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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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werdet. Es ist die Königin selbst. Besiegt sie, und sie wird an Eurer Seite nach Burgund heimkehren. Wenn Ihr jedoch Brunhilde unterliegt - dann wird Euer junger Bruder hier die Krone seines Landes eher tragen, als Euch lieb ist.«
     
    Der Diener, der Siegfried das dampfende, schwefelig riechende Wasser gebracht hatte, erzählte von den vielen heißen Quellen, die es unnötig machten, das Badewasser über dem Feuer anzuwärmen. Nachdem der Krieger von Burgund und baldige König von Xanten sich die Kälte aus den Knochen geschrubbt hatte, zog er die lederne Hose und das Hemd an, die man ihm bereitgelegt hatte. Was immer er selbst an Kleidung mit auf die Reise genommen hatte, steckte noch im Bauch des Schiffes. Über das Hemd zog er eine Jacke, die aus dem Fell eines Tieres war, das er nicht kannte. Die Stiefel, mit dem gleichen Material gefüttert, band er mit einfachen Riemen zu.
    Er hatte sich entschieden, mit Brunhilde zu reden. Vor dem Kampf, sogar vor dem Festmahl. Was immer zwischen ihnen gewesen war - es durfte Gunthers Mission nicht gefährden. Er machte sich auf den Weg, in einem Labyrinth von Gängen und Treppen, die enger und niedriger waren als am Hofe von Burgund, die Gemächer der Königin zu suchen. Er fand sie, als er zwei Wachen vor einer schweren Eichentür entdeckte.
    »Ich will zur Königin«, sagte er fest.
    »Niemand betritt Brunhildes Gemächer«, beschied ihn einer der Soldaten. »Nicht einmal ihre eigenen Diener.«
    »Lasst den Vasall Burgunds eintreten«, ertönte, stark vom Holz gedämpft, eine Stimme.
    Mit Erstaunen im Blick traten die Wachen zur Seite, und Siegfried betrat ein Zimmer, das, obwohl es so hoch lag, dass die dünne Luft das Atmen erschwerte, eher wie ein unterirdisches Verlies schien. Die schwarzen Wände hielten eine leicht gewölbte Decke, und Säulen an den runden Wänden hatten Nischen, in denen kleine Fackeln hingen. Wo in Burgund reich bestickte Teppiche hingen, herrschte in Island nackter Stein.

    Brunhilde stand genau in der Mitte des karg eingerichteten Raumes, wie eine Statue in ihrem eigenen Tempel. Da sie ihren Umhang abgelegt hatte, konnte Siegfried sehen, wie stark ihr drahtiger Körper in dem dunkelgrauen Kleid war, das sie trug. Trotzdem konnte ihre Weiblichkeit kaum in Frage gestellt werden.
    Er nickte höflich. »Königin Brunhilde.«
    Sie sah ihn an, so verzweifelt wie abschätzig. »Ich habe lange auf ihn gewartet, den Schmied Siegfried - und dann betritt er meine Burg im Dienste eines anderen, der mich freien will?«
    Siegfried streckte sich. »Ich bedaure die Umstände unseres Wiedersehens, aber es ist wahr - meine Sorge gilt Gunther, der Euch zur Frau wünscht.«
    Sie trat ein paar Schritte auf ihn zu, und wieder spürte Siegfried diese Aura von Gefahr, die ihn einst in Odins Wald so angezogen hatte. Er sah die Muskeln unter ihrer blassen Haut und die stechenden Augen, die wohl noch niemals einem Blick ausgewichen waren. »Und was wünscht sich der Schmied aus dem Wald, der nun ein König sein soll?«
    Siegfried dachte nach, suchte Worte, die nicht Lüge waren und doch Brunhilde nicht verärgerten. Dabei trat sie immer näher an ihn heran, bis er wieder ihren eigentümlichen Geruch wahrnahm, warm und erdig. Sie stellte sich direkt vor ihn, den respektvollen Abstand ignorierend, nur eine Handbreit zwischen ihren Lippen. Sie war größer als Kriemhild, und er hätte sich nicht beugen müssen, um sie zu küssen.
    »Ich wünsche mir Friede zwischen den Reichen«, presste Siegfried schließlich hervor. »Ein Friede, dessen Preis Euer Bund mit Gunther ist.«
    Brunhilde schob ihren Kopf ein wenig vor, und einige Härchen auf Siegfrieds Kinn streiften ihre Wange. Ihr Mund näherte sich seinem Ohr, doch sie achtete sorgfältig darauf, ihn nicht zu berühren, als sie flüsterte: »Es ist das Wünschenswerte, was er anführt. Aber wonach fragt sein Herz? Was begehrt er in den Nächten, wenn die Träume ihn von höfischen Pflichten befreien?«
    Es war wie ein Zauber, dem Siegfried sich kaum zu entziehen vermochte. Der Ring an seiner Hand zerrte an ihm, stieß seine Arme nach vorn, damit sie Brunhilde umschlingen konnten. Es packte ihn die Gier, die Königin von Island zu besitzen, bevor Gunther ihren Leib genoss.
    Nein! Er stolperte einen Schritt zurück, die hungrigen Gedanken niederkämpfend. »Es tut mir Leid.«
    Brunhilde, ebenfalls aus der Magie des Augenblicks gestoßen, blickte ihn enttäuscht an. »Ich hatte gedacht, wir seien von den Göttern

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