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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Spurensicherung sagen. Entweder hat er sich das Messer selbst in den Nacken gerammt, oder der Verdächtige trug Handschuhe.«
    Ganz schön heiße Jahreszeit für Handschuhe. Emmet Ryan lehnte sich zurück, starrte die Beweisstücke auf seinem Schreibtisch an und sah dann Tom Ryan an, der neben ihm stand. »Gut Tom, mach weiter.«
    »Wir haben vier Tatorte mit insgesamt sechs Opfern. Kein einziges Indiz. Fünf der Opfer - an drei Schauplätzen - waren Dealer. Zwei unterschiedliche Tathergänge. In keinem dieser Fälle Zeugen, in etwa die gleiche Tatzeit und alle innerhalb eines Gebiets von fünf Blocks.«
    »Solide Arbeit.« Lieutenant Ryan nickte. Vor geschlossenen Augen ließ er die einzelnen Tatorte an sich vorüberziehen, dann verglich er die Fakten. Mal Raub, mal kein Raub, unterschiedliche Vorgehensweise. Doch im letzten Fall gab es eine Zeugin. Gehen Sie nach Hause, Madam. Warum war er so höflich? Ryan schüttelte den Kopf. »Im wahren Leben geht es nicht zu wie bei Agatha Christie, Tom.«
    »Dieser Knabe von heute nacht, Em. Erklär mir die Methode, mit der unser Freund ihn umgelegt hat.«
    »Er hat das Messer dort angesetzt... etwas in der Art habe ich schon seit langem nicht mehr gesehen. Starker Kerl. Einmal hatte ich einen Fall... das war so 58, 59.« Ryan hielt inne, um seine Gedanken zu ordnen. »Ein Klempner, glaube ich, so ein richtig vierschrötiger Typ, fand seine Frau im Bett mit einem anderen. Er ließ den Mann abziehen, dann nahm er ein Stemmeisen, hob ihren Kopf an -«
    »Da muß einer aber schon ganz schön ausgerastet sein, um so eine harte Tour durchzuziehen. Also Wut, ja? Warum gerade diese Methode?« fragte Douglas. »Eine Kehle läßt sich viel einfacher durchschneiden, und das Opfer ist genauso tot.«
    »Aber mit viel mehr Schweinerei. Und Lärm... « Ryan setzte den Satz nicht fort, er dachte die Sache durch. Die meisten Menschen wußten nicht, daß ein Opfer, dem die Kehle durchgeschnitten wurde, viel Lärm machte. Beim Durchtrennen der Luftröhre gab es ein entsetzliches gurgelndes Geräusch, und wenn nicht, schrien die Leute bis zu dem Zeitpunkt ihres Todes. Und dann war da noch das Blut, das wie Wasser aus einem aufgeschnittenen Schlauch sprudelte und sich über Hände und Kleider des Mörders ergoß.
    Wenn man aber jemanden auf die Schnelle töten wollte, stark genug war und den anderen sowieso schon halb außer Gefecht gesetzt hatte, dann war die Schädelbasis an der Stelle, wo Rückenmark und Gehirn zusammentreffen, geradezu ideal: Die Sache war schnell vorbei und noch dazu geräuschlos und relativ sauber.
    »Die zwei Dealer lagen nur wenige Blocks entfernt, und die Todeszeit ist fast identisch. Unser Freund erledigt sie, marschiert davon, biegt um die Ecke, und sieht, wie Mrs. Charles überfallen wird.«
    Lieutenant Ryan schüttelte den Kopf. "Aber warum geht er nicht weiter, rüber auf die andere Straßenseite? Das wäre doch das Nächstliegende gewesen. Warum mischt er sich ein? Ein Killer mit moralischen Grundsätzen, was?« fragte Ryan. Dies war der Punkt, an dem ihre Theorie in sich zusammenstürzte. »Und wenn es derselbe ist, der die Dealer umnietet, was ist dann sein Motiv? Außer bei den beiden in der letzten Nacht sieht es nach Raub aus. Vielleicht hat ihn gestern irgendwas in die Flucht getrieben, bevor er Geld und Drogen einsacken konnte. Ein Auto auf der Straße oder irgendein Geräusch. Aber we nn wir es als Raub betrachten, paßt das nicht zu Mrs. Charles und ihrem Freund. Tja, Tom, alles nur Spekulation.«
    »Vier einzelne Fälle, keine greifbaren Beweise und ein Täter, der Handschuhe trägt. Ein Penner mit Handschuhen!«
    »Das reicht nicht, Tom.«
    »Trotzdem habe ich die vom Western District angewiesen, die Penner mal ordentlich durchzusieben.«
    Ryan nickte. Das war nur recht und billig.
    Gegen Mitternacht verließ Kelly die Wohnung. Unter der Woche war seine Umgebung angenehm ruhig in der Nacht. In der alten Apartmentsiedlung wohnten nur Leute, die sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmerten. Nach seinem Abschied vom Verwalter hatte er keine Hand mehr geschüttelt. Ein paar Leute hatten ihm freundlich zugenickt, das war alles. Kinder gab es in diesem Komplex fast keine; die meisten Anwohner waren Ehepaare im mittleren Alter, abgesehen von einigen wenigen verwitweten Alleinstehenden. Zumeist Büroangestellte, von denen erstaunlich viele mit dem Bus zur Arbeit in die Stadt fuhren, abends das Fernsehgerät einschalteten und zwischen zehn und elf ins Bett

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