01 - So nah am Paradies
konnte. Und es war ungebärdig. Als Alana sein Hinterbein hob, um den Huf zu säubern, zog das Pferd es zweimal ruckartig zurück. Und dann hielt Dorian den Atem an, als das Pferd heftig austrat. Alana wich aus und nahm ruhig das andere Bein. Er konnte ihr sanftes Schelten direkt hören, so wie es auch war, wenn einer der Jungen einen Wutanfall bekam.
Verdammt, wer war sie? Er presste die
Handflächen an die Scheibe, als wollte er Alana zwingen, aufzublicken und ihm zu antworten. Wenn sie sich nicht verstellte, warum die Lügen? Wenn sie wirklich so ehrlich und anständig war, wie sie sich gab, wie konnte sie da überhaupt lügen?
Sie log, und sie würde weiterhin lügen, bis es ihm gelang, sie zu stellen. Heute, versprach er sich selbst, während er sie beobachtete, wie sie das weiche, schwarze Fell des Hengstes striegelte.
Heute, Alana.
Es war nach elf Uhr, als Alana ins Haus zurückkehrte. Dorian hatte mittlerweile den familiären Hintergrund von Rockwell und seine ersten Jahre als Profirennfahrer ausgearbeitet.
Alana hörte ihn die Treppe herunterkommen, sah aber von den Vorbereitungen zum Frühstück nicht hoch. „Guten Morgen. Kaffee ist fertig."
„Danke."
Als er zum Herd ging, warf sie ihm einen Blick zu.
Er hatte sich nicht rasiert. Das vermittelte ihr immer einen merkwürdigen Druck im Magen - vielleicht wegen der Vorstellung, dieses raue Gesicht an ihrem zu spüren.
„Mr. Petrie ist wieder da. Ein oder zwei freie Tage hätte er wohl noch brauchen können. Aber er hat die Pferde vermisst."
„Bist du draußen fertig?"
„Ja."
„Gut." Er ging mit seinem Kaffee zur Frühstücksbar, zündete sich eine Zigarette an und ließ den Kassettenrekorder laufen. „Wann habt ihr, du und Rockwell, den Entschluss zur Scheidung gefasst?"
Klatschend flog ein Ei auf den Boden, fast teilnahmslos begann Alana, es aufzuwischen.
„Soll ich die Frage wiederholen?"
„Nein." Ihre Stimme klang gedämpft, gewann aber dann an Festigkeit. „Nein, aber es würde mich interessieren, woher du diese Idee hast."
„Lori Brewer."
„Ich verstehe." Alana wusch sich die Hände.
„Sie hat mit deinem Mann ein Verhältnis gehabt."
„Das ist mir bekannt." Ubertrieben sorgfältig trocknete sie sich die Hände.
„Sie war nicht die Erste."
„Das ist mir auch bekannt." Sie ging zum Herd und goss sich einen Kaffee ein.
„Hast du Eis in deinen Adern, Lady?" Als sie ihn nur ruhig ansah, stachelte es ihn nur noch mehr an.
„Dein Mann hat mit so ziemlich jeder Frau geschlafen, die unter seine Decke kriechen konnte.
Er war Weltmeister darin, dich zu betrügen. Lori Brewer war nur die Letzte von vielen."
Wollte er sie verletzen? Glaubte er, er könnte sie treffen? Das war schon lange vorbei. Sie fühlte nichts als eine vage Neugier über den Arger, den sie in Dorians Blick erkannte. „Wenn wir beide es wissen, warum sollen wir dann darüber sprechen?"
„Wollte er dich wegen ihr abschieben?"
Sie nahm einen Schluck Kaffee. Es beruhigte ihre Nerven. „Chuck hat mich nie um die Scheidung gebeten." Sie trank erneut und spürte wohltuend die Wirkung des heißen Kaffees.
„Obwohl es sehr wohl möglich ist, dass er Lori Brewer erzählte, er habe es getan."
Das war die Wahrheit. Sein Instinkt sagte ihm, dass sie dieses Mal die reine Wahrheit sprach. Doch das machte das Ganze nur noch schwieriger. „Sie ist keine dumme Frau. Sie hat angenommen, dass sie und Rockwell heiraten würden, bevor das Jahr um sei."
„Ich kann doch zu ihren Gedanken nun wirklich nicht Stellung nehmen."
„Wozu kannst du dann Stellung nehmen?" Sein Ärger wuchs, er ließ sich von ihm mitreißen.
Vielleicht konnte Wut endlich ihre Mauern einreißen helfen. „Sag mir eins: Was für ein Gefühl war es, zu wissen, dass dein Mann dir nicht treu war?"
Sie hatte gewusst, dass die Frage kommen würde.
Sie hatte sich darauf vorbereitet. Aber jetzt fiel ihr die Antwort irgendwie nicht leicht. „Chuck und ich ...
wir haben uns gegenseitig verstanden." Wie platt das klang, wie dumm und unecht. „Ich ... nun, ich wusste, dass er unter enormem Druck stand. Monat für Monat auf den Rennstrecken sein ..."
„... ist ein Freibrief, den Druck, auf welche Art auch immer, abzulassen?"
Alana war nicht so ruhig, wie sie eigentlich sein wollte, aber sie hatte sich immer noch unter Kontrolle. „Ich spreche nicht von einem Freibrief oder gar von einer Entschuldigung, Dorian. Aber es ist ein Grund."
„Von dir getrennt zu sein und der Zwang, auf der
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