01 - So nah am Paradies
musikalischen Show auf. Himmel, die Kostüme ..." Lachend brach sie ab.
Dann erhob sie sich und brachte die Küche in Ordnung, während sie weitererzählte. „Wir haben einige Engagements eingespielt, was wohl auf Carrie zurückzuführen war. Sie konnte einen Song wirkungsvoll verkaufen. Durch das Rennen war viel los in der Stadt, und wir hatten immer ein volles Haus."
Dorian beobachtete sie, wie sie sich, amüsiert lächelnd bei der Erinnerung, in der Küche bewegte.
„Jeden Abend musste Dad Männer abwimmeln, die Carrie besuchen wollten. Und an diesem Abend kam Chuck mit Brad Billinger."
„Billinger hat sich vom Rennsport
zurückgezogen."
„Ja, nach Chucks Unglück. Sie standen sich nahe, sehr nahe. Es ist Jahre her, dass ich Brad gesehen habe, aber er schickt den Jungen immer etwas zum Geburtstag und zu Weihnachten. Kaum hatten die beiden damals im Club Platz genommen, entstand auch schon - es war mitten in einem Song - Unruhe.
Doch daran waren wir damals gewöhnt und konnten damit umgehen."
„Das kann ich mir vorstellen."
„Für diese Art von Problemen hatte Dad mich bestimmt, weil Carrie in solchen Situationen leicht die Beherrschung verlor und Ma- ddy einfach hinter der Bühne verschwand, bis sich die Atmosphäre wieder beruhigt hatte. So habe ich mir das Mikrofon genommen und einige Späße gemacht. Das
Publikum hat zwar kaum darauf geachtet, doch wir konnten weitermachen. Und dann kamen wir zu
,Some- where' aus der ,West Side Story'. Kennen Sie das Lied?"
„Ich habe es gehört." Dorian steckte sich eine Zigarette an. Acht-48
■■■■■
zehn, und sie hatte Unruhestifter zur Ruhe bringen müssen. Sie konnte nicht so weich sein, wie es den Anschein hatte.
„Ich blickte dorthin, woher der Lärm kam, und Chuck sah mich direkt an. Ein merkwürdiges Gefühl.
Wenn man auftritt, wird man von den Leuten beobachtet, aber sie blicken einen kaum direkt an.
Beim Solo machte Carrie eine Bemerkung über den Superfahrer, der mich anstarrte. Das war die erste Andeutung, die ich über Chucks Beruf hörte. Carrie hat immer den Klatsch in den Zeitungen gelesen."
„Nun steht sie selbst drin."
„Und sie genießt es." Alana suchte im Schrank und stellte schließlich den Deckel eines Einmachglases als Aschenbecher vor Dorian.
„Entschuldigung, ich habe nichts anderes."
„Chris hat mich schon über Ihre Meinung hinsichtlich des Rauchens aufgeklärt. Es war also Liebe auf den ersten Blick?"
„Es war ..." Wie sollte sie es erklären? Sie war achtzehn und in einem Ausmaß unwissend
gewesen, wie es der Mann hier in ihrer Küche sicher nicht nachvollziehen konnte. „So könnte man es nennen. Chuck blieb bis zur Pause, ist dann hinter die Bühne gekommen und hat sich vorgestellt.
Vielleicht hat es auf ihn einen gewissen Reiz ausgeübt, dass ich einfach nicht wusste, dass er jemand war, der mich hätte beeindrucken müssen.
Er war sehr höflich. Es war nach Mitternacht, und er hat mich zum Essen eingeladen."
Sie lächelte wieder. Sie war so jung gewesen und -
wie Chris - so gutgläubig. „Natürlich wollte Dad nichts davon wissen. Am nächsten Nachmittag wurden zwei Dutzend Rosen in unser Hotel geschickt. Rosa Rosen. So etwas Romantisches hatte ich noch nie erlebt. Chuck kam wieder, bis er meine Mutter um den Finger gewickelt, meinen Vater überzeugt und mich betört hatte. Als er Miami verließ, begleitete ich ihn - mit einem Ring am Finger."
Sie blickte auf ihre Hand - ohne Ring. „Das Leben ist schon merkwürdig", meinte sie versonnen. „Man weiß nie, was es an Überraschungen liefert."
„Und wie hat Ihre Familie über Ihre Heirat mit Chuck gedacht?"
Sie riss sich zusammen. Gib ihm etwas, erinnerte sie sich, aber gib ihm nicht alles. „Meine Familie hat selten über irgendetwas dieselbe Meinung. Meine Mutter hat geweint und mir dann ihr Hochzeitskleid umgearbeitet, obwohl wir nur standesamtlich geheiratet haben.
Dad hat auch geweint. Immerhin hat er mich an einen Fremden verloren, und damit war seine Show zum Teufel." Sie nahm einen Apfel und polierte ihn gedankenverloren an ihrem Ärmel. „Maddy meinte, ich sei verrückt, aber jeder solle ab und zu etwas Verrücktes machen. Und Carrie ..." Sie zögerte.
„Und Carrie?"
Jetzt musste sie wieder auf der Hut sein. „Carrie ist die Älteste von uns dreien - zweieinhalb Minuten älter als ich, aber das macht sie trotzdem zur großen Schwester. Sie selbst wollte sich oft verlieben, und sie meinte, ich würde mir das für mich
Weitere Kostenlose Bücher