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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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serologischen Gutachten aufgeführt«). Die zahlreichen Schnitte und Prellungen an Händen und Unterarmen des Opfers wurden als »verteidigungstypisch« bezeichnet. Pam hatte um ihr Leben gekämpft. Ihr Kiefer und drei andere Knochen waren gebrochen. So hatte sie beispielsweise eine komplizierte Fraktur des linken Ellenbogens davongetragen.
    Kelly legte den Bericht beiseite und starrte eine Weile auf den Horizont, bevor er wieder in der Lage war, weiterzulesen. Zwar zitterten seine Hände nicht, und kein Wort kam über seine Lippen, doch er brauchte Abstand zu der kalten medizinischen Terminologie.
    »Wie du an den Fotos selbst siehst, Sam«, stand auf einer hinzugefügten Seite in Handschrift, »waren hier offensichtlich Wahnsinnige am Werk. Es war bewußte Folter, und sie muß Stunden gedauert haben. Auf eine Sache geht der Bericht nicht ein. Sieh dir mal Foto Nr. 6 an. Jemand hat ihr die Haare gekämmt oder gebürstet, wahrscheinlich, oder sogar mit ziemlicher Sicherheit, post mortem. Das ist dem zuständigen Pathologen anscheinend entgangen, aber er ist auch noch ein Neuling (Alan war gerade verreist, als wir sie hereinbekamen, sonst hätte er den Fall sicher selbst behandelt).
    Das wirkt zwar ein wenig verrückt, aber auf dem Foto erkennt man es ganz deutlich. Komisch, daß er dieses eindeutige Indiz übersehen hat. Vielleicht war es sein erster Fall von diesem Kaliber, und er hat sich zu sehr darauf konzentriert, die bedeutenden Verletzungen aufzuführen, als daß er auch noch so etwas Geringfügiges bemerkt hätte. Ich höre, du hast das Mädchen gekannt. Es tut mir leid, mein Freund.
    Brent«, lautete die Unterschrift, besser lesbar als auf dem Deckblatt. Kelly schob die Blätter zurück in den Umschlag. Er öffnete die Schublade einer Kommode und holte eine Schachtel Munition für seine .45er heraus, lud die Automatik mit zwei Magazinen und legte die Waffe in die Schublade zurück. Es gab wohl kaum etwas Nutzloseres als eine ungeladene Pistole. Anschließend ging er in die Kombüse und fischte sich die größte Dose, die er entdecken konnte, aus dem Regal. Auf seinem Platz am Armaturenbrett nahm er die Dose in die linke Hand und setzte das fort, was er nun schon fast eine Woche lang praktizierte. Er stemmte die Dose wie eine Hantel, nach oben und unten, nach innen und außen, und während sein Blick über das Wasser glitt, begrüßte er den Schmerz. Er genoß ihn.
    »Niemals wieder, Johnny«, sagte er laut zu sich selbst.
    »Wir machen keinen Fehler mehr. Keinen einzigen.«
    Die C-14 landete kurz nach Mittag auf dem neben Fort Bragg gelegenen Luftwaffenstützpunkt Pope in North Carolina. Es war das Ende eines Routineflugs, der mehr als zwölftausend Kilometer entfernt seinen Anfang genommen hatte. Unsanft setzte der Jet mit den vier Triebwerken auf der Landebahn auf. Die Besatzung war trotz der gelegentlichen Pausen, die sie unterwegs eingelegt hatten, müde, und auf ihre Passagiere brauchten sie keine Rücksicht zu nehmen. Auf Flügen wie diesem wurde meist nur tote Fracht transportiert. Soldaten, die vom Schauplatz der Ereignisse zurückkehrten, flogen gewöhnlich in »Freiheitsfliegern«, den sogenannten »Freedom Birds«. Das waren zumeist von kommerziellen Fluglinien gecharterte Maschinen mit Stewardessen, die auf dem langen Flug zurück in die normale Welt großzügig ihr Lächeln und kostenlose Drinks austeilten. Derartige Annehmlichkeiten waren auf dem Flug nach Pope überflüssig. Die Piloten begnügten sich mit den üblichen Lunchpaketen der U.S. Air Force, und die meiste Zeit verkniffen sie sich sogar die bei jungen Fliegern üblichen dummen Sprüche.
    Als die Maschine auf der Landebahn ausrollte, streckte sich die Besatzung in den Sesseln. Der Pilot, ein Captain, kannte die Prozedur auswendig; trotzdem wurde er von einem grell angemalten Jeep empfangen, für den Fall, daß er sie vergessen hatte. Hinter dem Jeep rollte er zu den Lagerhallen. Er und seine Mannschaft machten sich schon lange keine Gedanken mehr über die Art ihrer Aufgabe. Es war eine Arbeit, die nun mal getan werden mußte, und damit basta, dachten sie, als sie die Maschine verließen, um die vorgeschriebene Freizeit anzutreten. Gewöhnlich bedeutete dies nach einem kurzen Bericht und der Meldung sämtlicher Mängel, die in den vergangenen dreißig Stunden an der Maschine aufgetreten waren, einen Sprung in die Offiziersmesse zu einem Drink, bevor sie sich zum Duschen und Ausschlafen in die Quartiere

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