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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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haben sich fast verdreifacht, seit ich die Sakristei zum
    Casino umgebaut habe und dienstags nackte Go-Go-Girls tanzen
    lasse.«
    »Du machst hoffentlich Witze?«
    »Na logisch, du Pflaume!«
    »Du kleines Arschloch!« Ich lachte. »Wenn du so weitermachst,
    muß ich dir wohl doch noch mal die Nase brechen!«
    »Möchtest du vorher noch ein Täßchen Tee?«
    »Warum nicht?«
    Wir gingen zum Pfarrhaus.
    »Wie geht’s deinem Arm?«
    »Ganz gut«, sagte ich. »Ich hab den Arzt gefragt, ob ich damit
    Geige spielen könnte, und er hat gesagt: ›Ja, natürlich.‹ Das hat mich
    sehr überrascht.«
    »Wieso?« fragte Joffy.
    »Weil ich mein Lebtag noch keine Geige in der Hand gehabt habe,
    du Blödmann!«
    »Ha, ha!« machte Joffy. »Unheimlich witzig. Eure SpecOps-Partys
    müssen echt toll sein. Du solltest öfter mal ausgehen, Schwesterherz.
    Das war so ziemlich der schlechteste Witz, den ich je gehört habe.«
    Joffy konnte einen ganz schön aufregen, aber wahrscheinlich hatte
    er nicht ganz unrecht. Allerdings hätte ich mir lieber die Zunge
    abgebissen, als ihm das zu sagen. »Du kannst mich mal.«
    Das brachte ihn zum Lachen.

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    »Du warst immer so ernst, Schwesterherz. Schon als kleines
    Mädchen. Ich weiß noch genau, wie du immer auf dem Sofa gesessen
    und dir die Nachrichten angeschaut hast … Hallo, Mrs. Higgins!«
    Eine alte Dame kam mit einem Blumenstrauß im Arm durch das
    Friedhofstor.
    »Hallo, Irrwürden!« sagte sie fröhlich, sah mich an und fragte mit
    heiserem Flüstern: »Ist das Ihre Freundin?«
    »Nein, Gladys … das ist meine Schwester Thursday. Sie ist SpecOps-Agentin und hat folglich weder Humor noch einen Freund,
    geschweige denn ein Privatleben.«
    »Wie schön, meine Liebe«, sagte Mrs. Higgins, die trotz ihrer
    großen Ohren offenbar stocktaub war.
    »Hallo, Gladys«, sagte ich und schüttelte ihr die Hand. »Joffy hat
    schon als kleiner Junge so oft seinen Bischofsstab gewienert, daß wir
    dachten, er wird davon blind.«
    »Gut, gut«, murmelte sie.
    Joffy ließ sich nicht lumpen und setzte hinzu: »Und unsere kleine
    Thursday macht beim Sex solchen Lärm, daß wir sie in den
    Gartenschuppen sperren mußten, wenn ihre Freunde über Nacht
    kamen.«
    Ich stieß ihm den Ellbogen in die Rippen, doch davon bemerkte
    Mrs. Higgins nichts; sie lächelte gütig, wünschte uns beiden einen
    angenehmen Tag und wackelte davon. Wir sahen ihr nach.
    »Nächsten März wird sie hundertvier«, sagte Joffy. »Unglaublich,
    was? Wenn sie stirbt, lasse ich sie ausstopfen und stelle sie als
    Hutständer in die Vorhalle.«
    »Das war jetzt aber wirklich ein Witz.«
    Er lächelte.
    »Du weißt doch, daß ich nicht ernst sein kann, Schwesterherz.
    Komm, ich mach dir einen Tee.«
    Das Pfarrhaus war riesig. Es ging das Gerücht, daß die
    Kirchturmspitze drei Meter höher gewesen wäre, wenn der damalige

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    Pfarrer die Steine nicht für seine eigenen vier Wände
    zweckentfremdet hätte. Er fiel bei seinem Bischof in Ungnade und
    wurde seiner Pflichten enthoben. Aber das überdimensionale
    Pfarrhaus blieb stehen.
    »Und?« fragte Joffy, stellte mir eine Teetasse hin und setzte sich
    aufs Sofa. »Meinst du, Dad vögelt Emma Hamilton?«
    »Darüber hat er nicht gesprochen. Aber würdest du es deiner Frau
    erzählen, wenn du eine Affäre mit jemandem hast, der schon über
    hundert Jahre tot ist?«
    »Spricht er manchmal über mich?«
    Ich schüttelte den Kopf, und Joffy schwieg einen Augenblick, was
    für ihn ziemlich ungewöhnlich ist.
    »Ich glaube, es wäre ihm lieber gewesen, wenn ich gefallen wäre
    statt Ant, Schwesterherz. Ant war immer sein Lieblingssohn.«
    »Das ist doch Unsinn, Joffy. Und selbst wenn es wahr wäre, läßt
    sich daran nichts mehr ändern. Ant ist tot und begraben. Und wenn du
    dortgeblieben wärest – Militärpfarrer bestimmen ja nun nicht direkt
    das Vorgehen der Armee.«
    »Und warum kommt Dad mich dann nie besuchen?«
    Ich zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Vielleicht hat das was mit
    der ChronoGarde zu tun. Mich besucht er auch nie länger als ein paar
    Minuten.«
    Joffy nickte und fragte dann: »Bist du in London zur Kirche
    gegangen, Schwesterherz?«
    »Dazu habe ich normalerweise keine Zeit, Joff.«
    »Dann mußt du sie dir eben nehmen.«
    Ich seufzte. Er hatte recht.
    »Nach dem Angriff der Leichten Brigade hab ich den Glauben
    verloren. Die SpecOps haben eigene Pfarrer, aber es war einfach nicht
    mehr so wie früher.«

    - 212 -
    »Wir alle haben auf der Krim etwas

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