Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
gespielt von einer Tochter, die am Peabody-Konservatorium studiert hatte. Aber sie waren alle an Orte gezogen, wo es mehr Grün gab, und dieses Haus war nun auch leer, ein brauner dreistöckiger Geist aus einer anderen Zeit. Es überraschte ihn, wie breit die Straßen waren, vielleicht deswegen, weil zur Zeit der Planung die vorherrschenden Verkehrsmittel breite Pferdekutschen gewesen waren. Kelly verscheuchte den Gedanken. Es war nicht relevant, und sein Verstand mußte sich auf solche Dinge konzentrieren, die es waren.
    Schließlich waren vier Stunden vergangen, als die drei wieder herauskamen, die Männer voran, das Mädchen hinterdrein. Sie war kleiner als Pam, untersetzter. Kelly riskierte es, den Kopf leicht zu heben, um hinzuschauen. Er brauchte einen richtigen Eindruck von Billy, der wohl der Fahrer sein würde. Keine sehr beeindruckende Gestalt, vielleicht eins achtzig, schlank bei etwa 75 Kilo, etwas Glänzendes am Handgelenk, eine Uhr oder ein Kettchen; er bewegte sich gewandt - und mit Arroganz. Der andere war größer und feister, aber ein Untergebener, dachte Kelly, so, wie er sich bewegte und hinterherging. Das Mädchen, sah er, folgte ihnen noch unterwürfiger, mit gesenktem Kopf. Ihre Bluse, wenn es eine war, war nicht ganz zugeknöpft, und sie stieg in den Wagen, ohne ihren Kopf zu heben, um sich umzusehen oder sonst etwas zu tun, das ein Interesse an der Welt um sie herum bekundete. Das Mädchen bewegte sich langsam und unstet, wahrscheinlich wegen der Drogen, aber das war nicht alles. Da war noch was anderes, was Kelly nicht ganz deuten konnte, ihn aber dennoch nachhaltig irritierte... eine gewisse Schlaffheit vielleicht. Keine Trägheit in ihren Bewegungen, sondern etwas anderes. Kelly mußte heftig blinzeln, als ihm einfiel, wo er das schon gesehen hatte. In der ville beim Unternehmen PLASTIC FLOWER. So hatten sich die Dorfbewohner bewegt, um sich zu versammeln, wenn sie dazu aufgerufen worden waren. Resignierte, automatische Bewegungen wie bei lebendigen Robotern unter der Kontrolle jenes Major und seiner Soldaten. Genauso wären sie auch in ihren Tod gegangen. Und so bewegte sie sich. Und auch sie würde es genauso machen.
    Es stimmt also, dachte Kelly. Sie benutzen die Mädchen tatsächlich als Kuriere... unter anderem. Das Auto startete vor seinen Augen, und so, wie der Fahrer mit dem Wagen umging, konnte es nur Billy sein. Der Wagen preschte die paar Meter bis zur Ecke vor, bog dann links ab und beschleunigte mit quietschenden Reifen über die Kreuzung, bis Kelly ihn nicht mehr sah. Billy, eins achtzig, schlank, Uhr oder Kettchen, arrogant. Die genaue Personenbeschreibung war in Kellys Gehirn eingebrannt, zusammen mit dem Gesicht und der Haarfarbe. Er würde nichts davon vergessen. Die andere männliche Gestalt, die ohne Namen, war auch registriert - ihr Schicksal stand ihr sehr viel unmittelbarer bevor, als sie dachte.
    Kelly zog die Uhr aus seiner Tasche. Zwanzig vor zwei. Was hatten sie dort drinnen getan? Da fielen ihm andere Dinge ein, die Pam erzählt hatte. Eine kleine Party wahrscheinlich. Dieses Mädchen, wer immer sie auch war, hatte nun womöglich auch Samenflüssigkeit der Gruppen 0 positiv, 0 negativ oder AB negativ in sich. Aber Kelly konnte nicht die ganze Welt retten, und das Beste, was er zur Rettung des Mädchens tun konnte, war ganz bestimmt nicht, sie direkt zu befreien. Er entspannte sich, nur ein kleines bißchen, und wartete noch, weil er nicht wollte, daß seine Aktionen so aussahen, als würden sie mit irgend etwas in Verbindung stehen, falls jemand ihn gesehen hatte oder ihn jetzt noch beobachtete. In einigen dieser Häuser brannte Licht, und so harrte er noch weitere dreißig Minuten an seinem Platz aus und kämpfte gegen den Durst und einige leichtere Krämpfe an, bevor er aufstand und zur Ecke schlurfte. Heute war er sehr umsichtig gewesen, sehr umsichtig und sehr erfolgreich, und jetzt war es Zeit für die zweite Phase der Nachtarbeit. Zeit seine Ablenkungsmanöver fortzuführen.
    Er hielt sich hauptsächlich an die Nebengassen, bewegte sich langsam, schwankte mehrere Blocks lang in Schlangenlinien von links nach rechts, bis er wieder auf die Straßen zurückging. Er hatte nur einmal kurz innegehalten, um sich die Gummihandschuhe aus dem Krankenhaus überzustreifen. Er kam an einigen Dealern und ihren Leutnants vorbei, suchte nach dem richtigen. Sein Weg bestand aus einer Folge von rechtwinkligen Haken, mit dem Parkplatz seines VW im Zentrum. Er mußte auf der

Weitere Kostenlose Bücher