01 - Nicht ohne meine Tochter
aus einer Zwangsvollstreckung übereignet worden, und er machte den Vorschlag, es monatlich an uns zu vermieten. Wir unterzeichneten den Mietvertrag am Mittag des Karfreitags und fingen sofort an, unsere Sachen in das Haus hinüberzuschaffen. Über das Wochenende zeigte Moody ein bisschen Energie, als er mir dabei half, den Haushalt einzurichten. Am Sonntag gab er mir einen Abschiedskuss, bevor er sich zur fünfstündigen Fahrt nach Detroit aufmachte. Es war das erste Mal seit Monaten, dass er mich geküsst hatte, und ich fühlte einen Hauch von Begehren, der mich überraschte.
Er freute sich nicht auf die eintönige Plackerei in der Klinik, aber ich konnte sehen, dass er sich schon besser fühlte. Für sein ziemlich angeschlagenes Ego war es sehr gut gewesen, dass er so einfach eine Stelle bekommen hatte. Die Bezahlung war sehr gut, wenn auch nicht mit seinem Krankenhausgehalt in Alpena zu vergleichen, und betrug dennoch beinahe neunzigtausend Dollar im Jahr. Nach kurzer Zeit befanden wir uns in einer täglichen Routine, die der der ersten Jahre unserer Bekanntschaft auf wohltuende Weise vergleichbar war. Während der Woche gingen wir unseren verschiedenen Geschäften nach, und an den Wochenenden wechselten wir uns ab, nach Alpena und Detroit zu fahren. Moodys Gemütsverfassung regenerierte sich langsam wieder. »Wir kommen prima miteinander aus!«, sagte er mir bei einem Besuch. Er war immer überglücklich, uns zu sehen. Mahtab sprang in dem Moment, in dem sie ihn sah, in seine Arme und war froh, dass ihr Daddy wieder wie früher war.
Frühling, Sommer und Herbst flogen vorbei. Wenn Moody Detroit auch hasste, obwohl ihm in der großstädtischen Umgebung viel weniger Intoleranz zu begegnen schien, war er davon überzeugt, dass seine berufliche Zukunft in der einen oder der anderen Ausrichtung dort lag. Ich für meinen Teil fühlte mich endlich wieder frei. Während der Woche traf ich sämtliche Entscheidungen. An den Wochenenden verliebte ich mich wieder. Vielleicht war dies ein Arrangement, wie wir es brauchten, damit unsere Ehe funktionierte. Eine Zeit lang war ich zufrieden.
Im März 1984 erhielt ich einen Anruf aus Teheran. Eine Männerstimme sprach in stockendem Englisch mit einem starken Akzent und gab sich als Mohammad Ali Ghodsi aus. Er sagte, er sei einer von Moodys Neffen. Angesichts der Neigung der Familie zu Michighen konnte das alles Mögliche bedeuten. Anscheinend gab es Hunderte von Iranern, die Moody als seine Neffen betrachtete. Er erkundigte sich, wie es Mahtab und mir ging, versuchte ein nichtssagendes Gespräch anzufangen. Als er nach Moody fragte, schrieb ich seine Telefonnummer auf und sagte, ich würde Moody ausrichten, dass er ihn zurückrufen sollte.
Ich gab die Nachricht nach Detroit weiter, und Moody rief mich am Abend nochmal an. Es war Mammal gewesen, berichtete er, der vierte Sohn seiner Schwester Ameh Bozorg. Moody erklärte, dass Mammal schon immer zu dünn gewesen war, aber in den letzten paar Monaten noch mehr Gewicht verloren hatte. Die Ärzte in Teheran hatten ein Magengeschwür diagnostiziert und eine Operation durchgeführt, aber er war immer schwächer geworden. In seiner Verzweiflung war er zu einer Untersuchung in die Schweiz geflogen. Die Schweizer Ärzte teilten ihm mit, dass die iranischen Chirurgen die erste Operation verpfuscht hatten und dass sein Magen vollkommen neu wieder zusammengenäht werden musste. Er hatte jetzt seinen Onkel in Amerika angerufen, um dessen Rat zu hören, wo er die Operation ausführen lassen sollte. »Ich habe ihm nicht gesagt, was er tun soll.«, sagte Moody. »Was denkst du?« »Lass ihn herbringen.«, schlug ich vor. »Wir können ihm helfen, ein Krankenhaus zu finden, wo er sich operieren lassen kann.« Moody war glücklich mit dieser Idee. »Aber«, sagte er, »es ist ziemlich schwer, Geld mit aus dem Iran hinauszunehmen.« »Warum bezahlst du nicht für die Operation?«, fragte ich. »Ich würde auch von dir erwarten, das für meine Familie zu tun, wenn es nötig wäre.« »Okay. Großartig!«
Die Vorbereitungen wurden getroffen, und innerhalb weniger Tage saß Mammal in einem Flugzeug in die Vereinigten Staaten. Laut Flugplan sollte er an einem Freitag Anfang April ankommen. Moody wollte ihn am Flughafen abholen, und von da aus dann direkt übers Wochenende nach Alpena kommen, damit Mammal uns kennenlernen konnte. Anders als die lärmenden Revolutionäre, die in Corpus Christi in unser Leben eingedrungen waren,
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