestalt in Schwarz bedachte sie mit einem Lächeln. »Das inn’re
    Aug’ ist alles, was mir noch geblieben ist«, sagte er wehmütig, und
    das Lächeln wich von seinen Zügen. »Alles, was ich einst gewesen,

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    befindet sich nun hier; mein Leben ist in meinen Werken aufgehoben.
    Ein Leben in Büchern voller Wörter; es ist sehr poetisch.«
    Er seufzte tief und setzte hinzu:
    »Aber die Einsamkeit ist keineswegs immer ein Segen, wissen Sie.«
    Er starrte auf den See hinaus, wo die Sonne auf den Wellen funkelte
    und blitzte.
    »Wie lange bin ich schon tot?« fragte er plötzlich.
    »Über hundertfünfzig Jahre.«
    »Tatsächlich? Sagen Sie, wie ist die Revolution in Frankreich
    ausgegangen?«
    »Das läßt sich noch nicht mit Bestimmtheit sagen.«
    Wordsworth runzelte die Stirn, und die Sonne verschwand.
    »Hoppla«, stieß er hervor. »Ich kann mich nicht entsinnen, das
    geschrieben zu haben …«
    Polly hob den Blick. Eine dicke, fast schwarze Regenwolke
    verfinsterte die Sonne.
    »Wie meinen Sie …?« begann sie, doch als sie sich umdrehte, war
    Wordsworth nicht mehr da. Der Himmel wurde zusehends dunkler,
    und Donner grollte unheildrohend in der Ferne. Ein kalter Wind kam
    auf, und der See schien jegliche Tiefe zu verlieren, während die
    Narzissen erstarrten und zu einem massiven, gelbgrünen Block
    wurden. Polly schrie vor Schreck, als See und Himmel sich berührten.
    Die Narzissen, Bäume und Wolken kehrten an ihren Platz im Gedicht
    zurück, nichts als Wörter, Schnörkel auf Papier, ohne jegliche
    Bedeutung außer der, die unsere Vorstellungskraft ihnen verleiht. Ein
    letzter Schrei entrang sich Pollys Kehle, als alles in Finsternis versank
    und das Gedicht sich über ihr schloß.

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    12.
    SpecOps-27: Die LitAgs
    … Heute morgen hat Thursday Next Cromettys
    Nachfolge als LitAg angetreten. Ich kann mich des
    Eindrucks nicht erwehren, daß sie für diese Arbeit wenig
    taugt, und ich bezweifle, daß sie geistig auch nur halb so
    stabil ist, wie sie glaubt. Sie leidet unter allerlei
    Dämonen, alten wie neuen, und ich frage mich, ob
    Swindon der geeignete Ort ist, sie zu exorzieren …
BOWDEN CABLES
    - Tagebuch eines LitAg
    Das Hauptquartier der Swindoner SpecOps und die Zentrale der
    örtlichen Polizei teilten sich einen typisch deutschen, schmucklosen,
    aber zum Glück recht geräumigen Bau, der während der Besatzung
    das Amtsgericht beherbergt hatte. Der Eingang war mit
    Metalldetektoren gesichert, und nachdem ich meine Dienstmarke
    gezeigt hatte, betrat ich die weitläufige Halle. Beamte und Zivilisten
    mit Besucherausweisen an der Brust eilten zielstrebig durch das von
    reger Betriebsamkeit erfüllte Gebäude. Im Gewühl wurde ich ein oder
    zwei Mal angerempelt und grüßte ein paar altbekannte Gesichter,
    bevor es mir gelang, mich zum Diensthabenden durchzuschlagen. Als
    ich dort ankam, stieß ich auf einen Mann in Kniebundhosen und
    weitem weißen Hemd. Der Beamte starrte ihn teilnahmslos an. Er
    kannte seine Geschichte schon.
    »Name?« fragte der Sergeant gelangweilt.
    »John Milton.«
    » Welcher John Milton?«
    »Vierhundertsechsundneunzig.«
    Der Sergeant machte sich eine Notiz.

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    »Wieviel hat man Ihnen gestohlen?«
    »Zweihundert in bar und sämtliche Kreditkarten.«
    »Haben Sie Ihre Bank verständigt?«
    »Selbstverständlich.«
    »Und Sie glauben, der Räuber war ein Percy Shelley?«
    »Ja«, erwiderte der Milton. »Bevor er abgehauen ist, hat er mir noch
    ein Pamphlet über die Ablehnung religiöser Dogmen in die Hand
    gedrückt.«
    »Hallo, Ross«, sagte ich.
    Der Sergeant sah mich einen Augenblick stirnrunzelnd an, bevor
    sich ein Grinsen auf seinem Gesicht breitmachte.
    »Thursday! Ich habe schon gehört, daß du zurückkommst! Und daß
    du es zu SO-5 geschafft hast.«
    Ich erwiderte sein Lächeln. Ross hatte schon Anzeigen
    aufgenommen, als ich vor Jahren zur Swindoner Polizei kam.
    »Was machst du hier?« wollte er wissen. »Eine Außenstelle
    eröffnen? SO-9 oder so? Ein bißchen Schwung in die Behörde
    bringen?«
    »Nicht direkt. Ich bin zu den LitAgs versetzt worden.«
    Ein Schatten des Zweifels huschte über Ross’ Gesicht, war jedoch
    im Nu wieder verschwunden.
    »Na prima!« rief er mit gespielter Begeisterung. »Nach
    Dienstschluß Kneipe?«
    Ich nickte, und

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