Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
Frechheit? Ich sitze hier ganz ruhig und nähre meine Seele mit Bach, als ich aus dem Fenster schaue und sehe, wie er sich in meinem Garten häuslich einrichtet, dieser Schlawiner.«
    »Zum Malen dürfte es ein wenig spät am Nachmittag sein«, meinte Lynley.
    Er schlenderte zum Fenster. Weder der Fluß noch der Garten waren vom Zimmer aus zu sehen. Er überlegte, was Parrishs Lüge zu bedeuten hatte.
    »Nun, wer weiß, was in den Köpfen dieser großen Meister des Pinselstrichs vorgeht«, sagte Parrish mit unverhohlenem Spott. »Hat Whistler die Themse nicht mitten in der Nacht gemalt?«
    »Ich weiß nicht recht, ob Ezra Farmington in Whistlers Klasse ist.«
    Lynley sah, wie Parrish eine Packung Zigaretten herauszog und mit zittrigen Fingern vergeblich versuchte, sie anzuzünden. Er ging zu ihm und gab ihm Feuer.
    Parrishs Blick traf den seinen und versteckte sich dann hinter Rauchschleiern.
    »Danke«, sagte er. »Eine scheußliche Szene. Aber ich habe Sie in meinem Haus noch gar nicht willkommen geheißen. Etwas zu trinken? Nein? Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn ich mir ein Gläschen gönne.«
    Er verschwand in einem Nebenzimmer. Glas klirrte. Dann Schweigen, gefolgt von neuerlichem Klappern von Flaschen und Glas. Parrish kam mit einem kleinen Whisky wieder. Der zweite oder dritte, vermutete Lynley.
    »Warum gehen Sie eigentlich ins Dove and Whistle?«
    Die Frage traf Parrish unerwartet.
    »Bitte, nehmen Sie doch Platz, Inspector. Ich muß mich nämlich jetzt unbedingt erst mal setzen, und wenn ich mir vorstelle, daß Sie wie der rächende Jahwe persönlich vor mir stehen, wird mir ganz schwach vor Angst.«
    Eine ausgezeichnete Hinhaltetaktik, dachte Lynley. Aber das Spiel konnte man auch zu zweit spielen. Er ging zu der Stereoanlage hinüber und nahm sich viel Zeit, um Parrishs Bestände an Kassetten zu inspizieren: eine beträchtliche Sammlung von Bach, Chopin, Verdi, Vivaldi und Mozart. Doch auch die Modernen waren angemessen vertreten. Parrishs musikalische Vorlieben waren breit gefächert. Er ging zu einem der schweren alten Sessel und sah sinnend zu den schwarzen Eichenbalken an der Zimmerdecke empor.
    »Warum leben Sie in diesem gottverlassenen kleinen Dorf? Ein Mann mit Ihrem musikalischen Talent und Geschmack würde sich doch in einem großstädtischen Milieu sicher viel wohler fühlen.«
    Parrish lachte kurz auf und strich sich mit der Hand über das tadellos frisierte Haar.
    »Ich glaube, die andere Frage ist mir lieber. Darf ich wählen, welche ich beantworten will?«
    »Der Gral ist gleich um die Ecke. Aber Sie marschieren quer durchs ganze Dorf, um drüben im Dove and Whistle Ihr Bier zu trinken. Was ist dort so attraktiv?«
    »Gar nichts.« Parrish spielte mit einem Knopf an seinem Hemd. »Ich könnte natürlich behaupten, daß es Hannah ist, aber ich bezweifle, daß Sie mir das abnehmen würden. Es ist einfach so, daß mir die Atmosphäre im Dove besser gefällt. Es hat doch etwas absolut Ketzerisches, sich direkt der Kirche gegenüber vollaufen zu lassen.«
    »Gehen Sie im Gral vielleicht jemandem aus dem Weg?« erkundigte sich Lynley.
    »Aus dem Weg ...?« Parrishs Blick glitt zum Fenster. Eine voll erblühte Rose küßte mit prallen Lippen das Glas. Ihre Blütenblätter begannen schon, sich zu rollen. Man hätte sie pflücken sollen. Sie würde bald welken. »Himmel, nein. Wem sollte ich aus dem Weg gehen? Pater Hart vielleicht? Oder dem lieben verstorbenen William? Er und der Pater haben ein-, zweimal die Woche dort einen gehoben.«
    »Sie mochten Teys wohl nicht sonderlich?«
    »Nein. Für Bigotterie hatte ich noch nie viel übrig. Ich weiß nicht, wie Olivia den Mann ertragen konnte.«
    »Vielleicht wollte sie einen Vater für Bridie.«
    »Vielleicht. Die Kleine könnte wirklich eine strenge Hand brauchen. Wahrscheinlich wäre selbst der sauertöpfische alte William besser gewesen als gar nichts.« Er streckte die Beine aus, drehte die Füße hin und her, als wolle er den Glanz seiner Schuhe prüfen. »Ich würde mich ja anbieten, aber ich mach' mir nicht viel aus Kindern. Und Enten mag ich überhaupt nicht.«
    »Aber Olivia mögen Sie?«
    Parrishs Miene verriet nichts. »Ich bin mit ihrem verstorbenen Mann zur Schule gegangen. Mit Paul. Das war ein Kerl. Der sprühte vor Lebenslust.«
    »Er starb vor vier Jahren, nicht wahr?«
    Parrish nickte. »Huntingtonsche Chorea. Am Ende erkannte er nicht mal mehr seine Frau. Es war grauenhaft. Für alle. Ihn so sterben sehen zu müssen. Da hat

Weitere Kostenlose Bücher