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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ordentlich und klar.
    Hinter dem Wohnzimmer gab es noch einen Raum, eine Art Arbeitszimmer und Bibliothek, wie sie sahen, als sie die Tür öffneten und einen Moment überrascht innehielten.
    An drei der vier Wände standen Regale, die bis zur Decke reichten, und jedes Bord war buchstäblich bis zum Brechen mit Büchern gefüllt. Bücher, die ordentlich in Reih und Glied standen. Bücher in Stapeln. Bücher sogar auf dem Boden.
    »Aber Stepha Odell sagte doch -«
    »- daß es keine Leihbibliothek gibt und Roberta sich deshalb regelmäßig den Guardian holte«, vollendete Lynley. »Weil sie alle Bücher im Haus bereits gelesen hatte - wie ist das möglich? - und Marsha Fitzalans dazu. Wer ist übrigens Marsha Fitzalan?«
    »Die Lehrerin«, antwortete Barbara. »Sie wohnt in der St. Chad's Lane. Neben den Gibsons.«
    »Danke«, murmelte Lynley, schon dabei, die Regale zu inspizieren. Er setzte seine Lesebrille auf. »Hm. Ein bißchen was von allem. Die Brontës scheinen hoch im Kurs gestanden zu haben.«
    Barbara kam zu ihm. »Jane Austen«, las sie vor. »Dickens, Lawrence. Hauptsächlich die Klassiker.«
    Sie zog Stolz und Vorurteil heraus und schlug es auf. »Tessa« stand in kindlichen Schriftzügen quer über das Vorsatzblatt geschrieben. Denselben Namenszug fand sie in den Bänden von Dickens und Shakespeare und sämtlichen Romanen der Brontës.
    Lynley trat zu einem antiken Lesepult, das vor dem einzigen Fenster des Raumes stand. Auf ihm lag eine große Bibel. Sein Blick glitt über die mit Illustrationen verzierte Seite, die aufgeschlagen war.
    »›Ich bin Joseph, euer Bruder‹«, las er, »›den ihr nach Ägypten verkauft habt. Und nun bekümmert euch nicht und denkt nicht, daß ich darum zürne, daß ihr mich hierher verkauft habt; denn um eures Lebens willen hat mich Gott vor euch hergesandt. Denn es sind nun zwei Jahre, daß Hungersnot im Lande ist, und sind noch fünf Jahre, daß weder Pflügen noch Ernten sein wird. Aber Gott hat mich vor euch hergesandt, daß er euch übriglasse auf Erden und euer Leben erhalte zu einer großen Errettung.‹«
    Er blickte auf und sah Barbara an.
    »Ich werde nie verstehen, warum er seinen Brüdern vergeben hat«, sagte sie. »Nach dem, was sie ihm angetan hatten, hatten sie den Tod verdient.«
    Ihre Worte verrieten Bitterkeit. Er klappte behutsam das Buch zu, nachdem er die Seite mit einem Zettel vom Sekretär eingemerkt hatte.
    »Aber er hatte etwas, das sie brauchten.«
    »Zu essen«, stieß sie verächtlich hervor.
    Er nahm die Brille ab.
    »Ich glaube nicht, daß es überhaupt mit dem Essen zu tun hatte«, meinte er. »Was ist oben?«

    Das erste Stockwerk hatte einen einfachen Grundriß: vier Zimmer, eine Toilette, ein Bad. Alle gingen sie von einer quadratischen Diele in der Mitte ab, die durch ein großes Oberlicht aus Milchglas erhellt wurde, eine nachträgliche Modernisierung zweifellos. Man hatte den Eindruck, in einem Gewächshaus zu stehen, nicht unschön, aber ungewöhnlich in einem Bauernhaus.
    Das Zimmer gleich rechts schien ein Gästezimmer zu sein. Ein sauber gemachtes Bett mit cremefarbenem Überwurf, relativ klein, wenn man die Größe der Hausbewohner bedachte, stand an der einen Wand. Der Teppich mit einem Muster von Rosen und Farnen schien sehr alt zu sein, die einst leuchtenden Rot- und Grüntöne waren verblaßt und verschmolzen in einem beruhigenden Rostbraun miteinander. Die Tapete hatte ein Streublümchenmuster. Schrank und Kommode waren leer.
    »Das erinnert mich an ein Zimmer in einem Gasthaus«, bemerkte Lynley.
    Barbara warf einen Blick zum Fenster hinaus; eine uninteressante Aussicht auf Stall und Hof.
    »Es scheint nie benutzt worden zu sein.«
    Lynley zog den Bettüberwurf zurück. Die Matratze darunter war voller Flecken, das Kopfkissen vergilbt.
    »Hier wurden anscheinend auch keine Gäste erwartet. Komisch, daß das Bett nicht gemacht ist.«
    »Nein, gar nicht. Warum soll man es beziehen, wenn es doch nicht benutzt wird?«
    »Na ja, es könnte doch sein -«
    »Soll ich gleich ins nächste Zimmer gehen, Inspector?« fragte Barbara ungeduldig. Das Haus bedrückte sie.
    Ihr Ton veranlaßte Lynley aufzublicken. Er zog den Überwurf wieder über das Bett, genauso, wie er gewesen war, und setzte sich auf die Bettkante.
    »Was ist, Barbara?« fragte er.
    »Nichts«, antwortete sie, aber sie hörte selbst den Unterton von Panik in ihrer Stimme. »Ich möchte nur gern fertig werden. Das Zimmer hier ist offensichtlich seit Jahren nicht

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