01 - So nah am Paradies
die Zigarre ansteckte. „Als Chuck anfing, war er schon ein Gewinner. Man konnte das an seinem Blick sehen. Das Schöne war, dass er für seinen Sport ungeheuer viel Liebe und Respekt empfand. Und er ließ sich von seinem Ziel nicht abbringen. Selbst wenn ich ihn nicht finanziell gefördert hätte und er sich das Geld irgendwo hätte zusammenkratzen müssen, hätte er sein Ziel erreicht."
„Hätte er denn nicht das Geld der Familie benutzen können?"
„Für Rennen?" Stanholz' Lachen klang wie ein Schnaufen durch den Lautsprecher. „Chucks Geld steckte fest im Familienunternehmen. Janice hat den Jungen angebetet. Sie hätte nie Geld herausgezogen, damit ihr Junge mit
zweihundertvierzig Stundenkilometern herumrasen konnte. Was glauben Sie, wie sie mir zugesetzt hat, als ich es gemacht habe? Aber dem Jungen war schwer zu widerstehen." Das klang wie ein Seufzer, bedauernd und wehmütig. „Männer wie Chuck trifft man nicht jeden Tag. Rennsport erfordert eine gewisse Arroganz und eine gewisse Demut, gesunden Menschenverstand und Tollkühnheit, alles in einer guten Mischung. Chuck hatte sich ganz dem Rennsport verschrieben und wollte nichts anderes als sich einen Namen machen. Ich habe mich häufig gefragt, ob er nicht zu schnell zu viel erreicht hatte. Er fing an, sich selbst als unzerstörbar zu sehen. Und niemandem
verantwortlich."
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„Nicht verantwortlich?"
Stanholz zögerte und seufzte schließlich. „Was er tat und wie er es tat, war immer richtig. So dachte er von sich selbst. Er vergaß, wenn Sie verstehen, was ich meine, dass auch er nur ein Mensch war. Chuck Rockwell war auf Kollisionskurs mit sich selbst geraten. Ich habe mich von ihm zurückgezogen, weil ich glaubte, er würde dann vielleicht nachdenklich werden."
„Was meinen Sie mit Kollisionskurs mit sich selbst?"
„Chucks eigener Motor arbeitete auf Hochtouren.
Früher oder später wäre er durchgebrannt."
„Drogen?"
„Dazu kann ich nichts sagen." Das war der Tonfall eines Anwaltes, nüchtern und trocken.
„Mr. Stanholz, es hat Gerüchte gegeben, dass Rockwell Drogen genommen hat, Kokain, um genau zu sein."
„Zu dem Thema kann ich nichts sagen, da müssten Sie sich an andere wenden."
Unzufrieden stoppte Dorian die Kassette. Er hatte sich an andere gewendet, die aber nicht aufgenommen werden wollten. Es war ihm bestätigt worden, dass Chuck Rockwell eine gefährliche Drogenabhängigkeit entwickelt hatte. Das letzte Rennen war er aber nicht unter Drogen gefahren.
Das hatte eine Untersuchung des Leichnams er-wiesen.
Das war also eines der problematischen Themen, es gab noch weitere.
Die nächste Kassette war mit „Brewer"
beschriftet. Lori Brewer, früher Fotomodell, war nach eigenen Aussagen eine Frau, die tollkühne Männer liebte. Rockwells Frau war beim letzten Rennen nicht dabei, wohl aber seine Geliebte.
Dorian ließ die Kassette laufen.
„... der aufregendste, dynamischste Mann, den ich je kennengelernt habe." Loris Stimme war von kehliger Sinnlichkeit. „Chuck Rockwell war ein Star, und er kannte seinen eigenen Wert. Ich bewundere das bei einem Mann."
„Miss Brewer, Sie waren fast ein Jahr lang die ständige Begleiterin von Rockwell."
„Geliebte", verbesserte sie. „Ich schäme mich deswegen nicht.
Chuck war als Liebhaber ebenso fantastisch wie als Fahrer. Er machte nichts nur halb." Sie lachte tief.
„So wie ich."
„Hat es Sie gestört, dass er verheiratet war?"
„Nein. Ich war da, seine Frau nicht. Was ist das auch schon für eine Beziehung, wenn Menschen sich nur zwei- oder dreimal im Jahr sehen?"
„Eine legale."
Sie hatte das damals mit Fassung genommen und nur mit einem Schulterzucken geantwortet.
„Außerdem wollte Chuck sich sowieso scheiden lassen. Das Problem war nur das liebe Geld. Die Anwälte arbeiteten bereits ein Ubereinkommen aus."
Mit einem unterdrückten Fluch hielt Dorian die Kassette an. Nicht mit einem Wort hatte Alana während ihrer Gespräche eine Scheidung erwähnt.
Es gab immer noch die Möglichkeit, dass Rockwell Lori Brewer angelogen hatte. Doch falls eine Scheidung geplant gewesen war, tat Alana alles, um das zu vertuschen.
Dorian hatte das Thema bisher noch nicht angeschnitten, auch Lori Brewer hatte er noch nicht erwähnt. Er wollte auf alle Fälle verhindern, dass Alana ihm gegenüber eine feindselige Haltung entwickelte, die seine weitere Arbeit nur erschweren würde. Er würde also warten müssen und Alanas Offenheit durch
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