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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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verändert hatte, daß zwischen ihnen etwas ganz anders geworden war. Er war plötzlich nicht mehr nur der sanfte Simon, dessen Zärtlichkeit und Wärme ihr das Herz geöffnet hatten, sondern ein feuriger Liebhaber, dessen Blick allein sie erregte. Du lieber Himmel, Deborah, du bist ja ein richtiges Sexmonster, dachte sie erheitert.
    Simon hörte ihr unterdrücktes Gelächter.
    »Deborah?« fragte er.
    Hank versetzte ihm einen vertraulichen Stoß in die Rippen.
    »Machen Sie sich nur um die Braut keine Sorgen«, meinte er. »Am Anfang sind sie alle ein bißchen scheu.«
    Er stolzierte voraus wie ein kundiger Fremdenführer und machte seine Frau immer wieder mit einem »Knips das, Böhnchen! Rein damit in den Kasten!« auf interessante Details aufmerksam.
    »Tut mir leid, Liebes«, murmelte Simon, während sie den Amerikanern durch den verfallenen Tagesraum, über den Hof in den Kreuzgang folgten. »Ich dachte, ich hätte ihn uns mindestens bis Mitternacht vom Hals geschafft. Fünf Minuten später, und er hätte uns in einer wirklich peinlichen Situation erwischt.«
    »Stell dir das vor!« Sie lachte. »Ach Simon, stell dir vor, er hätte uns wirklich erwischt. Er hätte geschrien: ›Rein damit in den Kasten, Böhnchen‹, und unser Liebesleben wäre vielleicht auf ewig zerstört gewesen.«
    Ihre Augen strahlten, und ihr Haar leuchtete in der Nachmittagssonne. Simon sog scharf den Atem ein. »Das glaube ich nicht«, sagte er ruhig.

    Die Totenhöhle war in der ehemaligen Sakristei, die jetzt nur noch ein schmaler, unüberdachter, von Gras und wilden Blumen überwucherter Gang war, gleich hinter dem Südquerschiff der alten Kirche. Vier gewölbte Nischen waren hier in eine Wand eingelassen, und auf eine von diesen deutete Hank mit blutrünstiger Dramatik.
    »In einer von denen«, verkündete er. »Rein damit in den Kasten, Böhnchen.« Er trampelte durch das Gras und stellte sich grinsend in Pose. »Das war anscheinend das Zimmer, wo die Mönche ihre Kirchengewänder hatten. So eine Art Kammer. Und in der betreffenden Nacht wurde das Baby einfach hier ausgesetzt und dem Tod überlassen. Ganz schön gemein, was?« Er kam wieder zu ihnen zurück. »Aber genau die richtige Größe für einen Säugling«, fügte er hinzu. »Wie eine Opfergabe.«
    »Ich glaube nicht, daß die Zisterzienser auf diesem Gebiet tätig waren«, bemerkte Simon. »Und Menschenopfer sind schon seit einer Reihe von Jahren nicht mehr Mode.«
    »Ja, was glauben Sie denn dann? Von wem war das Baby?«
    »Ich habe keine Ahnung«, antwortete Simon, der sehr wohl wußte, daß jetzt gleich die Theorie kommen würde.
    »Dann lassen Sie sich mal von mir erzählen, wie das war. Böhnchen und ich haben's uns nämlich gleich am ersten Tag überlegt. Stimmt's, Böhnchen?« Er wartete, bis seine Frau brav genickt hatte. »Kommen Sie hier rüber. Dann will ich Ihnen beiden mal was zeigen.«
    Er führte sie durch das Querschiff, über die holprige Pflasterung des Sanktuariums, durch ein Loch in der Mauer aus dem Gelände der Abtei hinaus.
    »Da!« Er wies triumphierend auf einen schmalen Pfad, der in nördlicher Richtung durch den Wald führte.
    »Ja, ich seh's«, sagte Simon.
    »Und? Wissen Sie jetzt auch, wie's war?«
    »Nein, das nicht.«
    Hank prustete freudig. »Natürlich nicht. Weil Sie's nicht durchdacht haben wie Böhnchen und ich, nicht wahr, Sugarbaby?«
    Sugarbaby nickte betrübt und blickte in stummer Zerknirschung von Simon zu Deborah.
    »Zigeuner«, fuhr Hank fort. »Okay, okay, ich geb's zu. Böhnchen und ich haben die Geschichte erst richtig in den Griff gekriegt, als wir sie heute sahen. Sie wissen schon - die Wohnwagen, die da am Straßenrand stehen. In der Nacht damals müssen auch welche dagewesen sein. Das Baby kann nur von ihnen stammen.«
    »Soviel ich weiß, lieben Zigeuner ihre Kinder sehr«, entgegnete Simon trocken.
    »Aber das Kind nicht«, entgegnete Hank unerschüttert. »Lassen Sie sich ins Bild setzen, Sportsfreund. Danny und Ezra sind irgendwo da drüben -« er winkte mit einer Hand in Richtung der Ruine - »kurz vorm Vollzug. Da kommt hier auf dem Weg ein altes Zigeunerweib mit einem Säugling angeschlichen.«
    »Ein altes Weib?«
    »Na klar, das liegt doch auf der Hand. Sie schaut sich verstohlen um, erst nach rechts, dann nach links.« Hank machte es vor. »Dann huscht sie in die Kirche. Da schaut sie sich nach einem geeigneten Platz um, und, plop! schon ist das Ding geritzt.«
    »Es ist zweifellos eine interessante Theorie«,

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