01 Nightfall - Schwingen der Nacht
ihrem Charme als mit Detective Collins zu tun hatte. Trotz dieses Aufwands galt der Durchsuchungsbefehl nur für den Innenhof.
Heather sah zu dem still daliegenden Plantagenhaus hinüber. Dunkle Vorhänge waren vor alle Fenster gezogen. Inzwischen mussten alle tief schlafen. Eine gute Zeit, um den Durchsuchungsbefehl zu präsentieren. Dante wollte schwierig sein – na gut. Das konnte er haben. Kies knirschte unter ihren Skechers, als sie ausstieg und die Straße überquerte, um das Grundstück durch das offene Tor zu betreten. Dort folgte sie dem Weg, aus dem anscheinend vor kurzem Baumwurzeln herausgerissen worden waren, um das Haus herum zum Vordereingang. Die Stufen knarzten unter ihrem Gewicht, als sie zur breiten Veranda hinaufstieg. Sie ergriff den schmiedeeisernen Gargoylentürklopfer und schlug damit mehrmals gegen das massive Eichenholz. Das Geräusch hallte in dem stillen Haus wider.
Erneut ergriff sie das kalte Metall und pochte drei weitere Male gegen die Tür. Der Laut hallte wieder durch das Plantagenhaus und verstummte dann.
Heather griff erneut nach dem Klopfer, als sie hörte, wie auf der anderen Seite der Tür mehrere Riegel beiseitegeschoben wurden. Dann öffnete sich knarrend die Tür. De Noir sah heraus. Kalt fixierte er Heather. Er trug noch dieselben Klamotten wie in der Nacht zuvor. Vermutlich war er noch nicht zum Schlafen gekommen. Das X mit den rauen Rändern baumelte um seinen Hals und fing das rosa Licht der aufgehenden Sonne ein.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte er, seine tiefe Stimme ruhig und gefasst.
Heather hielt den Durchsuchungsbefehl hoch. »Wecken Sie Dante.«
De Noir runzelte die Stirn. »Können Sie die Durchsuchung nicht zu einer etwas humaneren Zeit durchführen? Zum Beispiel abends?«
»Nein.«
Goldene Funken blitzten in De Noirs schmalen Augen auf. Er schlug die Tür zu. Schob die Riegel wieder vor.
Entspannt lächelnd lehnte sich Heather an den Türrahmen. Sie sah erneut auf ihre Uhr. Sie würde ihm eine Viertelstunde geben. Dann wollte sie den Gargoylentürklopfer erneut betätigen. Wenn nötig, würde sie alle in diesem verdammten Haus aus den Federn dröhnen.
Hören Sie, wir müssen das nicht auf die harte Tour machen.
Das ist die einzige, die ich kenne.
Seine Entscheidung. Heather schob den Durchsuchungsbefehl in die Tasche. Seine Worte.
Fünfzehn Minuten vergingen, und Heather donnerte den Klopfer erneut gegen die Tür. »In einer weiteren Viertelstunde haue ich nochmal zwanzigmal dagegen«, dachte sie und lehnte sich wieder an den Türrahmen. Der Himmel wurde langsam heller und verwandelte den taunassen Rasen in ein Meer aus funkelnden Juwelen.
Gerade als Heather wieder nach der Gargoyle greifen wollte, wurden die Riegel beiseitegeschoben, und die Tür öffnete sich. Dante trat aus dem Haus auf die Veranda, wobei er noch seinen Gürtel schloss. Offensichtlich war er tatsächlich aus dem Bett geholt worden.
Heather betrachtete unverhofft atemlos sein blasses Gesicht. Sie musterte seine dunklen Augen, unter denen der Kajal der Nacht zuvor verschmiert war, die hohen Wangenknochen, die volle Unterlippe … wie konnte sie sich nur so von seinem guten Aussehen blenden lassen?
»Lucien hält nicht viel von Ihnen«, sagte er und ging an ihr vorbei die Stufen hinab. Er zog die Kapuze seines schwarzen
Sweatshirts über den Kopf, das er unter der Lederjacke trug, um so sein Gesicht zu verdecken.
Heather folgte ihm auf die unebenen Steinplatten. »Das tut mir leid. Guten Morgen übrigens«, sagte sie. »Ich habe den Durchsuchungsbefehl.«
Dante hob eine Hand, die in einem Handschuh steckte; sein Zeigefinger kreiste in der Luft. Währenddessen ging er ungerührt weiter.
»Mein Wagen steht auf der anderen Straßenseite«, sagte Heather.
Dante schritt durch das schmiedeeiserne Tor.
Heather schüttelte amüsiert den Kopf. Selbst am frühen Morgen sah Dante so aus, als hätte er sich für einen Goth-Con hergerichtet: trendige Sonnenbrille, Lederhandschuhe, Lederhose und ein schwarzes, langärmeliges Netzhemd unter dem schwarzen Sweatshirt – natürlich nur halb in der Hose – sowie schwarze Motorradstiefel mit Silberschnallen. Auf dem Rücken seiner Lederjacke stand MAD EDGAR; die Buchstaben waren mit Sicherheitsnadeln befestigt und wirkten, als hätte man sie aus einem Magazin ausgeschnitten – eine Löse-geldforderung auf zwei Beinen.
Sie beeilte sich, um Dante zu überholen und vor ihm die Straße zu überqueren. Dann schloss sie ihren Subaru auf
Weitere Kostenlose Bücher