01 - Der Ring der Nibelungen
aber darauf bedacht, niemanden zu berühren, bahnte sich der Held von Burgund den Weg zurück zum Feld aus Eis und Feuer. Nur wenige Augenblicke waren vergangen, aber Gunthers Lage hatte sich bereits sichtlich verschlechtert. Eine Wunde klaffte in seiner linken Schulter, und Blut floss aus dem gespaltenen Narbenfleisch an der Stelle, wo ihn Fafnirs Pranke einst getroffen hatte. Der Schild war sauber entzweigeschnitten, und müde Reste der Lederbespannung hingen am zersplitterten Holzrahmen. Seine Klinge war in Blut getaucht, doch es war das eigene, das von seiner Hand tropfte. Die Beine waren nass vom schweflig-heißen Wasser der Geysire, die ihn immer wieder durch dröhnendes Spektakel abzulenken suchten. Er torkelte im Kreis, die Gedanken nur noch an das eigene Überleben klammernd. Brunhilde hingegen sprang wie im Fieber zwischen den Fontänen und Lavapfützen, ihr Schwert beständig den Körper des Gegners suchend. Eine einzelne Strähne hatte sich aus dem Zopf gelöst und hing ihr trotzig ins Gesicht. Sie brauchte keinen Schild, denn sich zu verteidigen kam ihr nicht in den Sinn. Die schnelle Entscheidung war ihr Ziel, und ihr Gegner schien nun reif, sie herbeizuführen.
Siegfried rannte über das Feld, die Nähe der Niederlage ahnend. Sein unsichtbarer Körper warf sich zwischen beide Kämpfer, und Brunhildes Schwert rutschte wie an Stein gewordener Luft ab, bevor es Gunthers Leben beenden konnte. Sofort kam Siegfried wieder auf die Füße, gerade rechtzeitig, um dem König die Hand an den Hals zu legen. Nur diese schnelle Bewegung hielt den Kopf auf dem Körper, als die Klinge ihn forderte. Der Schlag warf Gunther jedoch zu Boden.
Brunhilde trat zwei Schritte zurück, um zu zeigen, dass sie einen wehrlos am Boden liegenden Mann nicht zu töten gedachte. Siegfried beugte sich ungesehen zu seinem König, die Stimme nur ein dünnes Flüstern im Wind. »Ich habe Euch den Sieg versprochen, mein König. Er kann Euer sein - nur holen müsst Ihr ihn Euch selbst. Keine Sorge, denn ich bin dabei Euer Schild!«
Gunther, vom Kampf ermattet und verwirrt, schüttelte den Kopf, als höre er den Wahnsinn rufen. Sein Blick glitt umher und fand doch nur Brunhilde, die schweigend darauf wartete, dass er sich ihr stellte. Er rappelte sich auf, das Schwert als Stütze nutzend, und warf die Reste seines Schildes fort. Die Königin wartete nicht auf seinen Angriff, sondern sprang mit hoch erhobener Klinge herbei, auf den Lippen der Schrei, der ihren Sieg verkünden sollte. Gunther fand sich außerstande, ihr auszuweichen. Es war Siegfried, der ihn gerade weit genug zur Seite schob, um die Bewegung nicht wie falsches Spiel aussehen zu lassen. Brunhilde, deren Körper ihrem Schwert folgte, stolperte vorbei, und Siegfrieds rechtes Knie trieb den Siegesschrei aus ihren Lungen. Sie sackte keuchend in die Knie, und der unsichtbare Gegner ließ die Gelegenheit nicht ungenutzt. Er packte den noch immer unentschlossenen Gunther und warf ihn gegen Brunhilde, dass es wie eine wilde Attacke aussah. Beide Herrscher fielen zu Boden, Mann auf Frau. Es wäre ein Leichtes für Brunhilde gewesen, sich mit schneller Drehung zu befreien, aber Siegfried trat neben sie, und sein Fuß presste ihre Hand mit dem Schwert auf den rauen Boden. Endlich kam Gunther wieder zur Besinnung und nutzte sein Gewicht, um die Königin von Island niederzudrücken. Er legte die breite Seite seiner Schwertklinge an ihren Hals, und Blut tropfte von seinen Lippen, als er mühsam seine Frage stellte. »Unterwerft Ihr Euch?«
Brunhildes Gesicht verzog sich im Schmerz, als Siegfried den Druck seines Fußes verstärkte.
»Unterwerft Ihr Euch?« , schrie Gunther heiser. »Unterwerft Ihr Euch Gunther von Burgund?«
Es war Forderung ebenso wie verzweifelte Bitte.
Siegfried spürte sein Herz aufbegehren, als er sah, wie der schon besiegte König die stolze Kriegerin Brunhilde unverdient bändigte. Doch es waren die alten Götter, die über Island wachten, denen das Urteil vorenthalten war.
Eine Fontäne heißen Wassers schoss aus der Erde, direkt unter der Hand der Königin, die ihr Schwert hielt. Die Wucht des Elements warf Siegfried zurück, und Brunhildes Klinge wurde in den Himmel getragen, als wollte der Geysir sie preisen. Doch dann stürzte sie wieder taumelnd zur Erde und bohrte sich ein paar Schritte entfernt ins Erdreich.
Die Fontäne prasselte heiß und beißend auf die Kämpfer, und ihre dampfenden Körper blieben unbewegt.
Eolind, die Isländer, Gernot und
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