01 - So nah am Paradies
können. „Was für ein Abkommen?"
„Du erzählst mir die Wahrheit. Die Wahrheit", wiederholte er und legte die Hände auf ihre Schultern. „Ich schreibe das Buch objektiv. Die Schuld wird dann dort sein, wohin sie auch gehört."
Von ihm klang es so einfach, aber er hatte ja auch nichts zu verlieren. „Ich weiß nicht, ob ich das kann, Dorian. Ich muss an die Kinder denken. Manchmal tut die Wahrheit weh."
„Und manchmal reinigt sie", gab er zurück.
„Alana, auf die eine oder andere Art werde ich alles herausfinden." Das war eine Drohung, und sie wussten es beide. „Du solltest darüber nachdenken.
Wäre es nicht besser, ich würde es von dir erfahren? Ich will deinen Kindern nicht wehtun."
Sie fühlte sich in die Enge getrieben. „Nein, das glaube ich auch nicht. Aber du und ich, wir könnten unterschiedlicher Meinung darüber sein, was das Beste für sie ist."
Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und ging in der Küche auf und ab. Er hatte langsam das Gefühl, dass es überhaupt nicht mehr um das Buch ging. Er wollte die Wahrheit von ihr, über sie. Und er wollte sie für sich selbst. Vielleicht wollte er sie auch für sie.
„Okay, du gibst mir die richtige Geschichte, die wahre Geschichte, ohne all die kleinen
Ausweichmanöver. Ich schreibe sie. Und bevor ich sie zur Veröffentlichung ausliefere, gebe ich sie dir zum Lesen. Wenn es ein Problem gibt, lösen wir das. Das Manuskript wird erst dann freigegeben, wenn wir beide zufrieden sind."
Sie zögerte. „Willst du das wirklich?" Unsicher machte sie einen Schritt auf ihn zu. „Also gut."
Wieder ein Abkommen, dachte sie. Hoffentlich konnte sie das besser einhalten als das, was sie mit sich selbst geschlossen hatte.
„Er hat dich verletzt."
Dorian sagte es ruhig, und Alana antwortete ebenso ruhig. „Ja, das hat er."
Es machte ihn wütend, nein, rasend. Er konnte es sich nicht erklären, und er wusste, dass ihm das nicht helfen würde, die Wahrheit zu finden. „Setz dich doch wieder."
Sie nickte und setzte sich, ihre Hände gefaltet, und ihr Gesichtsausdruck war ruhig.
„Alana, du und Rockwell, ihr hattet ernsthafte Eheprobleme."
„Ja." Jetzt schien es so leicht, das auszusprechen. So, wie er gesagt hatte, reinigend.
„Wegen der anderen Frauen?"
„Zum Teil. Chuck brauchte mehr, als ich ihm in vielen Bereichen geben konnte. Und ich brauchte wohl mehr, als er mir geben konnte. Er war kein schlechter Mann." Die Worte kamen schnell und mit Nachdruck. „Das musst du verstehen. Er war wahrscheinlich kein guter Ehemann, aber er war kein schlechter Mann."
Dorian zog es vor, sich hierbei ein eigenes Urteil zu bilden. „Warum hast du damit aufgehört, ihn auf Reisen zu begleiten?"
„Ich war mit Ben schwanger. Ich weiß nicht, ob das eine bequeme Entschuldigung oder ein echter Grund war. Auf alle Fälle ist mir das Reisen schwergefallen. Damals lebten wir bei seiner Mutter in Chicago. Zuerst... zuerst war er oft zu uns herübergeflogen. Ich denke, er war glücklich, vielleicht auch ein wenig stolz, Vater zu werden.
Jedenfalls war er aufmerksam mir gegenüber, wenn er zu Hause war, und er hat mich ermutigt, in Chicago zu bleiben und mich zu schonen. Er hat sich bemüht, sich wirklich bemüht, mir das schwierige Verhältnis, das zwischen seiner Mutter und mir bestand, zu erleichtern."
Alana erinnerte sich an diese Wochen und Monate in dem luxuriösen Haus in Chicago, an lange untätige Vormittage und ruhige Nachmittage. Es erschien ihr wie ein Traum, aber einer mit äußerst scharfen Kanten.
„Ich war zufrieden. Ich habe das Kinderzimmer eingerichtet und habe angefangen zu stricken. Ich war nicht gut darin." Bei der Erinnerung an ihre verpfuschten Versuche musste sie über sich selbst lachen. „Ich dachte, alles sei in Ordnung. Und dann fand ich eines Tages eins von diesen
Klatschblättchen auf meinem Bett. Ich habe mich immer gefragt, ob Janice es dort gelassen hatte. Es gab ein Bild von Chuck mit einer wunderschönen Frau und einen kurzen, hässlichen Artikel."
Sie sah aus dem Fenster und beobachtete, wie der Wind die Baumkronen leicht niederdrückte. „Ich saß in diesem Haus, dick, unförmig, im achten Monat schwanger. Ich fühlte mich zerbrochen, betrogen, und war sicher, die Welt gehe unter. Am Wochenende kam Chuck nach Hause. Ich habe ihm das Blatt vor die Füße geworfen und eine Erklärung verlangt."
„Hat er dir eine gegeben?"
„Er war aufgebracht, dass ich diesem Klatsch glaubte. Er nannte es ein Schmutzblatt
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