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01 - Miss Daisy und der Tote auf dem Eis

01 - Miss Daisy und der Tote auf dem Eis

Titel: 01 - Miss Daisy und der Tote auf dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Dunn
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dieser Abschied auch verlaufen sein mochte, Daisy freute sich für Geoffrey, daß es zu dieser versöhnlichen Geste gekommen war. Unter den vielen Erinnerungen, die ihn in Zukunft verfolgen würden, wäre wenigstens kein Abschied im Zorn von James.
    »Ich werd wohl verflixt noch eins häufiger auf Wentwater sein müssen«, sagte Wilfred leise, als sie in den Quergang einbogen. Er wirkte geistesabwesend und eher blaß, und die Erkenntnis, daß er seinem Vater gleich zwei Söhne würde ersetzen müssen, schien ihn einzuschüchtern.
    »Lord Wentwater findet übrigens, daß sie durchaus positive Eigenschaften haben«, teilte Daisy ihm mit. Sie kannte das Gefühl, mit einem Geschwister verglichen und für unzureichend befunden zu werden.
    »Welch hohes Lob«, schnaufte er, doch er wirkte erleichtert.
    Während sie die Treppe zur Halle hinuntergingen, eilte ihnen ein Diener entgegen, um Geoffrey die Lederkoffer abzunehmen. »Das Automobil steht schon vorn, Mr. Geoffrey, und Mr. Drew ist grad los, seiner Lordschaft Bescheid zu sagen.«
    Mit einem raschen Blick über die Schulter beugte er sich vor und flüsterte eilig: »Wir alle aus der Dienerschaft wollen Ihnen noch eine gute Reise wünschen, Sir.« Dann richtete er sich rasch wieder auf, hob, wie es sich für einen anständigen Diener gehörte, den Kopf und schleppte die Koffer zur Eingangstür.
    Die Wentwaters und die Mentons kamen aus dem Ostflügel in die Halle. Mit einem leidvollen Aufschrei stürzte Lady Jo sich auf ihren irregeleiteten Neffen und warf ihm zu seiner großen Verlegenheit in einer riesigen Umarmung die Arme um den Hals. Daisy trat beiseite, um sich aus diesem Familien-Abschied herauszuhalten. Sie hatte sich schon genug - sogar mehr als genug - in ihre Sorgen eingemischt.
    Lady Josephine küßte Geoffrey auf die Wange und wurde dann von ihrem Mann weggeführt. Geoffrey wandte sich Annabel zu.
    »Es tut mir leid«, murmelte er mit hängendem Kopf.
    Sie nahm seine Hand in ihre beiden und flüsterte ihm etwas ins Ohr, so daß er das Kinn hob und aufrecht und stolz seinem Vater gegenübertrat.
    »Es tut mir leid, Sir.«
    »Mein lieber Junge, wenn du nicht ...« Lord Wentwater beendete seinen Satz nicht. Er schüttelte seinem Sohn mit dem ernsten Anstand eines Gentlemans die Hand, der sich von einem Bekannten verabschiedet, den er demnächst wiederzusehen erwartet. Doch dann wandte er sich ab, und Daisy bemerkte seine tiefe Trauer, die er doch nicht ganz verbergen konnte.
    Geoffrey kam zu ihr, um ihr aufrichtig für ihre Hilfe zu danken, und lenkte sie damit ab.
    »Ich hoffe wirklich, daß jetzt alles glatt weitergeht«, sagte sie und war beruhigt, daß man ihre Einmischung wertschätzte.
    Noch war er jedoch nicht aus dem Gröbsten heraus. »Sie müssen jetzt wirklich sausen, ehe es zu spät ist«, drängte sie.
    Hinter ihm sah sie Hammond in seiner Chauffeursuniform, die Schirmmütze in der Hand, der sich mit Sir Hugh beriet. Ein plötzlicher Schreck durchfuhr sie, und sie ging eilig zu den beiden.
    »Wir sind abfahrbereit, Miss Dalrymple«, sagte der Baronet trocken. »Gibt es noch weitere Anweisungen, die wir zur Ausführung Ihres Plans befolgen müssen?«
    »Ja«, sagte sie unbeirrt. »Vermeiden Sie um Himmels willen die Straße nach Winchester.« Sie wollte das nicht vor dem Chauffeur erklären, und so war sie erleichtert, als Sir Hugh mit einem ironischen Lächeln und einem Nicken signalisierte, daß er sie verstanden hatte.
    Es wäre doch einfach zu schrecklich, wenn sie auf dem Weg nach Southampton Alec begegneten, der nach Wentwater zurückkehrte.
    Alle traten sie zum Abschied hinaus auf die Freitreppe. Sir Hugh und Geoffrey stiegen in den langen, glänzenden, mitternachtsblauen Hispano-Suiza mit dem silberfarbenen fliegenden Kranich auf der Motorhaube. Hammond setzte sich ans Steuer. Leicht und rasch surrte das Automobil die Auffahrt hinunter, über die Brücke am See, und dann fort.
    Er war weg. Daisy entschlüpfte ein tiefes Seufzen, während die Gruppe schweigend ins Haus zurückkehrte. Sie hatte Geoffrey sicher hier wegbekommen, und sein Schicksal lag nicht mehr in ihrer Hand. Dem Himmel sei Dank, daß Alec nicht zu früh zurückgekehrt war!
    Aber jetzt hatte sie viel zuviel freie Zeit, und sofort kamen ihr Gedanken, wie in aller Welt sie wohl Alec entgegentreten sollte, nachdem sie ihn seiner Beute beraubt hatte. So sehr sie ihre Tat als gerechtfertigt empfinden mochte, er würde wahrscheinlich vor Wut kochen. Der ganze Plan war von ihr

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