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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Er trug einen kleinen Bowler
    und eine Jacke mit Fischgrätenmuster, die er hastig über sein
    Schlafanzugoberteil gezogen hatte. Aus seiner Aktentasche ragten
    Papiere, und in die Schnürsenkel beider Schuhe hatte er Knoten
    gemacht. Vom Empfang bis zu meinem Büro waren es zwei Minuten
    Fußweg, und er kämpfte noch immer mit seinem Besucherausweis, als
    er vor mir stand.
    »Darf ich?« sagte ich.
    Der Professor stand unbeweglich da, während ich ihm den Ausweis
    ansteckte. Dann bedankte er sich geistesabwesend und sah sich hilflos
    um.
    »Sie wollen zu mir, und Sie sind im richtigen Stockwerk«, sagte ich;
    zum Glück hatte ich mit Professoren Erfahrung.
    »Tatsächlich?« rief er verblüfft, als habe er sich schon vor
    Ewigkeiten damit abgefunden, daß er sich jedesmal verirrte.
    »Special Agent Thursday Next«, sagte ich und streckte ihm die
    Hand hin. Er schüttelte sie kraftlos und versuchte, mit dem
    Aktenkoffer in der Hand den Hut zu lüften. Schließlich gab er es auf
    und tippte sich statt dessen an den Kopf.
    »Äh … danke, Miss Next. Mein Name ist Dr. Runcible Spoon,
    Professor für englische Literatur an der Swindon University. Ich
    nehme an, Sie haben schon von mir gehört?«
    »Alles nur eine Frage der Zeit, Dr. Spoon. Möchten Sie sich nicht
    setzen?«
    Dr. Spoon bedankte sich und folgte mir zu meinem Schreibtisch,
    wobei er immer wieder innehielt, wenn er ein seltenes Buch entdeckte.
    Ich mußte ein paarmal stehenbleiben und auf ihn warten, bevor ich ihn
    sicher auf Bowdens Stuhl plaziert hatte. Ich holte ihm eine Tasse
    Kaffee.
    »Also, wie kann ich Ihnen behilflich sein, Dr. Spoon?«
    »Am besten zeige ich es Ihnen, Miss Next.«
    Spoon wühlte einen Augenblick in seinem Aktenkoffer und holte
    einige unkorrigierte Seminararbeiten und einen Socken mit

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    Paisleymuster daraus hervor, bevor er endlich gefunden hatte, was er
    suchte, nämlich ein schweres Buch mit blauem Einband. Er reichte es
    mir.
    » Martin Chuzzlewit «, sagte er, schob den Berg von Papieren in
    seinen Koffer zurück und schien sich zu fragen, warum sie in der
    Zwischenzeit so viel umfangreicher geworden waren als vorher.
    »Neuntes Kapitel, Seite 187. Die Stelle ist markiert.«
    Ich schlug das Buch dort auf, wo Spoon seine Busfahrkarte
    eingelegt hatte, und überflog die Seite.
    »Sehen Sie, was ich meine?«
    »Sie müssen entschuldigen, Dr. Spoon. Aber ich habe den
    Chuzzlewit seit meiner Schulzeit nicht mehr gelesen. Bitte klären Sie
    mich auf.«
    Spoon blickte mich argwöhnisch an; er schien sich zu fragen, ob ich
    echt sei. »Eine Studentin hat mich heute morgen darauf aufmerksam
    gemacht. Ich bin so schnell wie möglich hergekommen. Auf Seite 187
    unten gab es einen kurzen Absatz, wo Dickens eine der skurillen
    Figuren skizzierte, die Mrs. Todgers Pension bewohnen. Einen
    gewissen Mr. Quaverley. Er ist ein überaus amüsanter Charakter, der
    sich mit anderen Leuten prinzipiell nur über Themen unterhält, von
    denen er keine Ahnung hat. Wenn Sie die Zeilen überfliegen, werden
    Sie mir vermutlich darin zustimmen, daß er nicht mehr da ist.«
    Ich las die Seite mit wachsendem Entsetzen. Der Name Quaverley
    sagte mir etwas, doch von dem kurzen Absatz keine Spur. »Und er
    kommt auch später nicht mehr vor?«
    »Nein, Officer. Meine Studentin und ich sind das Buch mehrmals
    durchgegangen. Es besteht nicht der geringste Zweifel. Mr. Quaverley
    wurde auf unerklärliche Weise aus dem Roman entfernt.«
    »Könnte es sich nicht um einen Druckfehler handeln?« fragte ich
    mit wachsender Sorge.
    »Ausgeschlossen. Ich habe sieben verschiedene Ausgaben geprüft,
    und der Wortlaut ist überall derselbe. Mr. Quaverley weilt nicht mehr
    unter uns. «

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    »Aber das ist doch nicht möglich«, murmelte ich.
    »Sie sagen es.«
    Die ganze Sache war mir höchst unheimlich, und langsam wurden
    mir die dunklen Zusammenhänge zwischen Hades, Jack Schitt und
    dem Chuzzlewit- Manuskript klar.
    Das Telefon klingelte. Es war Victor. Er war in der Gerichtsmedizin
    und bat mich, sofort zu kommen; sie hatten eine Leiche entdeckt.
    »Und was hat das mit mir zu tun?« fragte ich.
    Während Victor antwortete, beobachtete ich Dr. Spoon, der einen
    Essensfleck anstarrte, den er an seiner Krawatte entdeckt hatte.
    »Nein, im Gegenteil«, widersprach ich zögernd, »nach allem, was
    hier gerade passiert ist, hört sich das ganz und gar nicht seltsam an.«

    Das Leichenschauhaus war ein alter viktorianischer Bau, der dringend
    renoviert werden

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