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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Pfad auf einer Ebene aus, die von Geröll und struppigen Sträuchern bedeckt war. Findlinge lagen herum, als hätten die Götter mit ihnen gespielt, um sie dann achtlos fortzuwerfen. Manche waren breit wie die Häuser in Worms, andere spitz wie Tannen im Wald. Sie bildeten eine eigene Welt, durch die sich die Männer vorsichtig ihren Weg suchten.
    Gunther fror in seinem dicken Umhang, und es wunderte ihn, dass ein Volk sich frei entschieden hatte, in diesem unwirtlichen Land zu leben. Es war immer leicht gewesen zu verstehen, warum die Menschen einst im Rheintal siedelten - aber hier?
    Erster Schnee knirschte unter den Füßen, so alt, dass er Eis war. Der Wind heulte hier oben lauter und nicht mehr in sanften Klängen. Stattdessen zischte er unfreundlich, zog kalt an Ohren und Nasen, zwang die Augen der Männer zu Schlitzen. Aus der Ferne war ein Grollen zu hören, und der Boden zitterte wie unter den Füßen eines Riesen.
    Gunther tastete unbewusst nach seinem Schwert. Was ging hier vor? Warum konnte der Kampf nicht bei Hofe stattfinden? Welches heidnische Spiel trieben die Isländer mit ihm? Wenn sie auf seine Furcht hofften, irrten sie.
    Männer, Frauen, Kinder kamen nun in Sicht, eingepackt in viele Lagen Stoff und Fell, dunkle Gesichter mit wachen Augen und starken Kiefern. Sie rotteten sich aus allen Richtungen zusammen, wie von einem unsichtbaren Band auf ein Ziel ausgerichtet.
    »Wer sind diese Leute?«, fragte Gernot vorsichtig und mehr sich selbst.
    »Es sind Isländer«, antwortete Eolind überrascht. »Dachtet Ihr, dass sich das Volk den Kampf der Königin entgehen lassen würde?«
    »Es sieht nicht so aus, als wäre das Volk in Jubelstimmung«, knurrte Hagen.
    Eolinds Stimme verriet einen geringschätzigen Ton, den er Gunthers Ratgeber zugedachte. »Es wird nichts zu jubeln geben. Siegt Euer König, verliert Island seine Herrscherin.

    Unterliegt er, wird sein Nachfolger auf dem Thron gewiss auf Rache sinnen.«
    Wie auf ein geheimes Kommando hielten die Männer von Burgund inne. In beiläufigen Worten hatte Eolind gerade etwas ausgesprochen, das bislang nicht denkbar schien.
    »Mein Nachfolger?«, fragte Gunther scharf. »Wenn ich unterliegen sollte - so würde Brunhilde mich töten?«
    Eolind nickte, als wäre alles andere blanker Unsinn. »Jeder Kandidat verspricht der Königin sein Leben. Und sie hat durchaus vor, dies zu prüfen.«
    Siegfried, Hagen, Gunther und Gernot tauschten unsichere Blicke ob dieser unerhörten Wendung. Die Zweifel, die Gunther gut in seiner Seele versteckt hatte, fraßen sich den Weg in sein Gesicht.
    »Es ist keine Schande darin, umzukehren«, bot Eolind an. »Unsere Zimmerleute machen Euer Schiff in kaum zwei Tagen wieder flott. Bis dahin seid Ihr unsere Gäste.«
    Hagen baute sich vor Eolind auf, und seine Stimme triefte vor Verachtung. »Der König von Burgund wird seinem Wort niemals den Rücken kehren. Ihr habt es nicht mit Sachsen oder Franken zu tun.«
    Siegfried schlug seinem Freund auf die Schulter und murmelte verschwörerische Worte der Aufmunterung. »Ihr werdet nicht verlieren, mein König - das Feld des Kampfes werdet Ihr mit Eurer Braut verlassen.« Es klang nicht nach Vertrauen, sondern nach Versprechen.
    Gunther atmete tief ein, und die dünne Luft ließ ihn leicht schwindeln. Doch er sah Eolind fest in die Augen. »Ich bin gekommen, um um Brunhilde zu kämpfen, und zu diesem Zweck auch gegen sie. Wenn mein Tod der Preis für die Niederlage ist - so sei es.«
    Eolind nickte zufrieden. Sie gingen weiter, doch nur noch wenige hundert Schritte. Die mächtigen Steine gaben den Blick frei auf ein Feld, dessen Fläche dem Grundriss der Burg von Worms entsprach. Flecken von schmutzigem Eis klebten an harter, dunkler Erde, Lachen aus dampfender Brühe husteten Schwefel in die Luft. In Ritzen schwelte es hell. Wie stille Beobachter standen die Steine im Kreis darum, und zwischen ihnen drängten sich die Isländer zu Hunderten. Doch niemand betrat das Feld, das aussah wie ein Ort des Todes und der Qualen, für den jeder Glaube seinen eigenen Namen hatte.
    »Das Feld von Feuer und Eis«, verkündete Eolind. »Die Arena, in der seit Generationen jeder Streit entschieden wird, der nach Blut schreit. Wo nicht nur Waffenmacht und Körperkraft den Kampf entscheiden, sondern der wankelmütige Wille der Götter.«
    Es war ein unheiliger Ort, das war den Christen von Burgund sogleich klar. Er stank nach Tod, nach elendem Verderben. Gunther hatte von den Amphitheatern

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