01 - Geheimagent Lennet wird ausgebildet
Gelegenheit benützt, dessen Rolle zu spielen.
»Natürlich", sagte sie. »Hast du es vielleicht nicht schon erraten?«
»Und darf man wissen, seit welcher Zeit du der feindliche Agent bist? Seit Schulbeginn, nicht wahr?
»Nein, erst seit drei Tagen.«
»Seit drei Tagen?« Das änderte alles!
»Ja, da hat mich Hauptmann Ruggiero zu sich berufen und mir mitgeteilt, daß man noch keinen fiktiven feindlichen Agenten bestimmt habe, daß ich es aber von nun an sein werde.
Das hat mich gar nicht gefreut, kann ich dir versichern!«
Lennet hatte seine Hände und Beine von ihr gelöst. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als ihr zu glauben.
»Und nachher?«
»Was heißt nachher? Nachher hat sie mir diese Boje und diesen Sender gegeben, um sie ins Wasser zu setzen. Das ist alles.«
Lennet richtete sich auf und half auch Corinna beim Aufstehen. »Komm mit mir zu Hauptmann Ruggiero, wir wollen deine Geschichte gleich kontrollieren lassen.«
»Machen Sie sich keine Ungelegenheiten", verkündete plötzlich ein unsichtbarer Lautsprecher. »Corinna hat die Wahrheit gesagt. Und Sie, Armand, bekommen einen Gutpunkt dafür, daß Sie einen feindlichen Agenten drei Tage nach seiner Ernennung überführt haben.«
»Hauptmann Ruggiero", rief Corinna aus, »muß Papa wirklich erfahren, wie dumm ich mich benommen habe?«
»Das hängt nicht von mir ab, Kind", erwiderte der Lautsprecher. »Jedenfalls wäre es angezeigt, zu niemandem von diesem Abenteuer zu sprechen. Und ich bitte auch Armand, das gleiche zu tun.«
Die Stimme verstummte. Corinna und Lennet wechselten einen Blick. Dann kehrten sie in ihre Kabinen zurück.
Ein geheimnisvoller Auftrag
Die Monate vergingen...
Die Schulzeit neigte sich dem Ende zu.
Die dreißig sorgfältig ausgewählten, wenn auch immer noch etwas linkischen und naiven jungen Leute, die sich zehn Monate zuvor auf der »Napoleon" eingeschifft hatten, waren zwar nicht zu eingetragenen Spezialagenten, aber immerhin zu Jungen und Mädchen geworden, die die Einsamkeit gestählt hatte und die sich in ihrem Beruf so weit ausgebildet hatten, wie es möglich war.
Ihre Lehrer hingegen hatten es nicht viel weiter gebracht: Der feindliche Spion war noch immer nicht entdeckt!
Schulschluß war auf Samstag, den 7. Juli, festgesetzt. Die offizielle Verteilung der FND-Agentenausweise würde um zehn Uhr vormittags stattfinden, in Anwesenheit eines Stellvertreters des Chefs, wenn nicht sogar von diesem persönlich, sowie eines Vertreters der Regierung. Mittwoch, Donnerstag und Freitag waren ausschließlich für die Ausführung der Schlußprüfungsarbeiten vorgesehen. Sämtliche Prüfungen sollten unbedingt Freitag um zehn Uhr abends beendet sein.
Von Dienstag mittag an wurden die Schüler der Reihe nach in das Konferenzzimmer gerufen. Dort stellte ihnen entweder Hauptmann Montferrand oder Hauptmann Ruggiero ihre letzte Schulaufgabe.
Lennet bekam am Mittwoch die Aufgabe, aus dem Senderaum des Schiffes das streng geheime »Sendeprogramm" zu beschaffen, die jeweils zwei Tage im voraus von Paris chiffriert durchgegebenen Angaben über die neue Wellenlänge und die nächste Sendezeit, die ja beide ständig wechselten, um die Positionen des Schiffes geheimzuhalten. Lennet sollte in den Senderaum eindringen, das Programm mit einer Minikamera fotografieren und es bis zum Donnerstagabend Hauptmann Montferrand bringen.
Das war nicht leicht. Lennet hatte aber inzwischen viel gelernt, beherrschte schon die raffiniertesten Tricks - so konnte er bereits am nächsten Morgen die Fotokopie des geheimen Dokumentes abliefern!
Hauptmann Montferrand paffte an seiner Pfeife und sagte bloß: »Schon? Danke!«
Und Lennet nahm an, daß die Prüfung beendet sei...
Aber er täuschte sich. Kaum hatte er sich Donnerstag abend schwelgerisch in völliger Stille dem Schlaf hingegeben - denn die Hypnosekurse wurden nicht mehr gesendet - als an seine Tür geklopft wurde.
Sein »Herein!« hatte er noch gar nicht ganz ausgesprochen, da öffnete sich schon die Tür, und eine unverkennbar weibliche Gestalt erschien im Spalt. Lennet streckte die Hand nach dem Lichtschalter aus, aber ein heiseres Flüstern ließ ihn innehalten.
»Bemühen Sie sich nicht, ich habe den Strom abgeschaltet.«
Lennet setzte sich auf. Kein Strom, also keine Mikrofone, keine Kameras, aber auch kein Licht. Die Besucherin legte zweifellos Wert darauf, nicht erkannt zu werden, wenn sie jemandem im Gang begegnete.
»Guten Abend, Frau Hauptmann", sagte Lennet. »Leiden
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