01 - Ekstase der Liebe
Campion,
die Halle im Auge zu behalten. (Campion verstand sofort, dass die vage
Anweisung seines Herrn bedeutete, neugierige Augen von der Tür des Chinesischen
Salons fern zu halten.) Dann entführte Marcel seine Frau erfolgreich zu einem
musikalischen Frühstück.
Unterdessen
saß Charlotte im Chinesischen Salon stocksteif neben Alex.
»Warum
wollen Sie mich nicht heiraten?«, fragte er schließlich. Überrascht wandte sie
den Kopf, um ihn anzusehen. Er sah so gut aus und beinahe - konnte es
sein, dass er ein wenig ängstlich war? Charlottes Entschluss geriet erneut ins
Wanken. Aber nein. Sie führte ihre Gründe auf.- Er wollte sie in Wahrheit
nur als Kindermädchen und er hatte ihre Begegnung vor drei Jahren vergessen.
Was bedeutete, dass er jedes Mal, wenn sie ihm den Rücken zukehrte, Mädchen in
irgendwelchen Gärten unsittliche Anträge machen würde.
»Kann
ich nicht einfach nur nein sagen?«
»Nein«,
sagte Alex unbeugsam. »Nicht wenn Sie mich so küssen, wie Sie es tun.« Eine
leichte Röte stieg ihr ins Gesicht. 0 Gott, er hielt sie wirklich für ein
schamloses Flittchen. Wenn sie erwähnte, was vor drei Jahren geschehen war,
würde er wahrscheinlich einfach den Raum verlassen. Unsinnigerweise dachte sie
nicht darüber nach, warum es für sie einen Unterschied machte, ob Alex einfach
ging oder sie seinen Antrag ablehnte.
In dem
Salon herrschte Stille.
»Lassen
Sie mich raten«, sagte Alex mit etwas weicherer Stimme. »Sie haben die Gerüchte
gehört, dass ich unfähig sei, und ...«
Charlotte
schüttelte heftig den Kopf, den Blick fest auf die Sitzkissen geheftet.
»Sie
haben die Gerüchte nicht gehört, oder ist das nicht das Problem?«
»Ich
habe nicht ... Ich meine, ich habe davon gehört, meine Mutter hat es mir
erzählt, aber ich wusste ...« Sie biss sich auf die Lippe. Sie fühlte
sich, als müsse sie inzwischen feuerrot angelaufen sein.
Alex
lachte laut auf »Sie wussten es«, sagte er. »Sie sind bemerkenswert,
Charlotte.« Er streckte einen Finger aus und strich ihr über den Hals.
»Hören
Sie auf!«
Er zog
die Hand zurück, als hätte er sich verbrannt. Es herrschte wieder Schweigen
zwischen ihnen. Dann: »Ich warte, Charlotte.«Sein Stimme klang grimmig.
Charlotte
hob den Kopf und bat mit ihren Augen flehentlich um sein Verständnis. »Ich weiß
Bescheid über die Ehen der Londoner Gesellschaft«, sagte sie beinah flüsternd.
»Ich möchte keine solche Ehe. Ich ...« Sie unterbrach sich, als ein
lautes Klopfen die Ankunft des Teetabletts verkündete. Campion selbst brachte
es herein und strahlte das Paar onkelhaft an, während er geschickt den kleinen
Tisch deckte.
»Ich
habe auch einen kleinen Imbiss gebracht, Lady Charlotte. Der Herzog und die
Herzogin haben mich gebeten, Ihnen ihr Bedauern mitzuteilen, Mylord, und Ihnen
zu sagen, dass sie eine unaufschiebbare Verabredung hatten. Dennoch würden sie
sich freuen, wenn Sie ihnen beim Abendessen Gesellschaft leisten würden. Wenn
Sie noch etwas brauchen, rufen Sie bitte mit der Klingel, da wir die Lakaien an
anderer Stelle benötigen.« Campion verbeugte sich auf dem Weg aus dem Raum.
Sehr
schlau von dem Herzog, dachte Alex, der sofort richtig vermutete, dass Marcel
bei diesem unverhofften Tête-á-tête mit Charlotte seine Hand im
Spiel hatte.
Charlotte
beschäftigte sich eifrig mit dem Tablett und dachte darüber nach, was sie
eigentlich sagen wollte.
»Lieben
Sie mich?«, fragte sie geradeheraus.
»Sie
lieben?« Alex war völlig verblüfft. Sein erster Impuls war, »Ja, natürlich« zu
sagen und ihr einen Kuss auf die Lippen zu drücken. Aber er wollte, dass diese
Ehe anders war als seine erste, ermahnte er sich. Sie sollte ohne Lügen
beginnen.
»Nein«,
sagte er schließlich wohl überlegt. Charlotte erstarrte. »Aber, und das ist ein
faire Frage, lieben Sie mich?«
Charlotte
öffnete den Mund, aber Alex redete weiter. »Wissen Sie, ich glaube, dass Liebe
nicht so entsteht, wie Schriftsteller vorgeben. All diese Zeilen >Wer liebte
je, der nicht liebte auf den ersten Blick< haben sich Dichter ausgedacht,
nicht normale Menschen. Ich dachte, ich - Würde meine erste Frau
lieben, sofort als ich sie sah«, fuhr er langsam fort, beinah als redete er mit
sich selbst, dachte Charlotte. »Sie sah einem Mädchen sehr ähnlich, das ich
vorher hier in England getroffen hatte. Sie sah unschuldig, wunderschön aus ...
als habe sie in einem Kloster gelebt. Also habe ich gesagt, dass ich sie liebe,
und sie sagte, sie liebe mich, und
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