01 - Miss Daisy und der Tote auf dem Eis
gestern Abend davon sprach?«
Ihre Ladyschaft schnaufte auf. »Dieser Schwachsinn! Als ob es irgendwie besonders tugendhaft wäre, im Morgengrauen Frühsport zu betreiben. Ja, ich wußte es vorher schon. Meine Zofe hat mir gesagt, daß man sich in der Dienerschaft gewaltig darüber lustig machte.«
»Danke sehr, Madam. Das wäre es fürs erste.« Alec erhob sich.
»Aber ich bitte Sie, Chief Inspector. Es ist schließlich unsere Pflicht, der Polizei zu helfen. Eine höchst verdienstvolle Truppe, davon bin ich überzeugt. Hugh, soll ich dableiben?«
»Nein, nein, mein Liebling, das ist nicht nötig.« Ihr Mann tätschelte ihr die Hand. »Ich habe das Gefühl, wir werden jetzt über Geschäftliches reden, und das macht dich dann nur wieder nervös.«
»Ja, Schatz. Ich geh dann mal.« Auf halber Strecke zur Tür wandte sich Lady Josephine um. »Nur noch eine Sache, Mr. Fletcher«, sagte sie ernsthaft. »Mein Bruder hat nicht gemerkt, daß Lord Stephen Annabel nachgestellt hat. Ich bin mir ganz sicher, daß er nichts davon geahnt hat. Er kann es nicht gewußt haben. Es hat nie irgendein Anzeichen dafür gegeben, daß er etwas wußte.«
»Das werde ich berücksichtigen, Madam«, versicherte ihr Alec. Verdammt, dachte er. Dieser Tage lasen die Leute wirklich zu viele Kriminalromane.
»Da haben Sie es, Chief Inspector«, sagte Sir Hugh mit einem spöttischen Lächeln. »Selbst meine Frau hat mitbekommen, daß Sie Astwicks Tod nicht für einen Unfall halten.«
Der scharfsichtige Baronet würde da wohl ein lohnenderer Gegner sein, sofern er sich als Gegner herausstellte. Allerdings war er es gewesen, der die Londoner Polizei hatte rufen lassen, erinnerte sich Alec.
»Ich fürchte, darauf kann ich nicht weiter eingehen, Sir«, sagte er. »Was können Sie mir von Astwicks geschäftlichen Angelegenheiten erzählen?«
»Stephen Astwick war ein Gauner, Mr. Fletcher. Nie hat er ein ehrliches Geschäft gemacht, wenn er mit einem unehrlichen auch nur einen Penny mehr verdienen konnte. Ich könnte Ihnen viel von wertlosen Investitionen erzählen, die Namen vieler Leute nennen, die er betrogen, ja sogar ruiniert hat. Aber das tue ich nur, wenn Sie die wirklich brauchen.«
»Im Moment nicht, danke, Sir, obwohl ich gerne wüßte, ob er auch Ihnen geschadet hat.«
»Ich war schon zu erfahren, als er auf den Plan trat. Und ehe Sie das als ausweichende Antwort bewerten - nein, er hat nie versucht, mir eine seiner Betrügereien unterzujubeln, und ich habe in keine seiner Firmen investiert.«
»Und wie steht es mit den anderen hier Anwesenden?«
»Höchstens vielleicht der junge Petrie. Der ist kürzlich um die neueste südamerikanische Silbermine herumgeschlichen, die natürlich nur auf dem Papier existiert. Aber wenn er da gekniffen worden wäre, hat er es bestimmt noch nicht gemerkt.«
»Hmmm«, machte Alec.
»Ich sollte Ihnen vielleicht sagen«, fuhr Sir Hugh fort, »daß ich Astwicks Dachgesellschaft für einen einzigen Hohn halte. Das Ganze wird zusammenfallen wie ein Kartenhaus, sobald die Nachricht von seinem Tod bekannt wird. Wahrscheinlich wäre es ohnehin nicht sehr viel länger gut gegangen.«
»Lieber Gott!« Alec holte tief Luft und dankte dem Himmel, daß er niemals Geld übrig gehabt hatte, das er in Wertpapieren oder Aktien hätte anlegen können.
»Das ist natürlich ein weiterer Grund, warum ich Ihren Commissioner gebeten habe, einen diskreten Mitarbeiter hierher zu schicken. In erster Linie war ich allerdings um die Familie meiner Frau besorgt.«
»Jedenfalls scheint Lord Astwick mehr als nur ein >mieser Charakter zu sein<, wie Lady Josephine sagte.«
»Gesellschaftlich gesehen ist er erst einmal ein mieser Charakter, würde ich sagen, und das ist alles, was meine Frau interessiert.«
»Wenn ich Sie das fragen darf, teilen Sie mit Lady Josephine das Schlafzimmer?« Als Alec sah, wie sich Sir Hugh steif aufrichtete, fügte er rasch hinzu: »Ich würde ungern den Dienern diese Frage stellen.«
»Ja, wir schlafen gemeinsam.«
»Man hat mir erzählt, daß Sie recht früh zum Frühstück hinuntergekommen sind.«
»Ich lese gerne in Ruhe die Financial Times, daher bin ich oft der erste unten im Frühstückszimmer. Heute Morgen war das wieder der Fall, wie die Diener mir bestätigten.«
»Astwick haben Sie nicht gesehen?«
»Keine Spur.«
»Dann ist das fürs erste alles, was ich von Ihnen wissen muß, glaube ich. Haben Sie vielen Dank für Ihre Geduld, Sir Hugh.«
Er erwiderte Alecs Dank mit einem
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