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01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
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ist los?«, fragte er. »Diese Geschichte über den sterbenden Vater . . .«, weinte ich. »Wie kannst du mich von meinem eigenen Vater fernhalten, wenn er im Sterben liegt? Du folgst ja noch nicht mal den Pflichten, die dein eigener Großvater hier aufgeführt hat.« »Ist dein Vater Moslem?«, fragte er sarkastisch. »Nein, natürlich nicht.« »Dann spielt das auch keine Rolle.«, sagte Moody. »Er zählt nicht.« Ich rannte ins Schlafzimmer, um allein zu sein und zu weinen. Die Einsamkeit überwältigte mich so, dass ich kaum atmen konnte. Dads Gesicht erschien hinter meinen geschlossenen Augenlidern, und ich hörte ihn noch einmal sagen: »Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.« Es muss einen Weg geben, sagte ich zu mir selbst. Es muss einfach einen Weg geben.
    Bei einem Besuch schlugen Aga und Khanom vor, dass Mahtab und ich am Koranunterricht, der für englischsprachige Frauen jeden Donnerstag Nachmittag in der Hossani-Eschad-Masdsched abgehalten wurde, teilnehmen sollten. Mit diesem Vorschlag bewiesen sie erneut ihren guten Willen mir gegenüber. Sicher, sie hofften, mich zu bekehren, aber dieser Wunsch kam aus einem ehrlichen Interesse an meinem Wohlergehen und Glück, denn das waren für sie die Früchte des Islams. Darüber hinaus beinhaltete ihr Vorschlag auch den Hinweis an Moody, mich öfter aus dem Haus gehen zu lassen und mir zu erlauben, mich anderen Menschen, die meine Sprache sprechen, anzuschließen. Die Hakims wären begeistert, würde ich eine gehorsame islamische Ehefrau werden, aber nur, wenn das aus freien Stücken geschähe.
    Durch ihren Vorschlag verbesserte sich meine Stimmung sofort. Ich hatte zwar keine Lust, den Koran zu studieren, aber die Vorstellung, regelmäßig eine Gruppe von Frauen zu treffen, die Englisch sprachen, war aufregend. Moody reagierte zurückhaltend, denn dies gab mir die Gelegenheit, mich seiner Kontrolle zu entziehen. Aber ich wusste, dass er nachgeben musste. Jeder »Vorschlag« von Aga Hakim an Moody hatte den Effekt eines eindeutigen Befehls. Am folgenden Donnerstag nach der Schule brachte er mich und Mahtab widerwillig im Taxi zur Masdsched. Er versuchte, seine Macht zu demonstrieren, und wollte das Klassenzimmer erst inspizieren, bevor er uns erlaubte, es zu betreten. Aber eine resolute Engländerin versperrte ihm den Weg. »Ich will nur hineingehen, um zu sehen, was da vor sich geht.«, sagte er zu ihr. »Ich möchte wissen, was da drinnen los ist.« »Nein.«, antwortete sie. »Das ist nur für Frauen. Wir lassen keine Männer herein.« Ich befürchtete, dass Moody einen Wutanfall kriegen und sich zumindest für diesen Tag Aga Hakims Wünschen widersetzen würde. Er kniff seine Augen zusammen, als er die anderen Frauen beobachtete, die zum Kurs erschienen. Alle waren pflichtgemäß verhüllt, meistens mit dem Tschador. Sie schienen alle gute Moslem-Frauen zu sein, sogar wenn sie Englisch sprachen. Keine von ihnen sah wie eine CIA-Agentin aus. Nach ein paar Momenten der Unentschlossenheit musste Moody klargeworden sein, dass Aga Hakim Recht hatte: Dies würde mir helfen, mich an das Leben in Teheran zu gewöhnen. Mit einem Schulterzucken ging er weg und überließ Mahtab und mich der Obhut der Engländerin. Sie umriss in groben Zügen die Regeln: »Es wird nicht geschwätzt. Wir sind nur hier, um den Koran zu studieren.«
    Und wir studierten. Wir lasen den Koran im Chor, nahmen an einer Frage-und-Antwort-Sitzung teil, in der der Islam gepriesen und das Christentum erniedrigt wurde, und sagten zusammen Nachmittagsgebete auf. Es war an sich keine angenehme Beschäftigung, aber meine Neugierde war geweckt, als ich mir das bisschen, was ich von den Gesichtern dieser Frauen sehen konnte, genau betrachtete. Ich wollte ihre Geschichten erfahren. Was machten sie hier? Waren sie aus freien Stücken hier? Oder waren einige von ihnen wie ich versklavt?
    Ich hatte erwartet, dass Moody nach dem Kurs draußen vor der Masdsched auf uns warten würde, aber sein Gesicht war nirgendwo in dem Meer der vorbeihastenden, finster dreinblickenden Iraner, die auf dem Bürgersteig vorwärts drängten, zu sehen. Da ich nicht wagte, an diesem ersten Tag des Unterrichts sein Misstrauen zu erregen, hielt ich ein oranges Taxi an und schaffte Mahtab eilig nach Hause. In dem Augenblick, als wir zur Tür hereinkamen, sah Moody auf die Uhr und schien zufrieden, dass wir unsere Vergünstigung nicht ausgenutzt hatten.
    »Ich bin wirklich beeindruckt von dem Kurs!«, erzählte ich ihm.

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