01 - Ekstase der Liebe
getragen hatte. Charlotte zeigte es
ihr vorsichtig. Sie fürchtete, sie könne es hässlich finden. Mall brach in
Tränen aus. Sie stand vor dem Bild und schluchzte erstickt.
»Aber
Mall ...« Charlotte war nicht sicher, was sie sagen sollte.
»Sie
ist es«, schluckte Mall. »Es ist meine Mom.«
Charlotte
sah auf das Porträt zurück. Sie sah durch Malls Augen hindurch, und da war eine
müde, ziemlich grimmige, kantige walisische Frau, die sie anstarrte. Mall hatte
aufgehört zu weinen und betrachtete das Bild.
»Sie
starb, als mein Bruder John geboren wurde. Es war einfach zu viel: acht Kinder,
einfach zu viel. Ich konnte nichts tun. Sie hat John nie zu Gesicht bekommen
...«
»Nimm
es. Nimm es mit nach Hause zu John.«
»Oh,
Mylady. Das könnte ich nicht!«
»Natürlich
kannst du. ich schenke es dir. Und ich werde dich nach Wales schicken, Mall.
Habe ich dir erzählt, dass ich dort ein Haus besitze? Nun, ich möchte, dass du
mit Keating dorthin gehst und nachsiehst, in welchem Zustand das Haus ist«,
sagte Charlotte mit fester Stimme. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie wusste,
warum, sie hatte ein wenig Angst. Viele Frauen starben bei der Niederkunft. Das
bedeutete nicht, dass sie sterben würde.
»Ich?«
Mall starrte sie mit aufgerissenen Augen an.
»Ja.«
»Aber
ich bin nur das dritte Hausmädchen, Mylady.«
»Nun,
jetzt wirst d u lernen, Haushälterin zu sein. Und ich
möchte,
dass du am Haus deines Vaters Halt machst und eine
gute
Woche mit deiner Familie verbringst, bevor du deine neue
Stellung
antrittst.«
Charlotte
schickte Keating und Mall mit der Anordnung nach Wales, das Haus zu öffnen und
eine umfassende Liste der Dinge aufzustellen, die benötigt wurden, um es
aufzupolieren. Die Rosen krochen über das Dach des Gitterhauses, Pippa lernte,
in ganzen Sätzen aus drei Wörtern zu sprechen. Sie entwickelte eine
leidenschaftliche Zuneigung für die Küchenkatze, die schnell lernte, ihre
kleinen Schritte zu erkennen und zu verschwinden.
Von
Alex gab es immer noch keine Nachricht. Charlotte gestattete sich nur für kurze
Augenblicke, an ihn zu denken, wenn sie aufwachte oder kurz bevor sie
einschlief. Sie scheute davor zurück, sich seine Wut vorzustellen, wenn er den Tatler sah und herausfand, dass dieser schreckliche Staple nicht nur die
Einzelheiten über das hässliche Chaos ihrer Hochzeitsnacht erzählt, sondern
auch noch einige Dinge selbst erfunden hatte, wie den Schrei, den eines der
Mädchen angeblich gehört hatte: »Wehe mir! Ich werde keine Kinder haben!«
Charlotte schauderte immer noch jedes Mal, wenn sie an den Tatler dachte.
Als
Sophie zu Besuch kam, zeigte sie sich unverschämt vergnügt über den Skandal.
Sie erzählte Charlotte nicht, dass ihre Mutter ihr verboten hatte, sie zu
besuchen, und dass Sophie eine ganze Woche mit ihr gekämpft hatte, bevor Eloise
schließlich ihre Einwilligung gegeben hatte. Tatsächlich hatte die Marquise
erst nachgegeben, als Sophie gedroht hatte, in der nächsten Saison einen
Skandal zu verursachen, der Charlottes kleine Probleme in den Schatten stellte.
Selbst dann hatte Sophie ihrer Mutter noch anschaulich schildern müssen, bei
was sie erwischt werden würde, bevor diese schließlich nachgab und ihr
erlaubte, Charlotte zu besuchen.
»Wehe
nür!«, rief Sophie vergnügt, als sie und Charlotte nach dem Abendessen im
frisch renovierten Grünen Salon saßen. »Wehe mir! Ich werde keine Kinder haben!
Ich fürchte, Braddon hat seine Verfolgung aufgegeben.«
Charlotte
starrte sie wütend an. »Mach dich nicht darüber lustig, Sophie! Alex wird rasen
vor Wut, wenn er zurückkommt. Wenn er zurückkommt.«
Sophie
verdrehte die Augen. »Der vernarrteste Mann im ganz London und du hast Angst,
dass er nicht zurückkommt? Was glaubst du denn, was er macht?«
»Ich
weiß es nicht«, gestand Charlotte. »Er hat gesagt, dass er zwei Monate weg sein
würde, und es ist jetzt schon mehr als doppelt so lang. Und er hat nur einen
Brief geschickt. Und ich sitze hier im achten Monat schwanger«, sie zeigte vage
auf ihren immer dicker werdenden Bauch, »und er weiß noch nicht einmal, dass
wir ein Kind bekommen. Oh, Sophie«, klagte Charlotte, »glaubst du, dass er nach
Frankreich gegangen und nicht mehr herausgekommen ist?«
»Nein.
In diesem Fall hätte dich das Außenministerium informiert. Hast du versucht,
dem Halunken zu schreiben, der ihn auf diese Mission geschickt hat?« Sophie
teilte Charlottes Ahnung, dass die ganze Idee, ein >Päckchen< in
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