Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
Vom Netzwerk:
ja selbst aus dem Land. Das Taxi, das mit Iranern vollgestopft war, schlängelte sich durch den Verkehr. Entweder schoss es mit Vollgas los oder kam mit quietschenden Reifen zum Stehen, wobei der Fahrer wie wild hupte und seine islamischen Brüder »sag« nannte, ein besonders harter Kraftausdruck, der wörtlich »Hund« bedeutet.
    Wir kamen pünktlich und ohne Zwischenfall in der Schule an. Aber als wir uns vier Stunden später wieder auf den Heimweg machen wollten und ich vor der Schule stand, um ein oranges Taxi zu rufen, schlich auf der rechten Fahrspur langsam ein weißer Pakon (eine bekannte iranische Automarke), in dem vier Frauen in schwarzen Tschadors saßen, an mir vorbei. Zu meiner Überraschung kurbelte die Frau auf dem vorderen Beifahrersitz die Fensterscheibe herunter und schrie mir etwas in Farsi zu. Wollte sie den Weg wissen?, fragte ich mich. Nur ein kurzes Stück vor uns fuhr der Wagen auf den Gehweg. Alle vier Frauen kletterten heraus und rannten zu uns zurück. Sie hielten ihre Tschadors unter dem Kinn fest und schrien einstimmig auf mich ein. Ich konnte mir nicht vorstellen, was ich getan hatte, das diese Frauen so aufregte, bis Mahtab mir die Antwort lieferte. »Bring deinen Rusari in Ordnung.«, sagte sie. Ich tastete nach meinem Schal und fühlte ein paar verbotene Haare hervorlugen, also zog ich mir den Rusari tiefer in die Stirn herunter. So plötzlich, wie sie gekommen waren, kletterten die vier fremden Frauen wieder in den Pakon und fuhren davon.
    Ich winkte ein oranges Taxi heran, und Mahtab und ich fuhren nach Hause. Moody war stolz auf mich, weil ich die Fahrt allein zustande gebracht hatte, und ich war still zufrieden, weil ich wusste, etwas Wichtiges erreicht zu haben. Uns beide jedoch irritierten die vier Frauen in dem weißen Pakon. Mrs. Azahr löste das Rätsel am folgenden Tag. »Ich habe gesehen, dass Sie gestern Ärger hatten.«, sagte sie. »Ich sah, wie diese Damen zu Ihnen kamen, als Sie nach der Schule versuchten, ein Taxi zu bekommen. Ich wollte Ihnen zu Hilfe eilen, aber da fuhren sie schon wieder weg.« »Wer war das denn?«, fragte ich. »Pasdar. Das war die weibliche Pasdar.« Hier gab es also endlich Gleichberechtigung. Die weibliche Geheimpolizei hatte genauso viel Autorität, um den Frauen die Kleidervorschriften aufzuzwingen, wie ihr männliches Gegenstück.
    Der 25. Dezember 1984 war der schwierigste Tag meines Lebens. Nichts Außergewöhnliches geschah, und das war der Grund meines Kummers. Ich konnte Mahtab keine Weihnachtsfreude machen, und unter diesen Bedingungen wollte ich das auch nicht tun, um ihr Heimweh nicht noch zu vergrößern. Meine Gedanken waren den ganzen Tag zu Hause in Michigan bei Joe und John und bei meinen Eltern. Moody erlaubte mir nicht, sie anzurufen und ihnen frohe Weihnachten zu wünschen. Es waren Wochen vergangen, seit ich mit Helen aus der Botschaft hatte reden können, damals, als sie mich vor den mysteriösen Frauen gewarnt hatte, die nach mir suchten. Ich hatte weder etwas über den Zustand meines Vaters noch irgendetwas von meinen Söhnen gehört. 
    Teheran nahm von diesem Tag keine offizielle Notiz, was bedeutete, dass für Mahtab ein normaler Schultag war. Moody, immer noch verschnupft, erklärte, ich sei eine schlechte Ehefrau, weil ich mit Mahtab in der Schule blieb. »Du solltest lieber zwischendurch nach Hause kommen und mir Hühnersuppe kochen.«, sagte er. »Sie bleibt nicht allein in der Schule.«, antwortete ich. »Das weißt du selbst. Nasserine macht dir die Hühnerbrühe.« Moody verdrehte die Augen. Wir wussten beide, dass Nasserine eine furchtbar schlechte Köchin war. Ich hoffe, ihre Hühnersuppe bringt ihn um, dachte ich bei mir. Oder das Fieber. Ich betete sogar: Lieber Gott, lass ihn einen Unfall haben. lass ihn von einer Bombe zerfetzt werden. lass ihn einen Herzinfarkt bekommen. Ich wusste wie garstig es war, solche Gedanken zu haben, aber sie gingen mir immer im Kopf herum.
    In der Schule taten die Lehrerinnen an diesem Tag ihr Bestes, um mich ein wenig aufzuheitern. »Frohe Weihnachten!«, sagte Mrs. Azahr und überreichte mir ein Paket. Ich öffnete es und fand eine wunderschöne illustrierte Ausgabe der Robaiyat von Omar Khayyam in einer limitierten Auflage. Der Text war in Englisch, Französisch und Farsi gedruckt. Khanom Schahien war eine so fanatische Moslemin, dass ich nicht damit rechnete, dass sie Weihnachten als etwas Besonderes ansah. Aber sie schenkte mir eine Reihe islamischer

Weitere Kostenlose Bücher