01 - Suche bissigen Vampir furs Leben
Melissas Worte endeten mit einem erstickten Gurgeln, als ein glasiger Blick in ihre Augen trat. Sie starrte zu dem hochgewachsenen Fremden empor, der über ihr aufragte. Er trug das klassische Vampir-Outfit: schwarze Hose, schwarzes Seidenhemd und Gucci-Slipper. Er hatte dunkles, welliges Haar, das bis auf den Hemdkragen reichte, und blickte aus rauchgrauen Augen. Alles in allem sah er nicht schlecht aus.
Das heißt, ich hätte ihn sogar als gut aussehend bezeichnet, wenn ich nicht die Gewaltbereitschaft gespürt hätte, die dicht unter der Oberfläche lauerte.
Er wollte nicht nur ihr Blut.
Er wollte von ihr trinken und dann zusehen, wie sie starb.
Angst raste mein Rückgrat rauf und runter, während ich zusah, wie Melissa förmlich vor ihm dahinschmolz. Er fing sie ohne jede Mühe auf und warf sie sich wie einen Wäschesack über die Schulter. Dann bewegte er sich in einem derartigen Tempo auf einen schwarzen Rolls-Royce zu, dass nur ein verschwommenes Bild von ihm zu sehen war. Der Wagen war mit allem Drum und Dran ausgestattet: Ledersitzen, teuren Felgen und DVD-Player.
(Was soll ich sagen? Mir fallen solche Dinge nun mal auf.) Er ließ sie auf den Rücksitz des Autos fallen, dessen Motor lief, bevor er sich Chili-Hotdog widmete.
Auf einmal ergab alles einen Sinn. Jerry Dormfeld - wenn das überhaupt sein richtiger Name war; ich zumindest würde darauf nicht wetten - war der Sklave dieses Typen. Sein Diener. Sein Schoßhündchen.
Das war der Grund, weshalb ich in seinen Gedanken nichts hatte lesen können. Weil er gar keine eigenen Gedanken hatte. Er existierte nur aus einem einzigen Grund: zu tun, was sein Herr ihm befahl. Er dachte nur an eines, und zwar an das, was ihm sein Herr in seinen Geist eingepflanzt hatte. In diesem Fall: ein riesengroßer Hotdog mit extra Chili und zwei Portionen Zwiebeln.
Der Sklave tat alles, was sein Herr von ihm forderte. Er antwortete auf Annoncen und suchte Partnervermittlungen auf, immer auf der Suche nach Frauen, auf die das geforderte Profil passte. Und dann trat Supervamp in Aktion und entführte sie.
Und saugte sie aus.
Danach beobachtete Supervamp genüsslich, wie sich seine Opfer in Vampire verwandelten (ein schmerzhafter, qualvoller Prozess, nach allem, was ich so gehört habe), und setzte sie dem Tageslicht aus. Die Sonne verbrannte sie und verwandelte sie zu Staub.
Damit waren alle Beweise zerstört.
Das kann nicht sein, flüsterte eine Stimme in mir. Du hättest eindeutig nicht so viel CSI gucken sollen.
Aber alles passte zusammen. Gebürtiger Vampir. Vermisste Frauen. Keine Leichen.
Und Melissa stand kurz davor, die Nächste zu werden.
Ich zog mein Handy raus und tippte Tys Nummer ein.
„Hey“, hörte ich seine tiefe Stimme am anderen Ende der Leitung brummen.
„Ich bin im Augenblick nicht zu erreichen, also hinterlassen Sie mir eine Nachricht.“ Piiiep.
„Ich bin's“, flüsterte ich. „Hilfe!“ Ich berichtete ihm so schnell und so leise, wie ich nur konnte, was gerade vor sich ging, und dann rief ich Evie an.
„Mit Melissas Date stimmt was nicht“, flüsterte ich hektisch.
„Ist er ein Loser?“
„Genau genommen ist er ein Mörder.“ Der Mörder. „Sie müssen auf der Stelle diese Nummer anrufen, und zwar so lange, bis Ty Bonner sich meldet.“
„Dieser heiße Kopfgeldjäger?“
„Ja. Geben Sie ihm dieses Autokennzeichen und sagen Sie ihm, ich wüsste nicht, wohin sie jetzt fahren, aber ich melde mich, sobald ich die Adresse habe.“
„Und wenn nicht?“
„Dann rufen Sie die Polizei an.“
„Sollte ich das nicht auf jeden Fall tun?“
Damit sie samt und sonders abgeschlachtet wurden, falls es ihnen tatsächlich gelingen sollte, Supervampir zu finden? Damit würde ich mein Gewissen ganz bestimmt nicht belasten.
Auf der anderen Seite ... Wenn ich nicht anrief, um die Adresse durchzusagen, würde das bedeuten, dass ich ebenfalls abgeschlachtet worden war. Und das wiederum hieß: Die Aussichten, dass ich in Zukunft schuldbeladen irgendwo in der Ecke rumsitzen würde, waren eher gering.
Ich schüttelte diesen Gedanken ab. „Im Augenblick gibt es nichts Konkretes, was man denen sagen könnte. Rufen Sie einfach nur Ty an. Ich muss jetzt Schluss machen.“
Ich duckte mich hinter eine Mülltonne, als Supervamp sich umdrehte und genau in meine Richtung sah. Er hatte mich gehört. Ich wusste es, noch bevor ich spürte, wie sich seine Präsenz auf mich zubewegte.
Die Härchen in meinem Nacken stellten sich auf, ich kniff die
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