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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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verloren«, sagte Joffy leise.
    »Selbst ich war nicht immun gegen die Leidenschaften der Schlacht.
    Als ich auf die Krim kam, war ich vom Krieg begeistert. Ich wollte
    den Sieg, ich genoß die Kameradschaft und wollte unsere sogenannten
    Feinde töten.«
    Plötzlich erschien mir Joffy menschlicher denn je; das war
    vermutlich die Seite, die seine Gemeinde so an ihm schätzte.
    »Erst im nachhinein erkannte ich, wie falsch das alles war. Bald sah
    ich keinen Unterschied mehr zwischen Russen und Engländern,
    Franzosen oder Türken. Als ich das zu sagen wagte, wurde ich der
    Front verwiesen, damit ich keinen Ärger machte. Mein Bischof
    meinte, meine Aufgabe sei nicht, ein Urteil über Recht oder Unrecht
    des Krieges zu fällen, sondern für das geistige Wohlergehen der
    Männer zu sorgen.«
    »Also deshalb bist du nach England zurückgekommen?«
    »Deshalb bin ich nach England zurückgekommen.«
    »Wußtest du, daß Colonel Phelps in der Stadt ist?«
    »Ja. Was für ein Arschloch. Man sollte ihn vergiften. Ich werde als
    ›Stimme der Mäßigung‹ gegen ihn antreten. Willst du dich nicht mit
    zu uns aufs Podium setzen?«
    »Ich weiß nicht, Joff.« Ich starrte in meinen Tee und wies den
    angebotenen Schokoladenkeks zurück.
    »Mum hält die Gedenkstätte ziemlich gut in Schuß, was?« sagte ich
    im Bemühen, das Thema zu wechseln.
    »Die doch nicht. Mum könnte es nicht mal ertragen, auf den
    Friedhof zu kommen – vorausgesetzt sie hätte so viel abgenommen,
    daß sie durchs Tor paßt.«
    »Wer denn dann?«
    »Na, wer schon? Landen natürlich. Hat er dir nichts davon gesagt?«
    »Nein. Nein, hat er nicht.«
    »Er mag beschissene Bücher schreiben und ein ziemlicher Trottel
    sein, aber er war Anton immer ein guter Freund.«

    - 213 -
    »Aber mit seiner Aussage hat er ihn bis in alle Ewigkeit unmöglich
    gemacht …!«
    Joffy setzte seine Tasse ab und nahm meine Hand.
    »Liebstes Schwesterlein, ich weiß, es ist ein Klischee, aber es
    stimmt: Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit. Landen wollte
    das widerlegen. Glaub bloß nicht, daß er sich das nicht lange und
    gründlich überlegt hat – es wäre weiß Gott einfacher gewesen, zu
    lügen und Ants Namen reinzuwaschen. Aber wer einmal lügt, muß
    immer weiterlügen. Landen wußte das, und ich glaube, Anton auch.«
    Ich hob den Kopf und sah ihn nachdenklich an. Ich hatte keine
    Ahnung, was ich zu Landen sagen sollte, hoffte aber, daß mir
    rechtzeitig etwas einfallen würde. Er hatte vor zehn Jahren, kurz vor
    seiner Aussage vor dem Tribunal, um meine Hand angehalten. Nach
    der Anhörung war ich binnen einer Woche nach London abgereist.
    »Dann sollte ich ihn vielleicht mal anrufen.«
    Joffy lächelte.
    »Gute Idee … du Pflaume .«

    - 214 -
    20.
    Dr. Runcible Spoon
    … Ich werde oft gefragt, woher ich die vielen
    Präpositionen nehme, die ich brauche, um meine
    Bücherwürmer bei Kräften zu halten. Die Antwort ist
    einfach: Ich verwende selbstverständlich ausgesparte
    Präpositionen, die ein äußerst nahrhaftes Mischfutter
    ergeben, besonders wenn man sie mit weggestrichenen
    bestimmten Artikeln versetzt, die im Englischen
    besonders oft vorkommen. So verfügt das Wort
    Journey’s end nicht nur über eine ausgesparte
    Präposition, sondern auch über zwei gestrichene
    bestimmte Artikel: the end of the journey. Gleiches gilt z.
    B. für Bettkante oder Straßenecke und so weiter. Wenn
    mir die Vorräte auszugehen drohen, halte ich mich an
    meine Lokalzeitung, den Toad , in dessen Schlagzeilen
    sich täglich ausgesparte Präpositionen zuhauf finden.
    Was nun die Ausscheidungen der Bücherwürmer betrifft,
    so bestehen diese größtenteils aus Apostrophen, was sich
    allmählich zum Problem entwickelt – gestern erst sah ich
    ein Schild mit der Aufschrift: Mittwoch’s nachmittag’s
    geschlossen …
MYCROFT NEXT
    in einem Artikel für die Rubrik »Noch Fragen?« des New Splicer
    Bowden und Victor waren nicht da, als ich im Büro ankam; ich
    nahm mir eine Tasse Kaffee und setzte mich an meinen Schreibtisch.
    Ich wählte Landens Nummer, doch es war besetzt; ein paar Minuten
    später versuchte ich es noch einmal, ohne Erfolg. Sergeant Ross vom
    Empfangstisch rief an und sagte, er schicke gleich jemanden vorbei,
    der einen LitAg zu sprechen wünsche. Ich drehte eine Weile
    Däumchen und kam auch beim dritten Versuch nicht zu Landen
    durch, als ein kleiner, gräßlich ungepflegter Mann ins Büro schlurfte,

    - 215 -
    der wie ein zerstreuter Professor aussah:

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